Regulierung für ESG-Rating Anbieter

Mitte Juni 2023 hat die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag („ESG-Rating Verordnung“) zur Regulierung von ESG-Rating Anbietern veröffentlicht. In diesem Beitrag schauen wir uns näher an, warum eine Regulierung von ESG-Rating Anbietern erforderlich ist und wie die Regulierung aussehen soll.

Was sind ESG-Ratings überhaupt?

ESG-Ratings stellen eine Bewertung hinsichtlich der Nachhaltigkeitsmerkmale Umwelt, Soziales und Governance zur Verfügung. Sie bewerten z.B., wie ein Unternehmen oder ein Finanzprodukt gegenüber Nachhaltigkeitsmerkmalen exponiert ist oder welche Nachhaltigkeitsauswirkungen ein Unternehmen oder ein Finanzprodukt auf die Außenwelt hat. In der Regel bieten ESG-Rating Anbieter nicht nur die Ratings, sondern auch die den Ratings zugrunde liegenden ESG-Daten an.

Wie werden ESG-Ratings genutzt und warum sollen die Anbieter reguliert werden?

ESG-Ratings werden genutzt, um Nachhaltigkeitsrisiken einschätzen zu können. Anleger und Emittenten von Finanzprodukten nutzen ESG-Ratings zunehmend als Grundlage für eine fundierte und nachhaltige Investitions- oder Finanzierungsentscheidung. So kann ein Anleger bspw. anhand eines ESG-Rating beurteilen, ob Nachhaltigkeitsaspekte für ein Unternehmen, in das der Anleger investieren möchte, ein finanzielles Risiko darstellen oder ob das Unternehmen umgekehrt wesentliche Nachhaltigkeitsauswirkungen hat. Regulierte Institute nutzen ESG-Rating zudem häufig für das Screening von Anlagen (z.B. die Aufnahme oder den Ausschluss von Aktien in ein Portfolio oder ein Fonds), für die Analyse nach der Anlage (z.B. Bewertung der Nachhaltigkeit eines Anlageprodukts oder eines Fonds) oder für die Integration von ESG in Anlagestrategien. Zudem werden ESG-Ratings z.B. auch von Unternehmen genutzt, um operationelle Risiken zu berücksichtigen. Letztlich werden ESG-Ratings also für Investitionsentscheidungen und die Zuweisung von Kapital verwendet.

ESG-Ratings haben daher, ähnlich wie Bonitäts-Ratings, eine erhebliche Marktmacht und Einfluss auf das Funktionieren der Märkte. Von Anlegern und Verbrauchern wird ihnen häufig hohes Vertrauen entgegengebracht. Es ist zu erwarten, dass der Markt für ESG-Ratings in den kommenden Jahren weiter stark wachsen wird.  Ziel der angestrebten Regulierung ist es daher, die Transparenz der Methoden von ESG-Ratings zu erhöhen und die Integrität von ESG-Rating Anbietern, etwa durch die Vermeidung von Interessenskonflikten, sicherzustellen. Dadurch soll die Qualität der ESG-Ratings verbessert werden.

Was will die Regulierung nicht?

Die ESG-Rating Verordnung zielt nicht darauf ab, Ratingmethoden zu harmonieren. Anbieter von ESG-Ratings haben weiterhin die Kontrolle über die von ihnen genutzten Daten und verwendeten Methoden. Sie müssen diesbezüglich (zukünftig) nur transparent sein.

Für wen soll die Regulierung genau gelten?

Von der ESG-Rating Verordnung erfasst werden sollen ESG-Ratings, die von einem europäischen ESG-Rating Anbieter abgegeben und veröffentlicht oder an regulierte Finanzunternehmen geliefert werden. Nicht erfasst sein sollen hingegen z.B. von regulierten Unternehmen für rein interne Zwecke selbst erstellte ESG-Ratings (wohl z.B. eigene, im Rahmen des Risikomanagements entwickelte ESG-Ratings) oder die Bereitstellung von ESG-Rohdaten, die keine Bewertung und Modellierung erfahren haben.

