Ein Update zur Auslagerung – Teil 1: Wirecard-Gesetz, MaRisk und WpFG

Das Jahr 2020 war und ist reich an Ereignissen; eines davon ist sicherlich auch der Fall Wirecard. Dieser hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, einige Verbesserungen im Finanzaufsichtsrecht vorzunehmen und die Integrität des Finanzmarktes weiter zu stärken. Dazu wurde Ende Oktober der Entwurf das Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG), auch bekannt als Wirecard-Gesetz, veröffentlicht. Zukünftig soll die Bilanzkontrolle und die Abschlussprüfung weiter reguliert werden, um die Richtigkeit der Rechnungslegungsunterlagen von am Kapitalmarkt tätigen Unternehmen sicherzustellen. Daneben sollen die Aufsichtsstrukturen und die Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gestärkt werden. Verbesserungsbedarf wird u.a. bei den BaFin-Befugnissen im Bereich der Prüfung von Auslagerungen gesehen. Zukünftig soll die BaFin bspw. Einwirkungsmöglichkeiten auf die externen Dienstleister haben.

Die geplanten Änderungen des FISG gehen zum Teil auf den derzeitigen Auslagerungsstandard der EBA Guidelines zurück, teilweise aber darüber hinaus. Vor dem Hintergrund der neuen Regulierung kleiner und mittlerer Wertpapierfirmen nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (WpFG) stellt sich zudem die Frage, ob die derzeitigen Regelungen zur Auslagerung eigentlich auf diese Wertpapierfirmen weiter Anwendung finden werden. Dies wird Teil 1 näher beleuchten. In Teil 2 werden wir dann die geplanten Änderungen des FISG zur Auslagerungen vorstellen.

Der aktuelle Auslagerungsstandard der MaRisk

Die Anforderungen der EBA Outsourcing Guidelines sind in der aktuellen MaRisk Novelle umgesetzt. Da das bisherige deutsche Auslagerungsrecht (anders als in anderen europäischen Mitgliedstaaten) bereits in weiten Teilen den Vorgaben der EBA Outsourcing Guidelines entspricht, werden vorwiegend Änderungen oder Ergänzungen auf Detailsebene vorgenommen. Neu sind z.B. die Regelungen zum Auslagerungsregister, die Benennung eines zentralen Auslagerungsbeauftragten und konkrete Vorgaben zur vertraglichen Regelung von Zugangs- und Kündigungsrechten. Über die MaRisk Novelle und die Umsetzung der EBA Outsourcing Guidelines haben wir bereits ausführlich gebloggt.

Anwendbarkeit des MaRisk Vorgaben zur Auslagerun auf WpFG-Wertpapierfirmen

Ab Mitte 2021 wird mit dem WpFG, in Umsetzung der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD), für kleine und mittlere Wertpapierfirmen ein neues, eigenes Aufsichtsregime gelten. Über dessen Inhalt haben wir bereits hier und hier ausführlich berichtet. Große Wertpapierfirmen sind grundsätzlich nicht erfasst, für sie werden weiterhin die Regelungen des KWG gelten, da sie aufgrund ihrer Größe und Risiken wie Banken behandelt werden. Auch die Auslagerungsregelungen des KWG und ihre Konkretisierung durch die MaRisk werden auf diese Wertpapierfirmen also Anwendung finden.

Gilt das auch für kleine und mittlere Wertpapierfirmen? Das neue WpFG stellt ein eigenes Regelungsregime vor allem im Hinblick auf die Zulassung und die Eigenkapitalanforderungen kleiner und mittlerer Wertpapierfirmen auf. Insoweit werden die Regelungen der zweiten EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) bzw. des Kreditwesengesetzes (KWG) ersetzt. Nicht ersetzt werden hingegen die Organisations- und Wohlverhaltensregelungen der MiFID II, wozu u.a. auch die Auslagerungsregelungen gehören (Art. 16 MiFID II). Diese gelten also weiterhin für alle Wertpapierfirmen.

Umgesetzt sind sie im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die WpHG-Regelungen zur Auslagerung (§ 80 Abs. 6) werden wiederum von den Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten (MaComp) konkretisiert. Inhaltlich wird insoweit allerdings sowohl vom WpHG als auch von den MaComp auf die KWG-Regelungen zur Auslagerung verwiesen (§ 25b KWG bzw. die Konkretisierung durch die MaRisk). Über diesen Verweis des WpHG/MaComp auf das KWG/MaRisk gilt also auch für kleine und mittlere Wertpapierfirmen unverändert der gleiche aufsichtliche Standard bei Auslagerungen. Zusätzlich verweisen die MaComp auf die Auslagerungsregelungen der Delegierten Verordnung zur MiFID II, die die Anforderungen an wesentliche Auslagerungen konkretisiert (Art. 30 bis 32). Auf diese Regelungen verweist auch das WpFG (§ 40 WpFG), ohne damit aber ein eigenes Auslagerungsregime neben dem WpHG aufzustellen.

Auch kleine und mittlere Wertpapierfirmen, die zukünftig insbesondere hinsichtlich ihrer Zulassung und der Eigenkapitalanforderungen nicht mehr vom Kreditwesengesetz (KWG), sondern vom WpFG reguliert werden, müssen also weiterhin die Anforderungen des WpHG umsetzen; hinsichtlich der Auslagerung bedeutet das aufgrund des Verweises auf das KWG/die MaRisk die Erfüllung des entsprechenden bankaufsichtsrechtlichen Standards.

Ausblick auf Teil 2

Im zweiten Teil unseres Updates zur Auslagerung werden wir die neuen Regelungen des FISG näher betrachten.

Bis dahin wünschen wir unseren Leserinnen und Lesern einen schönen zweiten Advent!

Der Entwurf des neuen WpFG ist da!

