AIFMD II: Freie Fahrt statt Hindernislauf beim grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU

Seit dem 1. August 2019 gilt die Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der OGAW-Richtlinie und der AIFM-Richtlinie (AIFMD II). Sie ist bis zum 2. August 2021 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen und dient dem Abbau von Hindernissen im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU. Flankiert werden die Regelungen der AIFMD II von der Verordnung (EU) 2019/1156 zur Erleichterung des grenzüberschreitendes Vertriebs von Fonds (VO 2019/1156). Diese gilt überwiegend bereits ab dem 1. August 2019, zum Teil, insbesondere die unmittelbar mit der AIFMD II korrespondierenden Regelungen, ab 2. August 2021. Als unmittelbar geltendes Recht bedarf sie keines nationalen Umsetzungsgesetzes.

In einer mehrteiligen Beitragsreihe wollen wir die Regelungen der AIFMD II und der VO 2019/1156 sowie deren Auswirkungen auf das deutsche Investmentrecht und die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) näher betrachten. Nachdem sich Teil 1 mit den grundsätzlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb sowie Erleichterungen und Vereinheitlichungen der Vertriebsvorgaben beschäftigt hat, konzentriert sich dieser zweite Teilauf den Widerruf von Vertriebsanzeigen, das Pre-Marketing und der zentralen ESMA-Datenbank zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb.

EU-weit einheitliches Verfahren zum Widerruf von Vertriebsanzeigen

Zum Einstieg eine kleine Wiederholung aus Teil 1: Damit ein Fonds in der EU vertrieben werden kann, muss er den europäischen Anforderungen entsprechen und seinen Sitz in der EU haben. Er benötigt eine entsprechende Zulassung in seinem Herkunftsmitgliedstaat (Produktpass). In jedem Mitgliedsstaat, in dem er vertrieben werden soll, ist zudem der dortigen zuständigen Aufsichtsbehörde der Vertrieb anzuzeigen (Vertriebsanzeige).

Hat die KVG kein Interesse mehr daran, einen EU-OGAW oder –AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat zu vertreiben, kann sie den Vertrieb bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates widerrufen. Hierzu regelt die AIFMD II für OGAW und AIF nunmehr ein einheitliches Verfahren.

Ein Widerruf des Vertriebs ist unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  • Pauschalangebot zum Rückkauf gegenüber den Anlegern für Anteile, die diese im Rahmen der bisherigen Vertriebstätigkeit erworben haben;
  • Bekanntmachung des Widerrufs und
  • Beendigung von Vertriebstätigkeit und sämtlichen Vertriebsvereinbarungen z.B. mit Vermittlern.

Das Verfahren des Vertriebswiderrufs entspricht in seinen Grundzügen der jetzigen Rechtslage. Die Widerrufsanzeige ist mit den oben genannten Informationen an die Aufsichtsbehörde seiner Herkunftsmitgliedstaates zu richten. Diese prüfen die Vollständigkeit der Widerrufsanzeige innerhalb einer Prüfungsfrist; nach erfolgreicher Prüfung leitet die Behörde die vollständige Widerrufsanzeige an die Behörden des Mitgliedstaats weiter, in dem der Vertrieb eingestellt werden soll. Gleichzeitig informiert sie entsprechend die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).

Aufbau einer zentralen ESMA Datenbanken zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb

Nach den Regelungen der VO 2019/1156 soll die ESMA spätestens Anfang 2022 eine zentrale Datenbank für den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb zur Verfügung stellen. Darin soll jeder OGAW und jeder AIF, der grenzüberschreitend vertrieben wird, sowie jedes Vertriebsland aufgeführt werden. Die Datenbank wird  regelmäßig aktualisiert werden. Wird die ESMA von einer nationalen Aufsichtsbehörde über den Widerruf einer Vertriebsanzeige informiert, passt sie die Datenbank entsprechend an.

Vor diesem Hintergrund werden die nationalen Aufsichtsbehörden entsprechend verpflichtet, der ESMA alle für die Datenbank erforderlichen Informationen vierteljährlich über ein elektronisches Portal zur Verfügung zu stellen.

Die zentrale Datenbank zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb soll durch die Veröffentlichung von nationalen Regelungen zu den Gebühren, die von der jeweiligen Aufsichtsbehörde gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die ihre Fonds grenzüberschreitend vertreibt, erhoben werden, ergänzt werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden müssen der ESMA dazu entsprechende Links übermitteln, die von der ESMA spätestens Anfang 2022 auf ihrer Homepage veröffentlicht werden.

