Der Entwurf des neuen WpFG ist da!

Ende Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des neuen Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WpFG) veröffentlicht. Mit dem WpFG werden die Regelungen der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) in nationales Recht umgesetzt. Flankiert wird das WpFG von den Detailregelungen der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR), die also europäische Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Anwendung findet.

In einem zweiteiligen Beitrag beleuchten wir, welche wesentlichen Aspekte der Entwurf des WpFG beinhaltet. Erfahrungsgemäß werden sich im Gesetzgebungsverfahren keine großen Änderungen mehr ergeben, sodass sich bereits jetzt ein genauerer Blick auf das neue Regelwerk lohnt.

Dieser Teil 1 beschäftigt sich zum Auftakt mit der Frage, wie das bestehende Aufsichtsregime durch das WpFG systematisch geändert wird und welche Kapitalanforderungen zukünftig für Wertpapierfirmen gelten. In Teil 2 werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin näher betrachten.

Altes und neues Aufsichtsregime für Wertpapierfirmen

Die bisherige Aufsicht über Wertpapierfirmen basiert im Wesentlichen auf Aufsichtsstandards, die für Banken entwickelt wurden. Das gilt insbesondere für die Eigenkapitalanforderungen. Wertpapierfirmen unterliegen bis dato den Eigenkapitalanforderungen der EU-Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) und der EU-Kapitaladäquanzverordnung (CRR), die vor allem darauf ausgerichtet sind, die Kreditvergabekapazität von Banken aufrechtzuerhalten. Zwar sind Wertpapierfirmen Finanzdienstleistungsunternehmen. Anders als Banken nehmen sie aber keine Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegen. Daraus ergeben sich ganz andere Risiken, sowohl für den Markt als auch für die Kunden und die Wertpapierfirma selbst. Diesem Umstand tragen die neuen europäischen Regelungen der IFD und der IFR Rechnung und passen das bestehende Aufsichtsregime auf die Besonderheiten der Wertpapierfirmen an. 

In Deutschland finden sich die Regelungen zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen bislang im Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Das KWG regelt vor allem die Zulassung und die interne Geschäftsorganisation von Wertpapierfirmen. Ursprünglich diente das KWG vor allem der Umsetzung der Regelungen der CRD IV. Das WpHG enthält, in Umsetzung der MiFID II, vor allem Wohlverhaltensregelungen für Wertpapierfirmen.

Die Regelungen zur Zulassung und der internen Geschäftsorganisation werden im Zuge des neuen WpFG nun aus dem KWG herausgenommen, in das Regelwerk des WpFG überführt und angepasst werden. Zukünftig „teilen“ sich Kreditinstitute und Wertpapierfirmen hinsichtlich ihrer Zulassung und ihrer internen Geschäftsorganisation das KWG also nicht mehr. Die MiFID II-Wohlverhaltensregelungen findet auch zukünftig über das WpHG Anwendung.

Wesentliche Inhalte des WpFG in Umsetzung der IFD

Wesentliche Regelungen, die das WpFG in Umsetzung der Regelungen der IFD enthält, sind die Klassifizierung der Wertpapierfirmen nach ihrer Größe und Verflechtung sowie die Kapitalanforderungen.

Klassifizierung von Wertpapierfirmen

Das WpFG kennt drei Klassen von Wertpapierfirmen:

  • Kleine Wertpapierfirma
    Das sind kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen, die insbesondere eine Bilanzsumme von weniger als 100 Mio. Euro haben. Zusätzlich erfüllen sie weitere Voraussetzungen der IFR, die sich z.B. auf das Volumen der assets under management oder gehaltene Kundengelder beziehen.
  • Mittlere Wertpapierfirma
    Mittlere Wertpapierfirmen sind solche, die zwar nicht die Voraussetzungen erfüllen, um als Kleine Wertpapierfirma eingestuft zu werden, die aber eine Bilanzsumme von weniger als 15 Mrd. Euro aufweisen.
  • Große Wertpapierfirma
    Große Wertpapierfirmen haben allein oder in der Gruppe eine Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro oder mehr.

Die Regelungen des neuen WpFG richten sich vor allem an kleine und mittlere Wertpapierfirmen, wobei kleine Wertpapierformen grundsätzliche weniger aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen müssen, als mittlere Wertpapierfirmen. Große Wertpapierfirmen werden vom WpFG grundsätzlich nicht adressiert; aufgrund der mit ihrer Größe verbundenen Risiken werden sie vom europäischen Gesetzgeber wie Banken behandelt und unterfallen daher nicht dem WpFG, sondern weiterhin der Regulierung des KWG (CRD IV/CRR).

Anfangskapital und Eigenmittelanforderungen

Das WpFG regelt zunächst die Anforderungen an das Anfangskapital. Dieses muss eine Wertpapierfirma dauerhaft vorhalten, um eine Erlaubnis erhalten bzw. behalten zu können. Die Höhe des Anfangskapital richtet sich nach der von der Wertpapierfirma ausgeübten Tätigkeit.

So ist z.B. ein Anfangskapital von

  • 750.000 Euro für solche Wertpapierfirmen erforderlich, die Eigenhandel erbringen,
  • 75.000 Euro für solche Wertpapierfirmen, die z.B. Anlageberatung, Anlagevermittlung und Abschlussvermittlung erbringen, ohne dabei Eigentum oder Besitz von Kundengeldern zu erlangen und
  • 150.000 Euro für sonstige Wertpapierfirmen

erforderlich. Die Zusammensetzung des Anfangskapital aus hartem Kernkapital, zusätzlichem Kernkapital und Ergänzungskapital ist im Detail in der IFR geregelt.

Gegenüber den Anfangskapitalvorschriften des KWG wurden die Beträge im WpFG zwar erhöht. Nach den bisherigen Regelungen muss eine Wertpapierfirma, die etwa Anlageberatung und Anlagevermittlung erbringt, ohne dabei Eigentum oder Besitz an Kundengeldern zu erlangen, 50.000 Euro Anfangskapital vorhalten.

Entlastung für die Wertpapierfirmen ist allerdings im Rahmen der (sonstigen) Eigenmittelanforderungen zu finden. Die Zusammensetzung und die Höhe der Eigenmittel sind im Einzelnen in der IFR geregelt. Neu ist vor allem die Berechnungsmethode für die Höhe der vorzuhaltenden Eigenmittel. Während die CRR den Banken eine Eigenkapitalquote gemessen an der Bilanzsumme vorschreibt, orientiert sich die Berechnungsmethode der IFR stärker an den Tätigkeiten der Wertpapierfirma. Insgesamt wird so bei den Gesamtkapitalanforderungen eine Entlastung erreicht. Diese neue Berechnungsmethode ist ein Kernelement der neuen IFD/IFR Regulierung.

Ausblick auf Teil 2

In Teil 2 der Beitragsreiche werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin im Rahmen der laufenden Aufsicht über Wertpapierfirmen vorstellen. Stay tuned!

Keinen Artikel mehr verpassen.

Wir informieren Sie gerne per E-Mail, sobald wir einen neuen Artikel veröffentlichen.

Mit „*“ gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder. Wenn Sie auf die Schaltfläche „Informiert bleiben!“ klicken, willigen Sie ein, dass wir an die von Ihnen angegebene E-Mail-Adresse Neuigkeiten über die Notizen zum Aufsichtsrecht zusenden und hierzu Ihre E-Mail-Adresse und ggf. Ihren Namen verarbeiten. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an communications@taylorwessing.com widerrufen. Hier finden Sie weitere Informationen zum Datenschutz.