Anlageberater und Anlagevermittler: Zwei Aufsichtsregime für dieselbe Tätigkeit

Teil 3: Was verbirgt sich hinter der Geeignetheitsprüfung?

Die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die voraussichtlich im Juni in Kraft tritt, sieht für Finanzanlagenvermittler nun auch eine Geeignetheitsprüfung vor. Was bedeutet das und deckt sich die Pflicht mit der für volllizenzierte Anlageberater nach dem Kreditwesengesetz (KWG)?

Nachdem Teil 1 die allgemeinen Unterschiede der Aufsicht nach KWG und nach der Gewerbeordnung (GewO) im Überblick dargestellt hat und Teil 2 sich mit der Frage befasst hat, welche MiFID II-Pflichten für welche Anlageberater und wann gelten, werfen wir nun einen genaueren Blick auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung, die von den Finanzanlagenvermittlern vor Erbringung der Anlageberatung und Anlagevermittlung konkret durchzuführen sind.

Die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung gilt für Anlageberater und –vermittler mit KWG-Lizenz schon länger und wurde durch die Regelungen der MiFID II konkretisiert. Die entsprechenden Vorgaben finden sich im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die neue FinVermV sieht für die Anlageberatung durch 34f-ler nun ebenfalls eine Geeignetheitsprüfung vor.

Nach dem WpHG müssen Anlageberater vor einer Anlageberatung (und auch vor jeder Finanzportfolioverwaltung) prüfen, ob das empfohlene Finanzinstrument für den jeweiligen Kunden geeignet ist. Geeignet ist es dann, wenn die Anlageempfehlung im Einklang mit den Kundenzielen, seiner Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit steht und der Kunde in der Lage ist, mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen das Risiko des empfohlenen Finanzinstruments zu verstehen. Diese Informationspflicht führt die neue FinVermV nun auch für Finanzanlagenvermittler mit GewO-Erlaubnis ein. Danach soll es für den Kunden egal sein, wer ihm gegenüber die Anlageberatung erbringt. Denn in jedem Fall wird sein individuelles Anlageziel berücksichtigt. Die BaFin fordert in ihrer Verwaltungspraxis für volllizensierte Anlageberater bei einer beschränkten Produktauswahl eine besonders sorgfältige Geeignetheitsprüfung. Fehlt es in dem angebotenen Portfolio an einem geeigneten Produkt, sollte keine Empfehlung erfolgen. Auch sollte bei einer kontinuierlichen Geschäftsbeziehung die Geeignetheit der Produkte regelmäßig überprüft werden.

In der Praxis ist für die Prüfung der Geeignetheit eines Finanzinstruments die Verwendung eines vorgefertigten Fragebogens zur Einholung der erforderlichen Informationen ratsam. Anhand der gewonnenen Informationen kann dann leicht bestimmt werden, welche Anlagemöglichkeit für den Kunden geeignet ist. Wenn ein Berater die erforderlichen Informationen vom Anleger nicht bekommt und die Geeignetheit nicht bestimmen kann, darf er im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.

Auch die Anlagevermittlung darf nicht ohne Prüfung erfolgen

Im Rahmen der Anlagevermittlung ist der Gesetzgeber nicht ganz so streng, sondern erfordert nur eine Angemessenheitsprüfung, mittels derer überprüft werden soll, ob der Kunde anhand seiner Kenntnisse und Erfahrungen die Risiken des Finanzinstruments verstehen kann. Anlageziele und finanzielle Erfahrungen müssen nicht abgefragt werden.. Das gilt sowohl für volllizensierte Anlagevermittler als auch für 34f-ler. Hier bringt die novellierte FinVermV nichts Neues.

Auch hier empfiehlt sich die Verwendung eines vorgefertigten Fragebogens. Gelangt der Vermittler zu der Auffassung, dass die gewünschte Finanzanlage für den Anleger nicht angemessen ist oder erhält er die erforderlichen Informationen vom Anleger nicht, muss dem Anleger gegenüber ein Warnhinweis ausgesprochen werden. Die Vermittlung darf in diesen Fällen dennoch stattfinden.

ESMA Supervisory briefing zur Angemessenheitsprüfung nach der MiFID II

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets AuthorityESMA) hat zur Angemessenheitsprüfung am 04. April 2019 ein Supervisory briefing veröffentlicht (abrufbar hier). Es richtet sich zwar nur an die nationalen Aufsichtsbehörden unmittelbar, zeigt jedoch die Empfehlungen für die Aufsichtspraxis hinsichtlich der Umsetzung der MiFID-Richtlinie auf, an denen sich die nationalen Aufsichtsbehörden in der Regel orientieren. Deshalb profitieren auch Marktteilnehmer davon, da sie einen Einblick erhalten, welche Maßnahmen zur Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Angemessenheitsprüfung nach MiFID II erforderlich sind.