Pre-Marketing von AIF

Auch das sog. Pre-Marketing wird von der AIFMD II einheitlich geregelt. Wie in Teil 1 der Beitragsreihe bereits erläutert, benötigen KVGen bzw. die von ihnen beauftragten zum Vertrieb (Marketing) ihrer Fonds eine entsprechende Erlaubnis. Hat die KVG oder der Vermittler einmal in einem EU-Land eine entsprechend Erlaubnis erhalten, kann von ihr auch in anderen EU-Ländern im Wege des sog. EU-Passporting Gebrauch gemacht werden.

Wenn ein Fondsmanager (ohne EU-Pass) aber einen Markt in einem anderen EU-Mitgliedstaat erst einmal testen und herausfinden möchte, ob Interesse an seinen Produkten besteht, sind Pre-Marketing Tätigkeiten ein geeignetes Mittel. Problematisch daran ist, dass der Begriff nicht in allen Mitgliedstaaten gleich streng definiert und reguliert ist. In einigen Mitgliedsstaaten (etwa in Luxemburg) sind Pre-Marketingtätigkeiten noch nicht vom eigentlichen Vertrieb erfasst und daher – je nach Ausgestaltung – möglich, ohne dass bereits eine Erlaubnis erforderlich ist. Andere EU-Mitgliedstaaten (wie Deutschland) sind wesentlich strenger und fassen u.U. unter Vertrieb auch Pre-Marketing-Tätigkeiten. Durch die AIFMD II wird das Pre-Marketing nunmehr durch eine Definition und eine Negativliste einheitlich geregelt. Wenn die Pre-Marketing Tätigkeit die genannten Merkmale nicht enthält, liegt keine regulierte Tätigkeit vor, d.h. eine Erlaubnis ist nicht erforderlich. Die Regelungen der AIFMD II ändern die deutsche Verwaltungspraxis der BaFin nicht. Danach wird beim Vertrieb von Fonds u.a. dann keine Erlaubnispflicht ausgelöst, wenn der Investmentfonds noch nicht aufgelegt ist, d.h. noch kein Investor den Fonds gezeichnet hat, und die Unterlagen noch nicht angebotsreif sind. Weitere Einzelheiten zum Pre-Marketing haben wir bereits in einem früheren Blogbeitrag veröffentlicht.

Ausblick auf Teil 3                               

Der dritte und letzte Teil der Beitragsreihe wird die Regelungen der AIFMD II zu Werbung im Rahmen des grenzüberschreitenden Fondsvertriebs näher beleuchten sowie ein allgemeines Fazit zur AIFMD II und den Erleichterungen beim grenzüberschreitenden Fondsvertrieb ziehen

FCA-Umfrage für befristetes Genehmigungsverfahren im Fall von Brexit

Die Financial Conduct Authority (FCA) hat eine Umfrage gestartet, die sich an Unternehmen richtet, die derzeit mit einem Europäischen Pass Zugang zum britischen Finanzmarkt haben. Für den Fall, dass Großbritannien durch Brexit nicht mehr Teil des europäischen Binnenmarktes ist, entfallen auch die Vorteile des EU-Passes. Derzeit kann ein Unternehmen, das in einem EU-Mitgliedstaat eine Lizenz von der zuständigen Finanzaufsicht erhalten hat, diese Lizenz im Wege eines einfachen Anzeigeverfahrens in allen anderen EU-Mitgliedstaaten nutzen, ohne weitere Lizenzverfahren in den anderen EU-Mitgliedstaaten durchlaufen zu müssen. Dadurch erhält ein reguliertes Unternehmen relativ leicht Zugang zu den nationalen Finanzmärkten innerhalb der EU.

Fällt der EU-Pass weg, haben auch Finanzdienstleister, die derzeit in UK nur über einen solchen tätig sind, nicht mehr ohne weiteres Zugang zum britischen Finanzmarkt. Die Konsequenz wäre, dass solche Unternehmen dann bei der FCA ein volles Genehmigungsverfahren durchführen müssten, um ihre Finanzdienstleistungen weiterhin auf dem britischen Markt anbieten zu können.

Die britische Regierung hat für solche Unternehmen für eine Übergangszeit ein befristetes Genehmigungsverfahren in Aussicht gestellt. Die FCA möchte nun bis zum 11. Mai 2018 herausfinden, ob Unternehmen, die derzeit mit einem EU-Pass Zugang zum britischen Markt haben, diesen Zugang im Fall von Brexit beibehalten möchten. Die Umfrage dient u.a. der Gestaltung eines befristeten Genehmigungsverfahrens und der leichteren Abstimmung mit den entsprechenden Marktteilnehmern. Die Prudential Regulation Authority (PRA), die vor allem über Banken und Versicherungen die Aufsicht innehat, hat bereits Ende letzten Jahres eine ähnliche Umfrage in den Reihen der internationalen Banken gestartet.