Ende Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des neuen Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WpFG) veröffentlicht. Mit dem WpFG werden die Regelungen der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) in nationales Recht umgesetzt. Flankiert wird das WpFG von den Detailregelungen der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR), die also europäische Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Anwendung findet.

In einem zweiteiligen Beitrag beleuchten wir, welche wesentlichen Aspekte der Entwurf des WpFG beinhaltet. Erfahrungsgemäß werden sich im Gesetzgebungsverfahren keine großen Änderungen mehr ergeben, sodass sich bereits jetzt ein genauerer Blick auf das neue Regelwerk lohnt.

Dieser Teil 1 beschäftigt sich zum Auftakt mit der Frage, wie das bestehende Aufsichtsregime durch das WpFG systematisch geändert wird und welche Kapitalanforderungen zukünftig für Wertpapierfirmen gelten. In Teil 2 werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin näher betrachten.

Altes und neues Aufsichtsregime für Wertpapierfirmen

Die bisherige Aufsicht über Wertpapierfirmen basiert im Wesentlichen auf Aufsichtsstandards, die für Banken entwickelt wurden. Das gilt insbesondere für die Eigenkapitalanforderungen. Wertpapierfirmen unterliegen bis dato den Eigenkapitalanforderungen der EU-Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) und der EU-Kapitaladäquanzverordnung (CRR), die vor allem darauf ausgerichtet sind, die Kreditvergabekapazität von Banken aufrechtzuerhalten. Zwar sind Wertpapierfirmen Finanzdienstleistungsunternehmen. Anders als Banken nehmen sie aber keine Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegen. Daraus ergeben sich ganz andere Risiken, sowohl für den Markt als auch für die Kunden und die Wertpapierfirma selbst. Diesem Umstand tragen die neuen europäischen Regelungen der IFD und der IFR Rechnung und passen das bestehende Aufsichtsregime auf die Besonderheiten der Wertpapierfirmen an. 

In Deutschland finden sich die Regelungen zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen bislang im Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Das KWG regelt vor allem die Zulassung und die interne Geschäftsorganisation von Wertpapierfirmen. Ursprünglich diente das KWG vor allem der Umsetzung der Regelungen der CRD IV. Das WpHG enthält, in Umsetzung der MiFID II, vor allem Wohlverhaltensregelungen für Wertpapierfirmen.

Die Regelungen zur Zulassung und der internen Geschäftsorganisation werden im Zuge des neuen WpFG nun aus dem KWG herausgenommen, in das Regelwerk des WpFG überführt und angepasst werden. Zukünftig „teilen“ sich Kreditinstitute und Wertpapierfirmen hinsichtlich ihrer Zulassung und ihrer internen Geschäftsorganisation das KWG also nicht mehr. Die MiFID II-Wohlverhaltensregelungen findet auch zukünftig über das WpHG Anwendung.

Wesentliche Inhalte des WpFG in Umsetzung der IFD

Wesentliche Regelungen, die das WpFG in Umsetzung der Regelungen der IFD enthält, sind die Klassifizierung der Wertpapierfirmen nach ihrer Größe und Verflechtung sowie die Kapitalanforderungen.

Klassifizierung von Wertpapierfirmen

Das WpFG kennt drei Klassen von Wertpapierfirmen:

  • Kleine Wertpapierfirma
    Das sind kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen, die insbesondere eine Bilanzsumme von weniger als 100 Mio. Euro haben. Zusätzlich erfüllen sie weitere Voraussetzungen der IFR, die sich z.B. auf das Volumen der assets under management oder gehaltene Kundengelder beziehen.
  • Mittlere Wertpapierfirma
    Mittlere Wertpapierfirmen sind solche, die zwar nicht die Voraussetzungen erfüllen, um als Kleine Wertpapierfirma eingestuft zu werden, die aber eine Bilanzsumme von weniger als 15 Mrd. Euro aufweisen.
  • Große Wertpapierfirma
    Große Wertpapierfirmen haben allein oder in der Gruppe eine Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro oder mehr.

Die Regelungen des neuen WpFG richten sich vor allem an kleine und mittlere Wertpapierfirmen, wobei kleine Wertpapierformen grundsätzliche weniger aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen müssen, als mittlere Wertpapierfirmen. Große Wertpapierfirmen werden vom WpFG grundsätzlich nicht adressiert; aufgrund der mit ihrer Größe verbundenen Risiken werden sie vom europäischen Gesetzgeber wie Banken behandelt und unterfallen daher nicht dem WpFG, sondern weiterhin der Regulierung des KWG (CRD IV/CRR).

Anfangskapital und Eigenmittelanforderungen

Das WpFG regelt zunächst die Anforderungen an das Anfangskapital. Dieses muss eine Wertpapierfirma dauerhaft vorhalten, um eine Erlaubnis erhalten bzw. behalten zu können. Die Höhe des Anfangskapital richtet sich nach der von der Wertpapierfirma ausgeübten Tätigkeit.

So ist z.B. ein Anfangskapital von

  • 750.000 Euro für solche Wertpapierfirmen erforderlich, die Eigenhandel erbringen,
  • 75.000 Euro für solche Wertpapierfirmen, die z.B. Anlageberatung, Anlagevermittlung und Abschlussvermittlung erbringen, ohne dabei Eigentum oder Besitz von Kundengeldern zu erlangen und
  • 150.000 Euro für sonstige Wertpapierfirmen

erforderlich. Die Zusammensetzung des Anfangskapital aus hartem Kernkapital, zusätzlichem Kernkapital und Ergänzungskapital ist im Detail in der IFR geregelt.

Gegenüber den Anfangskapitalvorschriften des KWG wurden die Beträge im WpFG zwar erhöht. Nach den bisherigen Regelungen muss eine Wertpapierfirma, die etwa Anlageberatung und Anlagevermittlung erbringt, ohne dabei Eigentum oder Besitz an Kundengeldern zu erlangen, 50.000 Euro Anfangskapital vorhalten.

