Kontoinformationsdienste und Finanztransfergeschäft – BaFin aktualisiert ihre Verwaltungspraxis zum ZAG

Mitte Februar hat die BaFin das Merkblatt zum ZAG und mithin ihre Verwaltungspraxis aktualisiert. Für die Praxis erfreuliche Klarstellungen hat sie insbesondere zu Kontoinformationsdiensten (Account Information Services – AIS) und dem Finanztransfergeschäft aufgenommen. Darauf wollen wir einen genaueren Blick werfen.

AIS nur mit Kundencredentials

AIS sind Online-Dienste zur Mitteilung konsolidierter Informationen über ein Zahlungskonto des AIS-Nutzers, das er bei seiner Bank führt. Allgemein bekannt sind z.B. Apps, mit denen man als Kontoinhaberin z.B. monatliche Ausgaben in verschiedene Kategorien, z.B. Versicherungen, Lebensmittel etc., einteilen und graphisch aufbereitet darstellen lassen kann.

Sehr zu begrüßen ist, dass die BaFin nun ausdrücklich klarstellt, dass AIS nur erbracht werden, wenn der Zahlungsdienstleister vom Kunden dessen Kontozugangsdaten (sog. Credentials, z.B. PIN, TAN) erhält und mit diesen auf das Konto des Kunden zugreifen kann. Nicht als AIS zu qualifizieren sind daher Dienste, bei denen dem Kunden zwar (weiterverarbeitete) Kontoinformationen zur Verfügung gestellt werden, der Kontozugriff aber nicht mittels der Kundencredentials erfolgt. Keine AIS sind daher Dienstleistungen, bei denen der Kontozugriff des Dienstleisters aufgrund einer Vollmacht erfolgt, auf deren Grundlage er vom kontoführenden Institut des Kunden eigene Credentials für den Kontozugriff erhält. In diesen Fällen kann der Kontoinhaber sein Schutzbedürfnis hinsichtlich eines nicht ausufernden Zugriffs auf sein Konto bereits mit der von ihm erteilten Vollmacht regeln und braucht nicht den Schutz einer ZAG-Regulierung.

Für den klassischen AIS, der sich an eine Vielzahl von Kunden richtet und häufig via App zur Verfügung gestellt wird, wird die Vollmachtslösung aber weiterhin keine Option sein. Der Anwendungsbereich des erlaubnispflichtigen AIS wird durch die Klarstellung der BaFin daher nicht kleiner werden. Der Grund ist schlicht, dass für klassische AIS via App individuelle Kontovollmachten von einer Vielzahl von Nutzern schlicht nicht praktikabel sind. Zudem ist äußert fraglich, ob der klassische AIS-App Nutzer dem Dienstleister eigene Zugangscredentials auf sein Konto einräumen würde. Die Vollmacht wird daher weiterhin nur eine Lösung für individuellere Dienstleistungen sein, bei denen nur wenigen, ausgewählten Personen Zugriff auf das Konto gewährt werden soll.

Auch beim Finanztransfergeschäft gibt es eine Vollmachtslösung…

Beim Finanztransfergeschäft wird der Zahlungsdienstleister als Bote für Zahlungen zwischen Zahler und Zahlungsempfänger tätig; die Gelder fließen in der Regel über ein Treuhandkonto des Dienstleisters, der damit Zugriff auf für ihn rechtlich fremde Gelder erhält. Das Finanztransfergeschäft ist ein Zahlungsdienst, bei dem der Zahlungsdienstleister selbst kein Zahlungskonto für seinen Kunden führt.

Erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft wird auch dann schon erbracht, wenn der Zahlungsdienstleister an ein Konto des Kunden (nur) anknüpft, das dieser bei seiner Bank führt, etwa, indem er sich eine entsprechende Vollmacht einräumen lässt. Durch die Nutzung der Vollmacht erhält der Zahlungsdienstleister eigenständige Befugnisse für Geldtransfers und damit Zugriff auf fremde Gelder, was ein ureigenes Merkmal des Finanztransfergeschäfts ist.

Ist die Vollmacht aber eng genug ausgestaltet und werden damit die Zugriffsrechte des Zahlungsdienstleisters eingeschränkt, besteht, ähnlich wie im Rahmen der AIS, kein aufsichtsrechtliches Schutzbedürfnis. Die BaFin geht von einer ausreichend engen Vollmacht aus, wenn sie bedingungslos und jederzeit widerruflich ist, die Verfügungsmacht des Kontoinhabers über sein Konto unbeschränkt bleibt, konkret die vom Dienstleister zu erbringengen, zahlungsbezogenen Dienstleistungen benennt und offenkundig kein geldwäscherechtliches Risiko besteht.

