Finanzanlagenvermittler: Übertragung der Aufsicht auf die BaFin – Was ist neu, was bleibt beim Alten?

Das Jahr 2019 hat sich mit einigen neuen geplanten aufsichtsrechtlichen Änderungen für Finanzanlagenvermittler verabschiedet: Zum einen soll die Aufsicht zukünftig anstatt durch die Gewerbeämter oder den Industrie- und Handelskammern der Länder von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wahrgenommen werden. Zum anderen wird das an die MiFID II angepasste neue Regelungsregime ins Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) aufgenommen. Die Erlaubnis nach der GewO gilt grundsätzlich weiter, es müssen aber innerhalb einer Frist von 6 Monaten weitere Unterlagen vorgelegt werden. Hier nun ein Überblick:

Aufsicht der BaFin: Gesetzentwurf veröffentlicht – Vorbereitungen bereits im Gange

Die Ankündigung, dass die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die BaFin übertragen werden soll, gibt es schon länger. Doch nun wird die Sache konkret. Das Bundesfinanzministerium hat Ende Dezember 2019 den entsprechenden Gesetzentwurf veröffentlicht. Hintergrund der Übertragung der Aufsicht auf die BaFin ist vor allem, die bisherige zersplitterte Aufsichtsstruktur der Länder durch Industrie- und Handelskammern und Gewerbeämter zu beenden und die zunehmende Komplexität des Aufsichtsrecht zu berücksichtigen. Durch die Bündelung der Aufsicht bei der BaFin soll die Qualität und Effektivität der Aufsicht gesteigert werden und eine Angleichung an die Aufsicht über Wertpapierfirmen und damit letztlich an die rechtlichen Vorgaben der zweiten Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) erreicht werden. Das heißt im Klartext, dass Finanzanlagenvermittler künftig richtig beaufsichtigt werden – wie andere Finanzdienstleister auch.

Und auch wenn derzeit nur ein Gesetzesentwurf vorliegt, ist die BaFin-Aufsicht sicher. Nach dem politischen Gerangel im letzten Jahr ist die Entscheidung gefallen. In der Veröffentlichung der BaFin zu den Aufsichtsschwerpunkten 2020 informiert diese darüber, dass bereits in diesem Jahr im Bereich der Wertpapieraufsicht die personellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine reibungslose Übernahme der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler durch die BaFin geschaffen werden.

Neuer Standort: WpHG

Bisher fanden sich die rechtlichen Regelungen der Finanzanlagenvermittler in der Gewerbeordnung (GewO) und der Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV). Im September 2019 wurde ein überarbeiteter Entwurf einer neuen FinVermV veröffentlicht, der bereits Anpassungen an das MiFID II-Regime beinhaltete. Darüber haben wir bereits hier berichtet.

Das gesamte Regelungsregime wird nun durch den Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums in das WpHG, das die europäischen MiFID II Regelungen für den deutschen Finanzmarkt umsetzt, übertragen. Die FinVermV wird aufgehoben werden. Inhaltlich bleiben die Anforderungen an die Finanzanlagenvermittler aber im Wesentlichen identisch mit dem Entwurf aus September 2019 und das Pflichtenregime der MiFID II wird in abgeschwächter Form Anwendung finden. Stichworte sind hier: Interessenskonflikte, Geeignetheitserklärung und Telefon-Taping. Einzelheiten dazu erfahren Sie in unserem früheren Blogbeitrag.

Finanzanlagenvermittler brauchen keine neue Erlaubnis – Handlungsbedarf besteht aber dennoch!

Üblicherweise bedeutet die Aufnahme einer neuen Dienstleistung ins WpHG auch ein neues Erlaubnisverfahren. Der Gesetzentwurf enthält detaillierte Regelungen zu den Voraussetzungen und zum Verfahren der Erlaubniserteilung künftig durch die BaFin, wie z.B. die bei der BaFin einzureichenden Unterlagen. Inhaltlich entsprechen diese in weiten Teilen den bisherigen Regelungen der GewO sowie den Vorgaben des Kreditwesengesetzes (KWG), welches u.a. die Erlaubniserteilung für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen regelt.

Dir gute Nachricht ist, dass bereits nach der GewO erlaubte Finanzanlagenvermittler keine neue Erlaubnis beantragen müssen. Ihre Erlaubnis gilt weiterhin. Der Gesetzentwurf führt nicht dazu, dass Finanzanlagenvermittler, die momentan unter einer bestehenden Gewerbeerlaubnis handeln, nochmal eine WpHG-Erlaubnis beantragen müssten. Vielmehr sehen Übergangsregelungen vor, dass die WpHG-Erlaubnis als erteilt gilt, soweit bis Ende 2020 eine Eintragung in das Vermittlerregister besteht und sie innerhalb eines halben Jahres nach Aufforderung durch die BaFin die in dem Gesetzentwurf aufgezählten Unterlagen sowie eine Selbsterklärung vorlegen. Kommen die Vermittler dem nicht nach, erlischt ihre Erlaubnis und sie muss neu beantragt werden.

