Die Agenda 2030, der EU Green Deal, das Pariser Klimaabkommen, der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums; die EU meint es ernst mit dem Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und die vorangestellte Liste ließe sich erweitern. Vor allem um die sog. Taxonomie Verordnung, die im Juli 2020 in Kraft getreten ist und erstmals EU-weit einheitlich definiert, was unter Nachhaltigkeit eigentlich zu verstehen ist.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Hintergründe, den Inhalt und die Adressaten der Taxonomie Verordnung.
Die Taxonomie Verordnung als Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU
Alle oben aufgezählten Abkommen ist gemein: sie dienen dem großen Ziel, die EU als ersten Wirtschaftsraum bis 2050 nachhaltig und vor allem klimaneutral zu gestalten. Diese Entwicklung besteht aus drei wesentlichen Dimensionen: die ökologische, die soziale und die wirtschaftliche (Environment, Social, Governance – ESG).
Ein wesentlicher Punkt zur Erreichung dieses Ziels ist die Anpassung des Finanzsystems hin zu einem nachhaltigen Finanzwesen. Insbesondere müssen zur Erreichung dieses Ziels Kapitalflüsse von Investoren hin zu nachhaltigen Investitionen und Finanzprodukten gelenkt werden. Das ist ein wesentlicher Baustein, um nachhaltiges Wachstum schaffen und Klimaneutralität erreichen zu können.
Hier kommt die Taxonomie-Verordnung ins Spiel. Denn um dieses Zeil zu erreichen, ist eine EU-weit einheitliche Definition darüber, was Nachhaltigkeit überhaupt bedeutet, nötig. Die Taxonomie-Verordnung liefert nun erstmals eine Definition, was in der EU als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit einzustufen ist. Würde jeder Mitgliedstaat selbst bestimmen, welche Investition als nachhaltig eingestuft wird, würden ganz unterschiedliche Kriterien verwendet werden. Grenzüberschreitende Investitionen würden erschwert, da der Anleger immer vergleichen müsste, was Nachhaltigkeit wo bedeutet. Zum anderen wären aber auch Marktteilnehmer belastet, da sie, wollen sie nachhaltige Finanzprodukte vermarkten, in unterschiedlichen Mitgliedstaaten unterschiedliche Kriterien erfüllen müssten. Ein Flickenteppich wäre die Folge.
Definition einer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit
Wann eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den Regelungen der Taxonomie-Verordnung anhand vier Kriterien:
- Wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung eines Umweltziels
Das sind: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme.
- Keine erhebliche Beeinträchtigung eines Umweltziels,
- Einhaltung internationaler sozialer und arbeitsrechtlicher Standards
- Einhaltung der technischen Standards, die von der Kommission festgelegt werden
Entwicklung technischer Regulierungsstandards
Um die Anforderungen dieser Kriterien zu konkretisieren, wird die EU-Kommission zahlreiche sog. technische Regulierungsstandards (RTS) erlassen, die die Anwendung und Umsetzung der Taxonomie-Verordnung vereinfachten werden. Dazu ein konkretes Beispiel:
Nach obigen Kriterien ist eine Wirtschaftstätigkeit u.a. dann ökologisch nahhaltig, wenn sie dem Klimaschutz dient. Das ist nach der Taxonomie-Verordnung z.B. der Fall, wenn sie durch die Speicherung erneuerbarer Energien wesentlich dazu beiträgt, etwa Treibhausgase zu reduzieren. Um das konkret bestimmen zu können, braucht es technische Bewertungskriterien bzgl. der Treibhausgasreduktion durch Energiespeicherung, die in den RTS konkret ausgearbeitet sein werden.
RTS zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sollen bereits Ende diesen Jahres durch die Kommission vorgelegt werden und Anfang 2022 Anwendung finden. Für die übrigen Umweltziele sind RTS bis Ende 2021 geplant, die dann ab 2023 anwendbar wären.
Bei der Ausarbeitung dieser RTS wird die Kommission von Experten und Sachverständigen unterstützt werden. Erste Entwürfe dieser Expertengruppe zu dem Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel liegen bereits vor und können hier abgerufen werden.
Transparenzpflichten
Neben der Definition einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit enthält die Taxonomie-Verordnung auch Transparenzpflichten. Diese ergänzen die Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor der sog. Transparenzverordnung, worüber wir bereits gebloggt haben.
Für wen gilt die Taxonomie-Verordnung und ab wann?
Die Taxonomie-Verordnung gilt für
- von den Mitgliedsstaaten oder der EU verabschiedete Maßnahmen zur Festlegung von Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten im Zusammenhang mit Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen, die als ökologisch nachhaltig bereitgestellt werden;
- Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen;
- Unternehmen, für die die Verpflichtung gilt, eine nichtfinanzielle Erklärung oder eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung zu veröffentlichen.
Die Taxonomie-Verordnung ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. Regelungen zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel werden ab 2022 gelten, die Regelungen zu den übrigen Klimazielen nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme ab 2023. Dann gelten auch die jeweiligen, die Verordnung flankierenden RTS.
Fazit
Die Taxonomie-Verordnung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft und einer klimaneutralen EU. Nur mit einer EU-weit einheitlichen Definition, was unter einem nachhaltigen Investment zu verstehen ist, wird das Anlegervertrauen in als nachhaltig beworbene Finanzprodukte gestärkt und der Anleger kann sicher sein, dass er auch Nachhaltigkeit bekommt, wo Nachhaltigkeit drauf steht. Dieses Anlegervertrauen wird letztlich die Hinführung von Kapitalflüsse zu nachhaltigen Investition erreichen, die auf dem Weg zur Klimaneutralität unerlässlich sind.