Entlastung für die Wertpapierfirmen ist allerdings im Rahmen der (sonstigen) Eigenmittelanforderungen zu finden. Die Zusammensetzung und die Höhe der Eigenmittel sind im Einzelnen in der IFR geregelt. Neu ist vor allem die Berechnungsmethode für die Höhe der vorzuhaltenden Eigenmittel. Während die CRR den Banken eine Eigenkapitalquote gemessen an der Bilanzsumme vorschreibt, orientiert sich die Berechnungsmethode der IFR stärker an den Tätigkeiten der Wertpapierfirma. Insgesamt wird so bei den Gesamtkapitalanforderungen eine Entlastung erreicht. Diese neue Berechnungsmethode ist ein Kernelement der neuen IFD/IFR Regulierung.

Ausblick auf Teil 2

In Teil 2 der Beitragsreiche werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin im Rahmen der laufenden Aufsicht über Wertpapierfirmen vorstellen. Stay tuned!

Finanzanlagenvermittler: Übertragung der Aufsicht auf die BaFin – Was ist neu, was bleibt beim Alten?

Das Jahr 2019 hat sich mit einigen neuen geplanten aufsichtsrechtlichen Änderungen für Finanzanlagenvermittler verabschiedet: Zum einen soll die Aufsicht zukünftig anstatt durch die Gewerbeämter oder den Industrie- und Handelskammern der Länder von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wahrgenommen werden. Zum anderen wird das an die MiFID II angepasste neue Regelungsregime ins Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) aufgenommen. Die Erlaubnis nach der GewO gilt grundsätzlich weiter, es müssen aber innerhalb einer Frist von 6 Monaten weitere Unterlagen vorgelegt werden. Hier nun ein Überblick:

Aufsicht der BaFin: Gesetzentwurf veröffentlicht – Vorbereitungen bereits im Gange

Die Ankündigung, dass die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die BaFin übertragen werden soll, gibt es schon länger. Doch nun wird die Sache konkret. Das Bundesfinanzministerium hat Ende Dezember 2019 den entsprechenden Gesetzentwurf veröffentlicht. Hintergrund der Übertragung der Aufsicht auf die BaFin ist vor allem, die bisherige zersplitterte Aufsichtsstruktur der Länder durch Industrie- und Handelskammern und Gewerbeämter zu beenden und die zunehmende Komplexität des Aufsichtsrecht zu berücksichtigen. Durch die Bündelung der Aufsicht bei der BaFin soll die Qualität und Effektivität der Aufsicht gesteigert werden und eine Angleichung an die Aufsicht über Wertpapierfirmen und damit letztlich an die rechtlichen Vorgaben der zweiten Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) erreicht werden. Das heißt im Klartext, dass Finanzanlagenvermittler künftig richtig beaufsichtigt werden – wie andere Finanzdienstleister auch.

Und auch wenn derzeit nur ein Gesetzesentwurf vorliegt, ist die BaFin-Aufsicht sicher. Nach dem politischen Gerangel im letzten Jahr ist die Entscheidung gefallen. In der Veröffentlichung der BaFin zu den Aufsichtsschwerpunkten 2020 informiert diese darüber, dass bereits in diesem Jahr im Bereich der Wertpapieraufsicht die personellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine reibungslose Übernahme der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler durch die BaFin geschaffen werden.

Neuer Standort: WpHG

Bisher fanden sich die rechtlichen Regelungen der Finanzanlagenvermittler in der Gewerbeordnung (GewO) und der Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV). Im September 2019 wurde ein überarbeiteter Entwurf einer neuen FinVermV veröffentlicht, der bereits Anpassungen an das MiFID II-Regime beinhaltete. Darüber haben wir bereits hier berichtet.

Das gesamte Regelungsregime wird nun durch den Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums in das WpHG, das die europäischen MiFID II Regelungen für den deutschen Finanzmarkt umsetzt, übertragen. Die FinVermV wird aufgehoben werden. Inhaltlich bleiben die Anforderungen an die Finanzanlagenvermittler aber im Wesentlichen identisch mit dem Entwurf aus September 2019 und das Pflichtenregime der MiFID II wird in abgeschwächter Form Anwendung finden. Stichworte sind hier: Interessenskonflikte, Geeignetheitserklärung und Telefon-Taping. Einzelheiten dazu erfahren Sie in unserem früheren Blogbeitrag.

Finanzanlagenvermittler brauchen keine neue Erlaubnis – Handlungsbedarf besteht aber dennoch!

Üblicherweise bedeutet die Aufnahme einer neuen Dienstleistung ins WpHG auch ein neues Erlaubnisverfahren. Der Gesetzentwurf enthält detaillierte Regelungen zu den Voraussetzungen und zum Verfahren der Erlaubniserteilung künftig durch die BaFin, wie z.B. die bei der BaFin einzureichenden Unterlagen. Inhaltlich entsprechen diese in weiten Teilen den bisherigen Regelungen der GewO sowie den Vorgaben des Kreditwesengesetzes (KWG), welches u.a. die Erlaubniserteilung für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen regelt.

Dir gute Nachricht ist, dass bereits nach der GewO erlaubte Finanzanlagenvermittler keine neue Erlaubnis beantragen müssen. Ihre Erlaubnis gilt weiterhin. Der Gesetzentwurf führt nicht dazu, dass Finanzanlagenvermittler, die momentan unter einer bestehenden Gewerbeerlaubnis handeln, nochmal eine WpHG-Erlaubnis beantragen müssten. Vielmehr sehen Übergangsregelungen vor, dass die WpHG-Erlaubnis als erteilt gilt, soweit bis Ende 2020 eine Eintragung in das Vermittlerregister besteht und sie innerhalb eines halben Jahres nach Aufforderung durch die BaFin die in dem Gesetzentwurf aufgezählten Unterlagen sowie eine Selbsterklärung vorlegen. Kommen die Vermittler dem nicht nach, erlischt ihre Erlaubnis und sie muss neu beantragt werden.