Es ist allerdings zu erwarten, dass im Fall eines harten Brexits nach einer gewissen Übergangszeit von solchen Unternehmen, die von der Umfrage angesprochen werden, auch ein volles Genehmigungsverfahren verlangt wird.

FinTech Action Plan and EBA Road Map: Part 2

Part 2: Further Guidance through EBA’s FinTech Roadmap

On 15 March 2018 EBA published its FinTech Roadmap which bridges the dichotomy between consumer protection and stability of the financial system through cybersecurity on the one hand and the support for financial innovation on the other hand. It becomes clear that EBA recognises the benefits of the innovative developments for the Single Market, which include enhancing consumer experience, cost efficiency for consumers and service providers and the need to support growth.

A harmonised regulatory framework for new technologies in the financial markets is needed. A provider of an innovative idea using new financial technologies might want to test his idea in the market. He will face different challenges in countries with regulatory sandboxes compared to countries where a inflexible regulatory regime applies. A regulatory sandbox would allow the provider to offer his idea to a certain amount of potential clients for a limited period of time without the application of the whole compliance, license and capital requirements. During this time he can assess if his innovative approach is worth the investment of full regulatory compliance. In countries where the regulatory regime applies from day one when the first client is approached and on boarded, the investment of the provider is much higher. This might in turn prevent financial innovations since the hurdle to become a (regulated) market player is quite high.

EBA did not provide a practical briefing for establishing consistent regulatory sandboxes in its Roadmap. It only announced that further analysis of already established sandboxes (as e.g. in the UK, in Singapore and in Australia) will be undertaken. EBA figures that by the end of 2018 best practice guidelines for regulatory sandboxes will be issued.

Until then the German regulator BaFin will impose the classical regulatory regime drafted for traditional players on the innovative developers of the financial markets, paired with a warning to consumers regarding the risk of buying virtual currency due to a lack of statutory consumer protection. So far BaFin published some generic guidance on its regulatory assessment of ICOs, but emphasised that a case-by-case evaluation will be inevitable. For other financial innovations such as for example crowd-funding platforms, it took more than two years until regulation on a national level complemented by BaFin’s administrative practice was established.

A comprehensive and harmonised regulatory framework which leaves room for innovation is essential for a growing and competitive Single Market. Hopefully, EBA’s planned FinTech Knowledge Hub, which will facilitate the exchange of information between regulators, innovators and technology providers, will add to this understanding. Up to now EBA did not provide concrete guidance for new market players. To be fair on the national regulators, without any leeway by the legislators there is not much room to ease the burden of the current regulation for new technologies through an administrative practice alone. Throughout 2018 at least, FinTechs will thrive in countries with a flexible regulatory approach that is backed by the relevant regulator.

FinTech Action Plan and EBA Road Map: Part 1

Part 1: The European Commission’s Action Plan on FinTech

Currently, supervisors in the EU member states take different approaches in dealing with FinTech Start-ups and apply non-harmonised regulatory rules regarding authorisation or registration regimes and compliance. The European Commission’s newest political statement on financial innovation aims at a harmonised market.

On 8 March 2018 the European Commission published its Action Plan on FinTech and laid out its support of innovative business models and new technologies in the financial sector. In addition to ensuring a high level of consumer and investor protection and increasing cybersecurity, the Action Plan also proposes a regulatory framework throughout the Single Market.

Given that new and innovative financial services do not always easily fit under the existing EU regulatory framework, the Action Plan sketches the outlines of a comprehensive European passporting regime for European investment-based and lending-based crowdfunding service providers (ECSP). It also promotes the idea of regulatory sandboxes as a controlled space to test innovative FinTech solutions for a limited period of time and on a limited scale in coordination with the competent authority.

The Commission will host an EU FinTech Lab in Q2 this year where regulators can learn and understand from technology solution providers in a non-commercial space how their new technologies are applied to the financial sector and what regulatory concerns may exist. This is a sensible idea to ensure the regulators’ understanding and the market applicability of new technology in a neutral, constructive setting.

The Action Plan gives some hope that the EU will be a market where innovative FinTech business models can develop on a harmonised basis overcoming diverging regulatory burdens. Yet, it remains to be seen if the awaited guidance of the European authorities thereon will transfer the political vision into a practical and innovation supportive approach.