Wie soll die Regulierung aussehen?

Das Anbieten von ESG-Ratings in der EU soll zukünftig einem Zulassungserfordernis durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – „ESMA“) unterliegen. Im Rahmen des Zulassungsantrags sind insbesondere die Gesellschafterstruktur des ESG-Rating Anbieters, die Eignung seiner Geschäftsführung sowie die für das Rating verwendeten Methoden darzulegen. Zugelassene ESG-Rating Anbieter sollen in einem ESMA-Register geführt werden.

Um die Integrität von ESG-Rating Tätigkeiten sicherzustellen, müssen die ESG-Rating Anbieter (i) ihre Unabhängigkeit sicherstellen und dürfen z.B. keine Beratungs- oder Anlagetätigkeiten ausüben, oder Referenzwerte entwickeln, (ii) sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter ausreichend qualifiziert und frei von Insiderkonflikten sind, (iii) über ihre Tätigkeiten Aufzeichnungen führen, (iv) Beschwerdeverfahren vorhalten, (v) Vorgaben für Auslagerungen beachten, (vi) Interessenkonflikte vermeiden und (vii) Transparenzanforderungen erfüllen und dazu auf ihrer Webseite insbesondere z.B. Informationen über die verwendeten Rating-Methoden, Datenprozesse und Datenquellen, die Gewichtung von den drei Faktoren Umwelt, Soziales, Governance und den Einsatz von KI veröffentlichen.

Wie stets im Aufsichtsrecht sind dazu eine klare Organisationsstruktur, Prozesse und Verfahren einschließlich verschriftliche Policies vorzuhalten und einer regelmäßigen Prüfung zu unterziehen.

Wer überwacht die Einhaltung der Vorgaben?

Die Beaufsichtigung der ESG-Rating Anbieter soll, wie bei den Kredit-Ratingagenturen auch, zentral durch die ESMA ausgeübt werden. Dazu sieht die ESG-Rating Verordnung die üblichen aufsichtlichen Befugnisse wie z.B. die Vorlage von Informationen, Vor-Ort Prüfungen sowie Sanktionen wie den Entzug der Zulassung oder der Verhängung von Geldbußen vor. Zur Durchführung von aufsichtlichen Maßnahmen kann die ESMA allerdings auf die nationalen Aufsichtsbehörden zurückgreifen.

Ausblick und Fazit

Die ESG-Rating Verordnung befindet sich derzeit noch im Entwurf und nimmt nun ihren Weg durch das weitere Gesetzgebungsverfahren; EU-Parlament und der Rat müssen noch zustimmen. Änderungen am derzeitigen Entwurf sind daher noch möglich. Geplant ist wohl, dass die Verordnung in der zweiten Hälfte von 2024 in Kraft tritt. Insgesamt erscheint eine Regulierung mit dem erklärten Ziel einer gesteigerten Transparenz hinsichtlich der für das ESG-Rating verwendeten Daten und Methoden vor dem Hintergrund ihre wohl noch weiter zunehmenden Marktmacht durchaus begrüßenswert.

Kontoinformationsdienste und Finanztransfergeschäft – BaFin aktualisiert ihre Verwaltungspraxis zum ZAG

Mitte Februar hat die BaFin das Merkblatt zum ZAG und mithin ihre Verwaltungspraxis aktualisiert. Für die Praxis erfreuliche Klarstellungen hat sie insbesondere zu Kontoinformationsdiensten (Account Information Services – AIS) und dem Finanztransfergeschäft aufgenommen. Darauf wollen wir einen genaueren Blick werfen.