Kompetenzen der BaFin und Selbsterklärungspflicht für Finanzanlagenvermittler

Dass der Gesetzgeber es mit der Aufsicht der BaFin künftig ernst meint, zeigen die neuen Regelungen des Gesetzentwurfs bzgl. der Kompetenzen der BaFin als Aufsichtsbehörde und daraus folgende Anzeigepflichten für die Finanzanlagenvermittler. Zur Überprüfung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten kann die BaFin ohne besonderen Anlass Prüfungen anordnen; nach den bisherigen Regelungen waren Finanzanlagenvermittler grundsätzlich verpflichtet, für jedes Kalenderjahr einen Prüfungsbericht vorzulegen. Nunmehr kann die BaFin nach eigenem Ermessen und eigener Risikobewertung Prüfungen anordnen und ist dabei an keinen Turnus gebunden.

Damit die BaFin die risikoorientierte und anlassbezogene Aufsicht durchführen kann, muss sie über grundlegende und aktuelle Informationen zu den von ihr beaufsichtigten Vermittlern verfügen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf eine jährlichen Selbsterklärung der Finanzanlagenvermittler mit wichtigen Parametern ihrer Geschäftstätigkeit vor.

Schärfere Aufsicht für sog. Vertriebsgesellschaften

Neu sind auch Regelungen für sog. Vertriebsgesellschaften. Diese werden in dem Gesetzentwurf legal definiert und erfassen Finanzanlagenvermittler, die als Handelsvertreter an Finanzanlagenvermittler angegliedert sind oder die über vertraglich verbundene Dienstleister verfügen. Vertriebsgesellschaften werden so regulatorisch von den zahlreichen auf dem Markt vorhandenen Kleinunternehmern abgegrenzt.

Aufgrund ihrer Größe und Bedeutung knüpft der Gesetzentwurf mehr regulatorische Pflichten an die Vertriebsgesellschaft als an Finanzanlagenvermittler. Vertriebsgesellschaften bedürfen z.B. einer erweiterten Erlaubnis und müssen der BaFin im Rahmen des Erlaubnisverfahrens mehr Unterlagen übermitteln und z.B. auch Auskunft über bedeutende Beteiligungen an der Vertriebsgesellschaft, der Geschäftsführung und der Organisation übermitteln. Sie müssen die Unterlagen der BaFin bis spätestens Mitte 2021 unaufgefordert vorlegen, um im Rahmen der Übergangsregelung keine neue Erlaubnis beantragen zu müssen.

Zudem sind verstärkte Organisationspflichten vorgesehen, die an die Vorgaben für Wertpapierfirmen und den Regelungen des KWG angelehnt sind. So werden etwa Geschäftsleiter stärker in die Verantwortung genommen und die Vertriebsgesellschaft muss sicherstellen, dass sie über angemessene Vorkehrungen verfügt, die die Kontinuität der Erbringung der Dienstleistung sicherstellt (z.B. Notfallpläne) oder Sicherheitsmechanismen geschaffen hat, die die Datenvertraulichkeit gewährleisten. Und schließlich stehen der BaFin auch mehr Prüfungskompetenzen zu; anstatt wie bei den Finanzdienstleistern ohne festen Turnus risikoorientiert zu prüfen, überprüft die BaFin bei Vertriebsgesellschaften die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen einmal jährlich.

Zuwiderhandlung kann teuer werden

Schließlich sieht der Gesetzentwurf auch neue Bußgeldvorschriften vor, die den Regelungen für Wertpapierfirmen entsprechen. Werden aufsichtsrechtliche Anforderungen nicht erfüllt, können Bußgelder von bis zu 5 Millionen Euro oder bis zu 10% des Umsatzes fällig werden (zur verschärften Verwaltungspraxis der BaFin bei Bußgeldern siehe hier.

Was sollten Marktteilnehmer also beachten?

Auch wenn es sich bei dem Gesetzentwurf zunächst nur um einen Entwurf der zuständigen Referenten handelt, ist nicht zu erwarten, dass die endgültige Gesetzesfassung wesentliche Änderungen erfahren wird. Finanzanlagevermittler und Vertriebsgesellschaften sollten daher sicherstellen, dass sie von den Übergangsregelungen profitieren, ins Vermittlerregister eingetragen sind und der BaFin alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig und vollständig zur Verfügung stellen. Zudem sollte die Übergangszeit genutzt werden und frühzeitig mit der Implementierung der neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben begonnen werden.

Generell sollten sich Marktteilnehmer außerdem auf eine im Vergleich zu den Gewerbeämtern und Industrie- und Handelskammern stringentere Aufsicht durch die BaFin einstellen. Das muss für die Marktteilnehmer aber kein Nachteil sein; zeigt man entsprechende Bereitschaft, die aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen, ist die BaFin ein durchaus verlässlicher Partner.

Anlageberater und Anlagevermittler: Zwei Aufsichtsregime für dieselbe Tätigkeit

Teil 3: Was verbirgt sich hinter der Geeignetheitsprüfung?

Die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die voraussichtlich im Juni in Kraft tritt, sieht für Finanzanlagenvermittler nun auch eine Geeignetheitsprüfung vor. Was bedeutet das und deckt sich die Pflicht mit der für volllizenzierte Anlageberater nach dem Kreditwesengesetz (KWG)?

Nachdem Teil 1 die allgemeinen Unterschiede der Aufsicht nach KWG und nach der Gewerbeordnung (GewO) im Überblick dargestellt hat und Teil 2 sich mit der Frage befasst hat, welche MiFID II-Pflichten für welche Anlageberater und wann gelten, werfen wir nun einen genaueren Blick auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung, die von den Finanzanlagenvermittlern vor Erbringung der Anlageberatung und Anlagevermittlung konkret durchzuführen sind.

