Update zur Transparenzverordnung: Level 2-Maßnahmen zu nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten veröffentlicht

Ab dem 10. März diesen Jahres muss die neue Transparenzverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR) von Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern umgesetzt werden. Anleger, die in nachhaltige Finanzprodukte investieren, sollen zukünftig besser informiert werden. Die SFDR beinhaltet die Pflicht zur Offenlegung der wichtigsten nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen von Anlageentscheidungen sowie Transparenzpflichten bzgl. nachhaltigkeitsbezogener Finanzprodukte, die von Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern vertrieben werden. Über das Pflichtenprogramm der SFDR haben wir bereits hier ausführlich berichtet. Für einen schnellen Überblick ist auch die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) jüngst veröffentlichte Übersichtstabelle zur SFDR nützlich.

Anfang Februar diesen Jahres haben die Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESAs, also ESMA EBA und EIOPA) nun ihren finalen Bericht zu den von ihnen erarbeiteten technischen Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards – RTS) veröffentlicht. Darin werden die Anforderungen der SFDR konkretisiert und definiert, welche Inhalte zu ESG-Standards offengelegt werden müssen, mit welcher Methodik dies geschehen soll und wie sie dargestellt werden. Zudem werden zahlreiche Templates bereitgestellt, die von den Marktteilnehmern zur Erfüllung ihrer Transparenzpflichten genutzt werden können; dies sollte die Umsetzung zumindest in Teilen erleichtern.

Die RTS sollen voraussichtlich ab 01. Januar 2022 gelten. Bereits ab dem 10. März sind aber die Transparenzpflichten der SFDR von Finanzmarkteilnehmern und -beratern umzusetzen. Bis zum Inkrafttreten der RTS sollten sich die Unternehmen nach Ansicht der BaFin daher bei der Umsetzung an den RTS orientieren. Zur Ergänzung der Level 2- RTS wird erwartet, dass es von den ESAs wahrscheinlich in Q3/Q4 2021 Level 3-Guidance geben wird. 

Die RTS werden bei der Umsetzung sicher helfen, doch zeigen sie auch deutlich, welche Informationen zu jedem Finanzprodukt in Zukunft zur Verfügung stehen muss. Und das geht weit über die bisherigen Informationen hinaus und erfordert einen hohen Umsetzungsbedarf. In der Praxis wird eine reine Orientierung an den RTS auch alles sein, was die Institute derzeit leisten können.

Passend dazu hat die BaFin Anfang Februar auch einen aktuellen Überblick zum Thema nachhaltige Finanzwirtschaft veröffentlicht Darin beleuchtet sie die aktuellen Entwicklungen beim Thema Nachhaltigkeit auch außerhalb des Finanzsektors und bezieht aktuelle Entwicklungen wie die Coronakrise mit ein.  

Going green – now! Ein Überblick über die EU-Taxonomie Verordnung

Die Agenda 2030, der EU Green Deal, das Pariser Klimaabkommen, der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums; die EU meint es ernst mit dem Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und die vorangestellte Liste ließe sich erweitern. Vor allem um die sog. Taxonomie Verordnung, die im Juli 2020 in Kraft getreten ist und erstmals EU-weit einheitlich definiert, was unter Nachhaltigkeit eigentlich zu verstehen ist.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Hintergründe, den Inhalt und die Adressaten der Taxonomie Verordnung.

Die Taxonomie Verordnung als Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU

Alle oben aufgezählten Abkommen ist gemein: sie dienen dem großen Ziel, die EU als ersten Wirtschaftsraum bis 2050 nachhaltig und vor allem klimaneutral zu gestalten. Diese Entwicklung besteht aus drei wesentlichen Dimensionen: die ökologische, die soziale und die wirtschaftliche (Environment, Social, Governance – ESG).

Ein wesentlicher Punkt zur Erreichung dieses Ziels ist die Anpassung des Finanzsystems hin zu einem nachhaltigen Finanzwesen. Insbesondere müssen zur Erreichung dieses Ziels Kapitalflüsse von Investoren hin zu nachhaltigen Investitionen und Finanzprodukten gelenkt werden. Das ist ein wesentlicher Baustein, um nachhaltiges Wachstum schaffen und Klimaneutralität erreichen zu können.