Grenzüberschreitender Vertrieb von Fonds – Harmonisierung von Vorab-Marketing-Tätigkeiten

Für die Erbringung von Finanzdienstleistungen ist in Europa eine entsprechende Erlaubnis erforderlich. Dabei können auch Marketingaktivitäten unter Umständen bereits als Finanzdienstleistungen angesehen werden. Problematisch kann das dann werden, wenn ein Fondsmanager seine Investmentfonds grenzüberschreitend in einem anderen EU-Mitgliedstaat vermarkten möchte und damit seinen Heimat-Mitgliedstaat verlässt. Das ist grundsätzlich leicht möglich mit einem EU-Pass für den Vertrieb von Investmentfonds.

Wenn ein Fondsmanager ohne EU-Pass aber einen Markt in einem anderen EU-Mitgliedstaat erst einmal testen und herausfinden möchte, ob Interesse an seinen Produkten besteht, sind Vorab-Marketingtätigkeiten ein geeignetes Mittel. Die AIFMD[1] benutzt bisher nur den Begriff „Marketing“ als regulierte Tätigkeit und unterscheidet insoweit nicht hinsichtlich Pre-Marketings. In einigen Mitgliedsstaaten (etwa in Luxemburg) sind Vorab-Marketingtätigkeiten noch nicht vom eigentlichen Marketing erfasst und daher – je nach Ausgestaltung – möglich, ohne dass bereits eine Erlaubnis erforderlich ist. Andere EU-Mitgliedstaaten (wie Deutschland) sind wesentlich strenger und fassen u.U. unter Marketing auch Vorab-Marketing-Tätigkeiten.

Um das Interesse der Investoren schon zu einem frühen Zeitpunkt testen zu können, sollen jetzt einheitliche Regelungen für Vorab-Marketing-Tätigkeiten von EU-Fondsmanagern (AIFM) innerhalb des Binnenmarktes eingeführt werden, die dann auch grenzüberschreitend einen einheitlichen Standard setzen werden. Dazu hat die EU-Kommission am 12. März 2018 den Entwurf einer Verordnung[2] und einer korrespondierenden Richtlinie[3] veröffentlicht, durch die der grenzüberschreitende Vertrieb von Fonds erleichtert und kostengünstiger werden soll.

Der Richtlinienentwurf sieht etwa in einem neuen Art. 30a der zu ergänzenden AIFMD eine Definition von Pre-Marketing vor, die eine Negativliste enthält. Wenn die Vorab-Marketing Tätigkeit die genannten Merkmale nicht enthält, liegt keine regulierte Tätigkeit vor, d.h. eine Erlaubnis ist nicht erforderlich. Der neue Vorschlag ändert die deutsche Praxis nicht. In der Verwaltungspraxis der BaFin wird beim Vertrieb von Fonds u.a. dann keine Erlaubnispflicht ausgelöst, wenn der Investmentfonds noch nicht aufgelegt ist, d.h. noch kein Investor den Fonds gezeichnet hat, und die Unterlagen noch nicht angebotsreif sind. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Anlagebedingungen noch zu verhandelnde Lücken aufweisen und auch der Name des Fonds noch nicht feststeht.

Die Entwürfe der Kommission zur Vereinfachung des grenzüberschreitenden Pre-Marketings, die entsprechend auch die EuVECA- und EuSEF-Verordnungen[4] anpassen werden, sind ein wichtiger Schritt hin zur Vereinheitlichung des Fondsmarketings in der EU und zum Abbau von regulatorischen Schranken innerhalb des Binnenmarktes. Ob die Reichweite allerdings so groß sein wird wie erhofft, erscheint fraglich, da der EU-Vertriebspass für Fondsmanager unangefochten die einfachste und leichteste Möglichkeit bleiben wird, Investmentfonds im Binnenmarkt zu vertreiben und zu vermarkten.

Stichworte: grenzüberschreitender Vertrieb, Vertrieb von Investmentfonds, BaFin, Harmonisierung des Binnenmarkts, EU Kommission, EU-Pass

[1] Richtlinie 2011/61/EU

[2] Proposal for a Regulation on facilitating cross-border distribution of collective investment funds and amending Regulations (EU) No 345/2013 and (EU) No 346/2013, COM(2018) 110 final.

[3] Proposal for a Directive amending Directive 2009/65/EC and Directive 2011/61/EU with regard to cross-border distribution of collective investment funds, COM(2018) 92 final.

[4] Verordnung (EU) No. 345/2013 und Verordnung (EU) No. 346/2013.