Die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung gilt für Anlageberater und –vermittler mit KWG-Lizenz schon länger und wurde durch die Regelungen der MiFID II konkretisiert. Die entsprechenden Vorgaben finden sich im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die neue FinVermV sieht für die Anlageberatung durch 34f-ler nun ebenfalls eine Geeignetheitsprüfung vor.

Nach dem WpHG müssen Anlageberater vor einer Anlageberatung (und auch vor jeder Finanzportfolioverwaltung) prüfen, ob das empfohlene Finanzinstrument für den jeweiligen Kunden geeignet ist. Geeignet ist es dann, wenn die Anlageempfehlung im Einklang mit den Kundenzielen, seiner Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit steht und der Kunde in der Lage ist, mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen das Risiko des empfohlenen Finanzinstruments zu verstehen. Diese Informationspflicht führt die neue FinVermV nun auch für Finanzanlagenvermittler mit GewO-Erlaubnis ein. Danach soll es für den Kunden egal sein, wer ihm gegenüber die Anlageberatung erbringt. Denn in jedem Fall wird sein individuelles Anlageziel berücksichtigt. Die BaFin fordert in ihrer Verwaltungspraxis für volllizensierte Anlageberater bei einer beschränkten Produktauswahl eine besonders sorgfältige Geeignetheitsprüfung. Fehlt es in dem angebotenen Portfolio an einem geeigneten Produkt, sollte keine Empfehlung erfolgen. Auch sollte bei einer kontinuierlichen Geschäftsbeziehung die Geeignetheit der Produkte regelmäßig überprüft werden.

In der Praxis ist für die Prüfung der Geeignetheit eines Finanzinstruments die Verwendung eines vorgefertigten Fragebogens zur Einholung der erforderlichen Informationen ratsam. Anhand der gewonnenen Informationen kann dann leicht bestimmt werden, welche Anlagemöglichkeit für den Kunden geeignet ist. Wenn ein Berater die erforderlichen Informationen vom Anleger nicht bekommt und die Geeignetheit nicht bestimmen kann, darf er im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.

Auch die Anlagevermittlung darf nicht ohne Prüfung erfolgen

Im Rahmen der Anlagevermittlung ist der Gesetzgeber nicht ganz so streng, sondern erfordert nur eine Angemessenheitsprüfung, mittels derer überprüft werden soll, ob der Kunde anhand seiner Kenntnisse und Erfahrungen die Risiken des Finanzinstruments verstehen kann. Anlageziele und finanzielle Erfahrungen müssen nicht abgefragt werden.. Das gilt sowohl für volllizensierte Anlagevermittler als auch für 34f-ler. Hier bringt die novellierte FinVermV nichts Neues.

Auch hier empfiehlt sich die Verwendung eines vorgefertigten Fragebogens. Gelangt der Vermittler zu der Auffassung, dass die gewünschte Finanzanlage für den Anleger nicht angemessen ist oder erhält er die erforderlichen Informationen vom Anleger nicht, muss dem Anleger gegenüber ein Warnhinweis ausgesprochen werden. Die Vermittlung darf in diesen Fällen dennoch stattfinden.

ESMA Supervisory briefing zur Angemessenheitsprüfung nach der MiFID II

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets AuthorityESMA) hat zur Angemessenheitsprüfung am 04. April 2019 ein Supervisory briefing veröffentlicht (abrufbar hier). Es richtet sich zwar nur an die nationalen Aufsichtsbehörden unmittelbar, zeigt jedoch die Empfehlungen für die Aufsichtspraxis hinsichtlich der Umsetzung der MiFID-Richtlinie auf, an denen sich die nationalen Aufsichtsbehörden in der Regel orientieren. Deshalb profitieren auch Marktteilnehmer davon, da sie einen Einblick erhalten, welche Maßnahmen zur Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Angemessenheitsprüfung nach MiFID II erforderlich sind.

Das Supervisory briefing gibt den nationalen Behörden Bespielfragen an die Hand, mittels derer sie die Einhaltung der vorgesehenen Standards überprüfen können. Im Einzelnen werden so verschiedene Bereiche präzisiert: die Identifikation von Sachverhalten, in denen eine Angemessenheitsprüfung erforderlich ist, Art und Umfang der Informationen, die das Unternehmen vom Kunden für die Angemessenheitsprüfung einholen muss, inhaltliche Anforderungen an die Angemessenheitsprüfung selbst sowie an die Warnungen, die in bestimmten Fällen gegenüber Kunden ausgesprochen werden müssen.

Die Auslegungsentscheidung der ESMA wird für Finanzanlagenvermittler nicht direkt gelten. Und es ist zu erwarten, dass auch die BaFin hier keine so strengen Anforderungen an Finanzanlagenvermittler, die ja nur ein begrenztes Produktportfolio anbieten, stellt. Insoweit ist auch die Verhältnismäßigkeit zu wahren, die auch von der BaFin berücksichtigt wird. Die einzelnen Finanzanlagenvermittler sollten entsprechend ihrem Geschäftsmodell interne Prozesse für die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung vorhalten.

Anlageberater und Anlagevermittler: Zwei Aufsichtsregime für dieselbe Tätigkeit

Anlageberater und Anlagevermittler: Zwei Aufsichtsregime für dieselbe Tätigkeit

Teil 2: Welche Compliance-Vorgaben gelten für wen und wann?