Die Verwaltungspraxis der BaFin sollte aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei einer Vollmachtslösung nie erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft erbracht werden kann. Umgehungen des erlaubnispflichtigen Finanztransfergeschäfts über die Vollmachtslösung beugt die BaFin vor, indem sie weiterhin prüft, ob wirtschaftlich ein Bezahlverfahren etabliert wird. Ist das der Fall, wird, trotz Vollmachtslösung, Finanztransfergeschäft erbracht; es besteht weiterhin ein Aufsichtsbedürfnis.

… und eine Klarstellung zum Umfang der Inkasso-Ausnahme

Schließlich ist es sehr zu begrüßen, dass die BaFin wieder ausführlicher ihr Verständnis der sog. Inkasso-Ausnahme in ihr Merkblatt aufnimmt. Die Inkassotätigkeit ist im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) definiert als die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Dafür ist eine Registrierung unter dem RDG erforderlich. Weil ein Forderungseinzug je nach konkreter Ausgestaltung der Tätigkeit grundsätzlich auch ein Zahlungsdienst im Sinne des ZAG darstellen kann, bestand hier schon immer das Erfordernis einer Einzelfallprüfung, ob die konkrete Tätigkeit (auch) eine ZAG-Erlaubnis erfordert.

Bereits in ihrem ZAG-Merkblatt unter der PSD1 hatte die BaFin ausgeführt, dass nur bestimmte Inkassotätigkeiten kein Finanztransfergeschäft darstellen sollen. Das galt insbesondere für die Beitreibung von Forderungen in Form von Mahn- und Vollstreckungsaktivitäten sowie der gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen. Implizit galt damit auch schon unter der PSD1, dass nur die Beitreibung zahlungsgestörter Forderungen (nur für diese ist z.B. ein Mahn- und Vollstreckungsverfahren überhaupt notwendig) kein Finanztransfergeschäft darstellt. Im bisherigen Merkblatt zum ZAG unter der PSD2 war dann auch nur noch ein kurzer Hinweis enthalten, dass nur die Eintreibung nicht bezahlter, also zahlungsgestörter Forderungen kein Zahlungsdienst darstellt. Diese Verkürzung hat leider teilweise zu dem Missverständnis geführt, dass bei sämtlichen, wie auch immer gestalteten Tätigkeiten der Forderungseintreibung (Inkasso) kein Zahlungsdienst und insbesondere kein Finanztransfergeschäft vorliegen kann und eine ZAG-Erlaubnis von vornherein ausscheidet.

Nun stellt die BaFin wieder ausdrücklich klar, dass nur Inkassotätigkeiten bzgl. zahlungsgestörter Forderungen, also Mahn- und Vollstreckungsaktivitäten sowie die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen, keinen Zahlungsdienst darstellen. Bei Geschäftstätigkeiten, die umfangreicher in die Forderungsabwicklung eingebunden sind, sich etwa um die Abwicklung schlicht rechtzeitig bezahlter Forderungen kümmern, ist weiterhin zu prüfen, ob im Einzelfall eine ZAG-Erlaubnis erforderlich ist.

Fazit

AIS und Finanztransfergeschäft sind Zahlungsdienste, die häufiger mal unbemerkt in Geschäftsmodellen von Dienstleistern „versteckt liegen“, die sich selbst gar nicht als Zahlungsdienstleister verstehen, deren Serviceleistung aber z.B. einen Kontozugriff oder die Abwicklung von Zahlungen beinhaltet.  Die BaFin zeigt mit ihren Aktualisierungen nun deutlich den Rahmen für erlaubnispflichtige AIS und erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft auf und trägt damit zu mehr Rechtsverständnis und -klarheit bei der aufsichtsrechtlichen Einordnung von Geschäftsmodellen bei.

Die neue EU-Regulierung für Schwarmfinanzierungsdienstleister Teil 1: Wen trifft die neue Regulierung?

Ende Oktober 2020 wurde die Verordnung über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie gilt ohne Umsetzungsgesetz unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat ab dem 10. November 2021. Mit der Verordnung werden Schwarmfinanzierungsdienstleister erstmals einheitlich in der EU reguliert.

In einer zweiteiligen Beitragsreihe wollen wir näher betrachten, was Schwarmfinanzierung und Schwarmfinanzierungsdienstleister überhaupt sind, wie die bisherige Rechtslage in Deutschland aussieht und was die wesentlichen Inhalte der neuen Verordnung sind.

Schwarmfinanzierung – was ist das?