Das Supervisory briefing gibt den nationalen Behörden Bespielfragen an die Hand, mittels derer sie die Einhaltung der vorgesehenen Standards überprüfen können. Im Einzelnen werden so verschiedene Bereiche präzisiert: die Identifikation von Sachverhalten, in denen eine Angemessenheitsprüfung erforderlich ist, Art und Umfang der Informationen, die das Unternehmen vom Kunden für die Angemessenheitsprüfung einholen muss, inhaltliche Anforderungen an die Angemessenheitsprüfung selbst sowie an die Warnungen, die in bestimmten Fällen gegenüber Kunden ausgesprochen werden müssen.

Die Auslegungsentscheidung der ESMA wird für Finanzanlagenvermittler nicht direkt gelten. Und es ist zu erwarten, dass auch die BaFin hier keine so strengen Anforderungen an Finanzanlagenvermittler, die ja nur ein begrenztes Produktportfolio anbieten, stellt. Insoweit ist auch die Verhältnismäßigkeit zu wahren, die auch von der BaFin berücksichtigt wird. Die einzelnen Finanzanlagenvermittler sollten entsprechend ihrem Geschäftsmodell interne Prozesse für die Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung vorhalten.

ESMA Supervisory briefing on the supervision of non-EU branches of EU firms providing investment services and activities

With Brexit coming up, many companies, especially those in the financial sector, have taken precautions and relocated their EU head offices to one of the 27 remaining EU member state to ensure that, whatever the outcome of the Brexit negotiations, they will have access to the European single market.  Offices in the UK, which will qualify as a third country after Brexit, will often be operated as branches.

On February 6, 2019, ESMA published its MIFID II Supervisory briefing on the supervision of non-EU branches of EU firms providing investment services and activities. Through its new Supervisory briefing, ESMA aims to ensure effective oversight of the non-EU branches by the competent authority of the firm´s home member state.

This article provides an overview of the measures proposed by ESMA to national regulatory authorities, divided into three areas: (i) ESMA´s supervisory expectations in relation to the authorisation of investment firms; (ii) the supervision of ongoing activities of non-EU branches by the competent authority; and (iii) ESMA´s proposed supervisory activity of the competent authority.

Supervisory expectations in relation to the authorisation of investment firms

The relocation of a company to the EU means that an authorisation covering the respective business model must be applied for in the respective EU member state. The authorisation procedure must, inter alia, include a description of the company’s organisational structure, including its non-EU branches. The competent authority should be satisfied that the use of the non-EU branch is based on objective reasons linked to the services provided in the non-EU jurisdiction and does not result in situations where such non-EU branches perform material functions or provide services back into the EU, while the office relocated to the EU is only used as a letter box entity. To this end, the competent authority should make its judgement on the substance of the business activity, the organisation, the governance and the risk management arrangements of the applicant in relation to the establishment and the use of branches in non-EU jurisdictions. Therefore, the firm´s program of operations should explain how the relocated EU head office will be able to monitor and manage any non-EU branch, clarify the role of the non-EU branch and provide detailed information, such as:

  • an overview of how the non-EU branch will contribute to the investment firm´s strategy;
  • the activities and functions that will be performed by the non-EU branch;
  • a description of how the firm will ensure that any local requirements in the non-EU jurisdiction do not interfere with the compliance by the EU firm with legal requirements applicable to it in accordance with EU law.

Supervision of ongoing activities of non-EU branches

In order to allow the competent authority to appropriately monitor firms providing investment services or activities on an ongoing basis, firms should provide the competent authority of its home member state with relevant information on any new non-EU branch that they plan to establish or on any material change in the activities of non-EU branches already established. Therefore, the competent authority should, taking into account the importance of non-EU branches for the relevant firm, request on an ad hoc or a periodic basis, information on, inter alia:

  • the number and the geographical distribution of clients served by the non-EU branches;
  • the activities and the functions provided by the non-EU branch to the EU head office.

Supervisory activity of the competent authority

The competent authority should put in place internal criteria and arrangements to supervise comprehensively and in sufficient depth the activities that branches of EU firms under their supervision perform outside of the EU. For that purpose, the competent authority should prepare plans for the supervision of non-EU branches of EU firms and identify resources dedicated to this activity. These resources should be capable of performing a critical screening of the firms under their supervision that have established non-EU branches, including, information received or requested in relation to these branches.

Upshot

As the Supervisory briefing shows, EU supervisors are urged by ESMA to ensure that companies relocating to the EU as a result of Brexit are not just used as mere letter box entities to gain access to the European single market and the actual investment services are provided via the non-EU branch. Therefore, the competent authorities should take a closer look at the firm´s non-EU branches, to ensure that the branch has the function of a branch not only on paper but also in practice. Investment firms should be prepared for this supervisory practice.