Im ersten Teil hatten wir über die zwei Aufsichtsregime für Anlageberater und Anlagevermittler nach § 34f GewO und dem KWG berichtet. Jetzt werfen wir einen genaueren Blick auf die Compliance-Vorgaben. Finanzanlagenvermittler nach der GewO fallen nicht unter das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das die Regelungen der MiFID II für volllizensierte Anlageberater und Anlagevermittler umsetzt. Voraussichtlich ab Juni 2019 gilt aber die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die einen Teil der MiFID II-Vorgaben auf die 34f-ler überträgt.

Sind die Finanzanlagenvermittler nun ebenso stark reguliert wie die Anlageberater und Anlagevermittler mit KWG-Erlaubnis?

Der Umgang mit Zuwendungen ist vergleichbar, allerdings für Finanzanlagenvermittler immer noch weniger streng. Unter beiden Aufsichtsregimen müssen Zuwendungen dem Kunden gegenüber offengelegt werden. Nach dem WpHG muss eine Zuwendung, die der Berater oder Vermittler erhält, immer auch der Qualitätssicherung der erbrachten Dienstleistung dienen. Dieses Erfordernis enthält die neue FinVermV nicht.

Im Rahmen der Anlageberatung ist die Pflicht zur Prüfung der Geeignetheit der Finanzanlage für den jeweiligen Investor unter beiden Regimen gleich. Bezüglich der Prüfung der Angemessenheit sieht die neue FinVermV eigene Regelungen vor, die den Anforderungen des WpHG aber weitestgehend entsprechen.

Künftig sollen auch Anlageberater und Anlagevermittler nach der GewO ihre Beratungs- und Vermittlungsgespräche aufzeichnen, wenn diese am Telefon erfolgen. Die Vorgaben hinsichtlich Telefon-Taping und Aufzeichnungspflicht elektronischer Kommunikation sind mit denen des WpHG für volllizensierte Berater vergleichbar. Bevor Finanzanlagenvermittler hier in eine neue Technik investieren, sollten sie überlegen, ob in ihrem Geschäftsmodell die Möglichkeit besteht, Beratungs- und Vermittlungsgespräche nur persönlich mit den Kunden und gerade nicht am Telefon zu führen.

Die Informationspflichten über Risiken, Kosten und Nebenkosten sowie die nun erforderliche Bereitstellung eines Informationsblatts in der neuen FinVermV sind mit denen des WpHG vergleichbar. Das ist aus Sicht der Politik, die hier auch den Verbraucherschutz als Motivation für die Novelle der FinVermV anführt, nur konsequent.

Im Umgang mit Interessenskonflikten wird die neue FinVermV an das WpHG angeglichen. Künftig müssen Interessenskonflikte nicht mehr nur offengelegt werden. Auch Finanzanlagenvermittler müssen nun vielmehr in einem ersten Schritt aktiv versuchen, Interessenskonflikte zu vermeiden. Und nur, wo das nicht gelingen kann, reicht eine Offenlegung des konkreten Interessenskonflikts aus. Anknüpfend an diese Regelung müssen künftig auch Anlageberater und Anlagevermittler nach der GewO bei der Ausgestaltung der Vergütung ihrer Vertriebsmitarbeiter streng darauf achten, dass Interessenskonflikte zwischen Kunden und Mitarbeitern vermieden werden.

Können sich Finanzanlagenvermittler zukünftig an der bestehenden Verwaltungspraxis der ESMA und der BaFin orientieren?

Für die Finanzanlagenvermittler sind die Auslegungshinweise der ESMA zu MiFID II nicht direkt anwendbar. Im Zweifelsfall können sie als guter Maßstab herangezogen werden. Aber auch hier gilt, was die BaFin seit Jahren in ihrer Verwaltungspraxis etabliert hat: der Proportionalitätsgrundsatz soll stets gewahrt bleiben. D.h. kleine Unternehmen, die mit einer 34f-Erlaubnis Anlageberatung und –vermittlung erbringen, dürfen bei der Umsetzung der Vorgaben ihrer Größe und dem Umfang ihrer Geschäftstätigkeit Rechnung tragen.

Und unterm Strich?

Insgesamt sind die Vorgaben des WpHG an volllizensierte Anlageberater und Anlagevermittler immer noch weitgehender als die der neuen FinVermV. So muss etwa ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Anlageberatung und Anlagevermittlung unter einer KWG-Lizenz erbringt, über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die u.a. ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfasst. Außerdem muss das Unternehmen Vorkehrungen treffen, die die Kontinuität und Regelmäßigkeit der Wertpapierdienstleistung gewährleisten, es muss Zielvorgaben so ausgestalten, umsetzen und überwachen, dass Kundeninteressen nicht beeinträchtigt werden, sowie über solide Sicherheitsmechanismen für Informationsübermittlungswege verfügen, die das Risiko des unbefugten Zugriffs minimieren oder verhindern. Auch die Anforderungen an die Geschäftsleiter sind für volllizensierte Unternehmen höher.

Das mag den Finanzanlagenvermittlern dennoch nur ein kleiner Trost sein. Auf sie kommt durch die neue FinVermV ein Organisationsaufwand zu, der erst einmal umgesetzt werden muss. Vor dem Hintergrund der kommenden BaFin-Aufsicht empfiehlt es sich vor allem, die bestehenden internen Geschäftsprozesse an die neuen Vorgaben anzupassen und die Anpassungen auch zu dokumentieren. Die neuen Prozesse können etwa in Arbeitsanweisungen und/oder Dokumentenvorlagen niedergelegt werden. Auf diese Weise kann auch sichergestellt werden, dass eine etwaige Prüfung durch die BaFin an Schrecken verliert.

Anlageberater und Anlagevermittler: Zwei Aufsichtsregime für dieselbe Tätigkeit

Teil 1: Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Aufsicht nach KWG und nach der Gewerbeordnung

Im Juni 2019 wird voraussichtlich die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) in Kraft treten, die einen Teil des Pflichtenregimes der zweiten Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) auf die Finanzanlagenvermittler nach § 34f der Gewerbeordnung (GewO) überträgt.