Schwarmfinanzierung bezeichnet eine Finanzierungsform, bei der eine Vielzahl von (privaten) Geldgebern ein konkretes Projekt oder Unternehmen, in der Regel mit jeweils eher geringeren Beträgen, finanziert. Erfolgt die Finanzierung über die Gewährung eines Kredits, spricht man von Crowdlending. Erfolgt das Investment hingegen über sonstige Anlagen, spricht man von Crowdinvesting. Die Anleger erhalten für das Investment z.B. einen festen Zinssatz oder werden über einen erfolgsabhängigen Zinssatz an zukünftigen Gewinnen des finanzierten Projekts beteiligt. Bei den kapitalsuchenden Unternehmen handelt es sich in der Regel um kleine und mittelgroße Unternehmen, häufig auch Start-ups, die sich so auf relativ unkomplizierte und schnelle Weise mit Kapital ausstatten können. Die Alternative für diese Unternehmen wäre eine klassische Fremdkapitalaufnahme bei Banken oder das Einsammeln von Kapital z.B. im Wege von Anleihen, womit aber häufig eine mit relativ hohen Kosten verbundene Prospektpflicht einhergeht. Anleger und kapitalsuchende Unternehmen finden in der Regel über Internet-Dienstleistungsplattformen zusammen, über die die Einsammlung der Gelder erfolgt. Die Internetplattform ist der Schwarmfinanzierungsdienstleiter.

Bisherige Rechtslage – Erlaubnis- und Prospektpflicht?

Der Plattformbetreiber wird in der Regel einer finanzaufsichtlichen Erlaubnis bedürfen. Welche Erlaubnis konkret erforderlich ist, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell im Einzelfall ab. In Betracht wird häufig eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) kommen. Möglich ist aber auch einer Erlaubnis nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) oder der Gewerbeordnung (GewO). Je nach Ausgestaltung des Geschäftsmodells kann der Plattformbetreiber z.B. das Einlagengeschäft nach dem KWG erbringen, wenn er sich von potenziellen Anlegern bereits vor Abschluss konkreter Verträge die Geldbeträge einzahlen lässt, mit denen diese über die Plattform Projekte finanzieren möchten. Das kann z.B. im Rahmen der Nutzeranmeldung erfolgen. Möglich ist aber auch die Erbringung von Anlage- oder Abschlussvermittlung. Anlagevermittlung liegt vor, wenn die Plattform als Bote des Anlegers dessen Absicht, Finanzinstrumente anschaffen oder veräußern zu wollen, an das kapitalsuchende Unternehmen weiterleitet. Abschlussvermittlung wird z.B. erbracht, wenn der Plattformbetreiber als Stellvertreter bevollmächtigt ist, die Willenserklärung eines Anleger anzunehmen, um ein Finanzinstrument zu kaufen. In Betracht kommt aber auch eine Erlaubnis nach dem ZAG zur Erbringung des Finanztransfergeschäfts, wenn der Betreiber der Internet-Dienstleistungsplattform etwa Gelder von Anlegern entgegennimmt und an die Anbieter der Unternehmensbeteiligung weiterleitet.

Ist das Geschäftsmodell der Plattform so ausgestaltet, dass Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) oder Wertpapiere vermittelt werden, muss der Betreiber sich daneben auch die Frage stellen, ob er einer Prospektpflicht unterliegt. Das VermAnlG sieht insoweit zwei praxisrelevante Ausnahmen der Prospektpflicht vor. Es enthält zum einen eine sog. Bagatellgrenze, die z.B. eingreift, wenn von einer Vermögensanlage insgesamt nur wenige Anteile angeboten werden oder diese unter einer bestimmten Preisgrenze bleiben. Zudem sieht das VermAnlG eine Ausnahme eigens für Schwarmfinanzierungen vor. Durch sie entfällt die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes für die angebotenen Vermögensanlagen, wenn diese über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden und weitere gesetzlich geregelte Voraussetzungen erfüllt sind; der Anleger z.B. max. 1.000 EUR bei einem kapitalsuchenden Unternehmen investieren kann.

An wen richtet sich die neue Verordnung?

Die neue Verordnung richtet sich an den Erbringer von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen. Formaljuristisch bedeutet die Erbringung einer Schwarmfinanzierung im Sinne der neuen Verordnung die Zusammenführung von Geschäftsfinanzierungsinteressen von Anlegern und Projektträgern mithilfe einer Schwarmfinanzierungsplattform, durch die Vermittlung von Krediten oder die Platzierung von übertragbaren Wertpapieren, die von Projektträgern ausgegeben wurden, sowie die Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen in Bezug auf diese übertragbaren Wertpapiere. Schwarmfinanzierungsdienstleister ist also der Betreiber der Internet-Dienstleistungsplattform, bei denen sich das kapitalsuchende Unternehmen registrieren und sein Projekt den potentiellen Anlegern vorstellen kann. Nicht von der Verordnung erfasst sind Schwarmfinanzierungsangebote über 5 Mio. Euro; ab diesem Betrag gilt in der Regel eine Prospektpflicht, sodass eine zusätzliche Regulierung nicht erforderlich ist.

Ausblick Teil 2: Was ist der Inhalt der neuen Verordnung?

Mit der neuen Verordnung werden einheitliche Anforderungen an die Erbringung von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen, an die Organisation, die Zulassung und die Beaufsichtigung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern, an den Betrieb von Schwarmfinanzierungsplattformen sowie an Transparenz in Bezug auf die Erbringung von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen in der EU festgelegt. Das schauen wir und in Teil 2 genauer an.