Kompetenzen der BaFin und Selbsterklärungspflicht für Finanzanlagenvermittler

Dass der Gesetzgeber es mit der Aufsicht der BaFin künftig ernst meint, zeigen die neuen Regelungen des Gesetzentwurfs bzgl. der Kompetenzen der BaFin als Aufsichtsbehörde und daraus folgende Anzeigepflichten für die Finanzanlagenvermittler. Zur Überprüfung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten kann die BaFin ohne besonderen Anlass Prüfungen anordnen; nach den bisherigen Regelungen waren Finanzanlagenvermittler grundsätzlich verpflichtet, für jedes Kalenderjahr einen Prüfungsbericht vorzulegen. Nunmehr kann die BaFin nach eigenem Ermessen und eigener Risikobewertung Prüfungen anordnen und ist dabei an keinen Turnus gebunden.

Damit die BaFin die risikoorientierte und anlassbezogene Aufsicht durchführen kann, muss sie über grundlegende und aktuelle Informationen zu den von ihr beaufsichtigten Vermittlern verfügen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf eine jährlichen Selbsterklärung der Finanzanlagenvermittler mit wichtigen Parametern ihrer Geschäftstätigkeit vor.

Schärfere Aufsicht für sog. Vertriebsgesellschaften

Neu sind auch Regelungen für sog. Vertriebsgesellschaften. Diese werden in dem Gesetzentwurf legal definiert und erfassen Finanzanlagenvermittler, die als Handelsvertreter an Finanzanlagenvermittler angegliedert sind oder die über vertraglich verbundene Dienstleister verfügen. Vertriebsgesellschaften werden so regulatorisch von den zahlreichen auf dem Markt vorhandenen Kleinunternehmern abgegrenzt.

Aufgrund ihrer Größe und Bedeutung knüpft der Gesetzentwurf mehr regulatorische Pflichten an die Vertriebsgesellschaft als an Finanzanlagenvermittler. Vertriebsgesellschaften bedürfen z.B. einer erweiterten Erlaubnis und müssen der BaFin im Rahmen des Erlaubnisverfahrens mehr Unterlagen übermitteln und z.B. auch Auskunft über bedeutende Beteiligungen an der Vertriebsgesellschaft, der Geschäftsführung und der Organisation übermitteln. Sie müssen die Unterlagen der BaFin bis spätestens Mitte 2021 unaufgefordert vorlegen, um im Rahmen der Übergangsregelung keine neue Erlaubnis beantragen zu müssen.

Zudem sind verstärkte Organisationspflichten vorgesehen, die an die Vorgaben für Wertpapierfirmen und den Regelungen des KWG angelehnt sind. So werden etwa Geschäftsleiter stärker in die Verantwortung genommen und die Vertriebsgesellschaft muss sicherstellen, dass sie über angemessene Vorkehrungen verfügt, die die Kontinuität der Erbringung der Dienstleistung sicherstellt (z.B. Notfallpläne) oder Sicherheitsmechanismen geschaffen hat, die die Datenvertraulichkeit gewährleisten. Und schließlich stehen der BaFin auch mehr Prüfungskompetenzen zu; anstatt wie bei den Finanzdienstleistern ohne festen Turnus risikoorientiert zu prüfen, überprüft die BaFin bei Vertriebsgesellschaften die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen einmal jährlich.

Zuwiderhandlung kann teuer werden

Schließlich sieht der Gesetzentwurf auch neue Bußgeldvorschriften vor, die den Regelungen für Wertpapierfirmen entsprechen. Werden aufsichtsrechtliche Anforderungen nicht erfüllt, können Bußgelder von bis zu 5 Millionen Euro oder bis zu 10% des Umsatzes fällig werden (zur verschärften Verwaltungspraxis der BaFin bei Bußgeldern siehe hier.

Was sollten Marktteilnehmer also beachten?

Auch wenn es sich bei dem Gesetzentwurf zunächst nur um einen Entwurf der zuständigen Referenten handelt, ist nicht zu erwarten, dass die endgültige Gesetzesfassung wesentliche Änderungen erfahren wird. Finanzanlagevermittler und Vertriebsgesellschaften sollten daher sicherstellen, dass sie von den Übergangsregelungen profitieren, ins Vermittlerregister eingetragen sind und der BaFin alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig und vollständig zur Verfügung stellen. Zudem sollte die Übergangszeit genutzt werden und frühzeitig mit der Implementierung der neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben begonnen werden.