Das wollen wir zum Anlass nehmen, in einem dreiteiligen Beitrag die Anlageberatung und Anlagevermittlung sowohl nach dem Kreditwesengesetz (KWG) als auch nach der GewO vorzustellen. Teil 1 des Beitrags wird zunächst den Umfang der erlaubten Tätigkeiten und im Anschluss die wesentlichen Unterschiede zwischen einer Erbringung der Anlageberatung und Anlagevermittlung nach dem KWG und der GewO darstellen.

Anlageberatung und Anlagevermittlung nach KWG und GewO

Anlagevermittlung ist die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten. Der Anlagevermittler übermittelt den Kundenauftrag an den Produktanbieter, ist also Mittelsperson für die vom Kunden getroffene Anlageentscheidung. Sobald der Kunde dem Anlagevermittler aber eingeräumt hat, an seiner Stelle eine eigene Anlageentscheidung zu treffen, liegt keine Anlagevermittlung mehr vor, sondern ggf. Abschlussvermittlung oder Finanzportfolioverwaltung.

Um Anlageberatung handelt es sich, wenn der Berater eine persönliche Empfehlung gegenüber dem Kunden abgibt, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten bezieht und auf einer Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt ist. In der Praxis geht einer Anlagevermittlung in der Regel eine Anlageberatung voraus.

Anlageberater und Anlagevermittler haben derzeit zwei Möglichkeiten, ihr Geschäft zu gestalten. Sie können wählen zwischen zwei Aufsichtsregimen, das eine umfangreich, das andere weniger umfangreich. Wer darf also was?

Anlagevermittler und -berater benötigen grundsätzlich eine KWG-Erlaubnis und unterliegen damit dem gesamten Pflichtenkatalog des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und der vollen Aufsicht durch die BaFin. Eine Ausnahme gibt es für Anlageberater und Anlagevermittler, die ausschließlich Fondsprodukte nach dem Kapitalanlagesetzbuch (KAGB) und Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) vertreiben. Für die Vermittlung von und Beratung zu solchen Produkten ist keine KWG-Erlaubnis, sondern lediglich eine Erlaubnis nach § 34f GewO erforderlich. Die Erlaubnis nach der GewO ist nicht vergleichbar mit der nach KWG und vielmehr eine Formalität. Derzeit sind dafür noch die Gewerbeämter und IHKen zuständig. Ein Grund für die Ausnahmeregelung nach KWG ist, dass die Produktanbieter und Produkte nach dem KAGB und dem VermAnlG selbst schon strengen Produktanforderungen und ‑regulierungen unterliegen, wodurch dem Anlegerschutz bereits Rechnung getragen wird.

Die volllizensierten Anlageberater und Anlagevermittler nach KWG dürfen zu allen Finanzprodukte beraten und diese vermitteln.

Wesentliche Unterschiede bei Anlageberatung und –vermittlung nach KWG und GewO

Neben der unterschiedlichen Produktpalette ergeben sich Unterschiede bei Anlageberatern und Anlagevermittlern mit KWG-Erlaubnis und solchen mit einer Erlaubnis nach der GewO vor allem bezüglich (i) des Europäischen Passes und (ii) den Compliance-Vorgaben der MiFID II. 

1. Europäischer Pass

Das sog. Passporting ermöglicht es Unternehmen, die eine Erlaubnis in ihrem Heimatstaat haben, ihre Produkte und Dienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder durch die Gründung einer Zweigniederlassung auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten zu erbringen, ohne in den einzelnen Mitgliedsstaaten erneut eine Erlaubnis beantragen zu müssen. Es genügt vielmehr ein einfaches Anzeigeverfahren. Hintergrund ist der identische europäische Rechtsrahmen, der eine einheitliche Regulierung der Unternehmen gewährleistet. Wurde einmal eine Erlaubnis in einem beliebigen Mitgliedsstaat beantragt, ist auch für die anderen Länder gewährleistet, dass das Unternehmen die nationalen rechtlichen Anforderungen erfüllt.

Anlagevermittlung und –berater, die eine KWG-Erlaubnis besitzen, können ihre Dienstleistungen daher auch in jedem anderen EU-Staat erbringen, ohne dafür eine neue Erlaubnis beantragen zu müssen. Das ist mit einer Gewerbeerlaubnis nach § 34f GewO hingegen nicht möglich.

2. MiFID II Pflichten

Die MiFID II stellt für Anlageberater und Anlagevermittler zahlreiche Verhaltens- und Organisationspflichten auf. In Deutschland sind diese Pflichten im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) umgesetzt.

Wie das KWG sieht aber auch das WpHG eine Bereichsausnahme für die Anlageberater und Anlagevermittler vor, die unter der GewO-Erlaubnis aktiv sind. Für diese gibt es schon lange eine Verordnung, die grundlegende Compliance-Vorgaben auch regelt (wie etwa die Pflicht zur Offenlegung von Provisionen und Interessenskonflikten). Nun wird diese voraussichtlich im Juni diesen Jahres novelliert und die neue FinVermV enthält einen Teil der MiFID II-Vorgaben auch für Anlageberater und Anlagevermittler nach der GewO. Zu den neuen Vorgaben haben wir bereit im Dezember hier berichtet.

Was genau die neue FinVermV bringt und welche Pflichten für die volllizenzierten Anlageberater und –vermittler gelten, berichten wir in Kürze im 2. Teil dieses Beitrags.

Faire Anlageberatung – wann sind Provisionen zulässig?