Hier kommt die Taxonomie-Verordnung ins Spiel. Denn um dieses Zeil zu erreichen, ist eine EU-weit einheitliche Definition darüber, was Nachhaltigkeit überhaupt bedeutet, nötig. Die Taxonomie-Verordnung liefert nun erstmals eine Definition, was in der EU als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit einzustufen ist. Würde jeder Mitgliedstaat selbst bestimmen, welche Investition als nachhaltig eingestuft wird, würden ganz unterschiedliche Kriterien verwendet werden. Grenzüberschreitende Investitionen würden erschwert, da der Anleger immer vergleichen müsste, was Nachhaltigkeit wo bedeutet. Zum anderen wären aber auch Marktteilnehmer belastet, da sie, wollen sie nachhaltige Finanzprodukte vermarkten, in unterschiedlichen Mitgliedstaaten unterschiedliche Kriterien erfüllen müssten. Ein Flickenteppich wäre die Folge.

Definition einer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit

Wann eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den Regelungen der Taxonomie-Verordnung anhand vier Kriterien:

  • Wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung eines Umweltziels
    Das sind: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme.
  • Keine erhebliche Beeinträchtigung eines Umweltziels,
  • Einhaltung internationaler sozialer und arbeitsrechtlicher Standards 
  • Einhaltung der technischen Standards, die von der Kommission festgelegt werden

Entwicklung technischer Regulierungsstandards

Um die Anforderungen dieser Kriterien zu konkretisieren, wird die EU-Kommission zahlreiche sog. technische Regulierungsstandards (RTS) erlassen, die die Anwendung und Umsetzung der Taxonomie-Verordnung vereinfachten werden. Dazu ein konkretes Beispiel:

Nach obigen Kriterien ist eine Wirtschaftstätigkeit u.a. dann ökologisch nahhaltig, wenn sie dem Klimaschutz dient. Das ist nach der Taxonomie-Verordnung z.B. der Fall, wenn sie durch die Speicherung erneuerbarer Energien wesentlich dazu beiträgt, etwa Treibhausgase zu reduzieren. Um das konkret bestimmen zu können, braucht es technische Bewertungskriterien bzgl. der Treibhausgasreduktion durch Energiespeicherung, die in den RTS konkret ausgearbeitet sein werden.

RTS zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sollen bereits Ende diesen Jahres durch die Kommission vorgelegt werden und Anfang 2022 Anwendung finden. Für die übrigen Umweltziele sind RTS bis Ende 2021 geplant, die dann ab 2023 anwendbar wären.

Bei der Ausarbeitung dieser RTS wird die Kommission von Experten und Sachverständigen unterstützt werden. Erste Entwürfe dieser Expertengruppe zu dem Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel liegen bereits vor und können hier abgerufen werden.

Transparenzpflichten

Neben der Definition einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit enthält die Taxonomie-Verordnung auch Transparenzpflichten. Diese ergänzen die Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor der sog. Transparenzverordnung, worüber wir bereits gebloggt haben.

Für wen gilt die Taxonomie-Verordnung und ab wann?

 

Die Taxonomie-Verordnung gilt für

  • von den Mitgliedsstaaten oder der EU verabschiedete Maßnahmen zur Festlegung von Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten im Zusammenhang mit Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen, die als ökologisch nachhaltig bereitgestellt werden;
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen;
  • Unternehmen, für die die Verpflichtung gilt, eine nichtfinanzielle Erklärung oder eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung zu veröffentlichen.

Die Taxonomie-Verordnung ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. Regelungen zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel werden ab 2022 gelten, die Regelungen zu den übrigen Klimazielen nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme ab 2023. Dann gelten auch die jeweiligen, die Verordnung flankierenden RTS.

Fazit

Die Taxonomie-Verordnung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft und einer klimaneutralen EU. Nur mit einer EU-weit einheitlichen Definition, was unter einem nachhaltigen Investment zu verstehen ist, wird das Anlegervertrauen in als nachhaltig beworbene Finanzprodukte gestärkt und der Anleger kann sicher sein, dass er auch Nachhaltigkeit bekommt, wo Nachhaltigkeit drauf steht. Dieses Anlegervertrauen wird letztlich die Hinführung von Kapitalflüsse zu nachhaltigen Investition erreichen, die auf dem Weg zur Klimaneutralität unerlässlich sind.