Generell sollten sich Marktteilnehmer außerdem auf eine im Vergleich zu den Gewerbeämtern und Industrie- und Handelskammern stringentere Aufsicht durch die BaFin einstellen. Das muss für die Marktteilnehmer aber kein Nachteil sein; zeigt man entsprechende Bereitschaft, die aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen, ist die BaFin ein durchaus verlässlicher Partner.

Aktuelle Entwicklungen der Bußgelder in der aufsichtsrechtlichen Praxis

Kreditwesengesetz (KWG), Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Kapitalanlagegesetz (KAGB) etc.; egal um welche gesetzlichen Regelungen des Finanzmarktaufsichtsrecht es sich handelt, sie enthalten in der Regel Bußgeldvorschriften, mittels derer Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Verpflichtungen seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geahndet werden können. In der Vergangenheit waren die Bußgelder betragsmäßig von den Betroffenen durchaus zu verschmerzen, sodass den Bußgeldern nicht gerade der Ruf eines ’scharfen Schwertes‘ anhaftete. Doch nunmehr verhängt die BaFin zumindest in der Wertpapieraufsicht deutlich höhere Bußgelder als in den Vorjahren.

Die Hintergründe dieser Entwicklungen in der aufsichtsrechtlichen Praxis wollen wir in diesem Beitrag näher beleuchten.

Die Bußgeldentwicklung in 2019

Laut BaFin beliefen sich die festgesetzten Bußgelder Ende August 2019 bereits auf 6,7 Mio. Euro, nachdem sie 2017 und 2018 zusammengenommen 11,9 Mio. Euro betrugen. Davon entfielen alleine 2,4 Mio. Euro auf Unternehmen, die Stimmrechtsmitteilungspflichten nach dem WpHG verletzt haben. Und die BaFin geht davon aus, dass die Höhe der Bußgelder noch weiter steigen wird.

Trendwende kam aus Europa

Den rechtlichen Grundstein für die Trendwende hin zu höheren Bußgeldern hat der europäische Gesetzgeber gelegt, indem er die Obergrenze der möglichen Bußgelder erhöht hat und die nationalen Aufsichtsbehörden seitdem vor allem auch den Konzernumsatz heranziehen können, wenn sie eine Geldbuße festsetzen. Daraus können sich dann für die Unternehmen durchaus schmerzhafte Beträge ergeben. So sieht das KWG bspw. Bußgelder in einer Höhe bis zu 10% des Gesamtumsatzes vor. Effiziente Compliance Systeme, deren Einhaltung überwacht und kontrolliert werden, gewinnen dadurch gleich deutlich an (finanzieller) Attraktivität, denn sie können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass es erst gar nicht zu Verstößen kommt, die von der BaFin mit einem Bußgeld geahndet werden.

Besteht die Möglichkeit, sich mit der BaFin zu verständigen?

Doch auch wenn das interne Compliance System versagt hat oder es aus anderen Gründen zu einer Bußgeldverhängung der BaFin kommt; grundsätzlich besteht die Möglichkeit, sich als betroffenes Unternehmen mit der BaFin zu verständigen. 2019 geschah dies immerhin in 64% der geahndeten Sachverhalte; in 36% der Fälle erging hingegen ein Bußgeld. Attraktiv ist das sog. Settlement für die betroffenen Unternehmen vor allem, weil das Bußgeld um bis zu 30% geringer ausfallen kann. Umsonst gibt es den Rabatt allerdings nicht. Vielmehr gelten auch beim Settlement rechtsstaatliche Grundsätze: Das Unternehmen muss den Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften nachweislich begangen haben. Zudem muss es den ihm vorgeworfenen Verstoß anerkennen und die Geldbuße akzeptieren. Ein weiterer Grundsatz der BaFin ist, dass sie nicht mit den Unternehmen handelt. Details zum Settlement hat die BaFin in einem eigenen Merkblatt zusammengefasst, das hier abrufbar ist.

Was ist Marktteilnehmern also zu raten?

Vorsorge ist die beste Sorge – Finanzmarktunternehmen sollten sich um effiziente Compliance Regelungen bemühen und diese intern auch effektiv durchsetzen, um zu vermeiden, dass es überhaupt zu einem ahndungsbedürftigen Verstoß kommt. Ist es doch einmal soweit, ist man – wie meistens – gut beraten, mit der BaFin zu kooperieren und ein Settlement Verfahren anzustrengen. Denn die aktuellen Entwicklungen lassen erkennen, dass die BaFin den ihr vom Gesetzgeber zugedachten Rahmen der möglichen Bußgeldhöhe durchaus bereit ist auszuschöpfen.