In Deutschland wird Anlageberatung für den Kunden hauptsächlich kostenlos erbracht. Indirekt erhalten in dieser Konstellation Wertpapierdienstleistungsunternehmen jedoch von Anbietern oder Emittenten der in der Beratung angebotenen Finanzinstrumente eine zumindest teilweise Vergütung durch Zuwendungen. Es liegt auf der Hand, dass die Annahme solcher Vergütungen Interessenskonflikte auslösen kann. Um sicherzustellen, dass jeder Kunde dennoch bestmöglich in seinem Interesse beraten wird, ist Anfang des Jahres eine strengere gesetzliche Regelung in Kraft getreten, die die Annahme von Zuwendungen im Vergleich zur alten Rechtslage weiter einschränkt.

So wurden zum 3. Januar 2018 die bisherigen Regelungen durch die MiFID II und eine darauf basierende Delegierte Richtlinie im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und in der neuen Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) verschärft.

Der Begriff der Zuwendung umfasst monetäre Leistungen wie Provisionen, Gebühren und sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Hierzu zählen beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen, die Überlassung von IT-Hard- oder Software und die Durchführung von Schulungen.

Für die Anlageberatung sind Annahme und Gewährung von Zuwendungen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Dritten grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist möglich, wenn die Zuwendung transparent erfolgt und auf die Qualitätsverbesserung gegenüber dem Kunden ausgelegt ist.

Qualitätsverbesserung

Wann eine Zuwendung auf eine Qualitätsverbesserung der dem Kunden gegenüber erbrachten Dienstleistung ausgelegt ist, wird in der WpDVerOV konkretisiert. Danach wird die Qualität der Anlageberatung etwa erhöht, wenn noch eine zusätzliche oder höherwertige Dienstleistung gegenüber dem Kunden erbracht wird. Zusätzlich kann beispielsweise eine mindestens jährlich stattfindende Überprüfung der fortlaufenden Geeignetheit der Finanzinstrumente, in die der Kunde investiert hat, stattfinden. Denkbar sind auch eine fortlaufende Beratung des Kunden über die optimale Strukturierung seines Vermögens oder die Übermittlung periodischer Berichte über Wertentwicklung, Kosten und Gebühren der Finanzinstrumente. Wenn dann die Zusatzleistung durch Zuwendungen „gefördert“ wird, wäre das rechtlich zulässig. Höherwertiger wird die Anlageberatung beispielsweise auch, wenn eine Beratung auf Basis einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente von Anbietern, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen, möglich ist.

Die Qualität wird jedenfalls nicht verbessert, wenn die Zuwendung dazu führt, dass die Dienstleistung in voreingenommener Weise oder nicht im besten Kundeninteresse erbracht wird.

Transparenz

Die Zuwendung darf nur dann angenommen werden, wenn dem Kunden vor Erbringung der Dienstleistung Art und Umfang/Höhe der Zuwendung offengelegt werden. Falls sich die Höhe der Zuwendung zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmen lässt, so sind ersatzweise Art und Weise der Berechnung anzugeben, außerdem ist der Kunde über den genauen Betrag nachträglich zu informieren. Zudem ist die Zuwendung in der Kosteninformation als Teil der Dienstleistungskosten auszuweisen.

Ausnahmeregelungen für die unabhängige Honorar-Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung

Abgesehen von der provisionsbasierten (und für den Kunden kostenlosen) Anlageberatung kann der Kunde jedoch auch eine unabhängige Honorar-Anlageberatung oder eine Finanzportfolioverwaltung in Anspruch nehmen.

In Deutschland ist die unabhängige Honorar-Anlageberatung immer noch die Ausnahme. Diese wird ausschließlich durch den Kunden bezahlt. Der Berater darf keinerlei Zuwendungen von Unternehmen, deren Produkte vermittelt werden, annehmen. Dazu zählen auch geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen wie Informationsmaterial oder die Teilnahme an kostenlosen Schulungen. Falls ein Finanzinstrument ohne Zuwendung nicht erhältlich ist, so muss die Zuwendung so schnell wie möglich und ungemindert an den Kunden ausgezahlt werden. Dadurch wird eine Beeinflussung durch Zuwendungen vermieden. Das Register der Unternehmen, die eine unabhängige Honorar-Anlageberatung anbieten, findet sich auf der Webseite der BaFin.

Durch digitale und dadurch vergleichsweise günstige Vermögensverwaltungsangebote wird auch die Finanzportfolioverwaltung für kleinere Kundenvermögen interessant. Hier wird dem Vermögensverwalter vom Kunden ein Mandat erteilt, sodass der Vermögensverwalter die einzelnen Anlageentscheidungen selbst treffen darf. Der Entscheidungsspielraum wird vertraglich durch Anlagerichtlinien oder ‑strategien präzisiert. Der Vermögensverwalter unterrichtet den Kunden regelmäßig über die Wertentwicklung seines Vermögens und die vorgenommenen Portfolioumschichtungen. Im Gegenzug zahlt der Kunde ein Entgelt. Vermögensverwalter dürfen von Dritten ausschließlich geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen annehmen, sofern diese qualitätsverbessernd verwendet und dem Kunden gegenüber offengelegt werden. Alle darüber hinaus gehenden Zuwendungen müssen so schnell wie möglich an den Kunden weitergegeben oder ausgezahlt werden. So besteht für den Vermögensverwalter kein Anlass, sich durch Zuwendungen in seiner Anlageentscheidung beeinflussen zu lassen.

Für welche Beratungsoption sich Anleger auch entscheiden, die verschärften Regelungen sorgen dafür, dass Interessenkonflikte verringert sowie Qualität und Transparenz verbessert werden. Ob Anleger in Deutschland statt zur vermeintlich kostenlosen Provisionsanlageberatung in Zukunft vermehrt zur kostenpflichtigen unabhängigen Honorar-Anlageberatung tendieren werden, bleibt abzuwarten. Die BaFin hat gerade in der August-Ausgabe des BaFin-Journals eine Übersicht  ihrer aktuellen Verwaltungspraxis zu Zuwendungen mit Tipps für Verbraucher veröffentlicht.