AIS nur mit Kundencredentials

AIS sind Online-Dienste zur Mitteilung konsolidierter Informationen über ein Zahlungskonto des AIS-Nutzers, das er bei seiner Bank führt. Allgemein bekannt sind z.B. Apps, mit denen man als Kontoinhaberin z.B. monatliche Ausgaben in verschiedene Kategorien, z.B. Versicherungen, Lebensmittel etc., einteilen und graphisch aufbereitet darstellen lassen kann.

Sehr zu begrüßen ist, dass die BaFin nun ausdrücklich klarstellt, dass AIS nur erbracht werden, wenn der Zahlungsdienstleister vom Kunden dessen Kontozugangsdaten (sog. Credentials, z.B. PIN, TAN) erhält und mit diesen auf das Konto des Kunden zugreifen kann. Nicht als AIS zu qualifizieren sind daher Dienste, bei denen dem Kunden zwar (weiterverarbeitete) Kontoinformationen zur Verfügung gestellt werden, der Kontozugriff aber nicht mittels der Kundencredentials erfolgt. Keine AIS sind daher Dienstleistungen, bei denen der Kontozugriff des Dienstleisters aufgrund einer Vollmacht erfolgt, auf deren Grundlage er vom kontoführenden Institut des Kunden eigene Credentials für den Kontozugriff erhält. In diesen Fällen kann der Kontoinhaber sein Schutzbedürfnis hinsichtlich eines nicht ausufernden Zugriffs auf sein Konto bereits mit der von ihm erteilten Vollmacht regeln und braucht nicht den Schutz einer ZAG-Regulierung.

Für den klassischen AIS, der sich an eine Vielzahl von Kunden richtet und häufig via App zur Verfügung gestellt wird, wird die Vollmachtslösung aber weiterhin keine Option sein. Der Anwendungsbereich des erlaubnispflichtigen AIS wird durch die Klarstellung der BaFin daher nicht kleiner werden. Der Grund ist schlicht, dass für klassische AIS via App individuelle Kontovollmachten von einer Vielzahl von Nutzern schlicht nicht praktikabel sind. Zudem ist äußert fraglich, ob der klassische AIS-App Nutzer dem Dienstleister eigene Zugangscredentials auf sein Konto einräumen würde. Die Vollmacht wird daher weiterhin nur eine Lösung für individuellere Dienstleistungen sein, bei denen nur wenigen, ausgewählten Personen Zugriff auf das Konto gewährt werden soll.

Auch beim Finanztransfergeschäft gibt es eine Vollmachtslösung…

Beim Finanztransfergeschäft wird der Zahlungsdienstleister als Bote für Zahlungen zwischen Zahler und Zahlungsempfänger tätig; die Gelder fließen in der Regel über ein Treuhandkonto des Dienstleisters, der damit Zugriff auf für ihn rechtlich fremde Gelder erhält. Das Finanztransfergeschäft ist ein Zahlungsdienst, bei dem der Zahlungsdienstleister selbst kein Zahlungskonto für seinen Kunden führt.

Erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft wird auch dann schon erbracht, wenn der Zahlungsdienstleister an ein Konto des Kunden (nur) anknüpft, das dieser bei seiner Bank führt, etwa, indem er sich eine entsprechende Vollmacht einräumen lässt. Durch die Nutzung der Vollmacht erhält der Zahlungsdienstleister eigenständige Befugnisse für Geldtransfers und damit Zugriff auf fremde Gelder, was ein ureigenes Merkmal des Finanztransfergeschäfts ist.

Ist die Vollmacht aber eng genug ausgestaltet und werden damit die Zugriffsrechte des Zahlungsdienstleisters eingeschränkt, besteht, ähnlich wie im Rahmen der AIS, kein aufsichtsrechtliches Schutzbedürfnis. Die BaFin geht von einer ausreichend engen Vollmacht aus, wenn sie bedingungslos und jederzeit widerruflich ist, die Verfügungsmacht des Kontoinhabers über sein Konto unbeschränkt bleibt, konkret die vom Dienstleister zu erbringengen, zahlungsbezogenen Dienstleistungen benennt und offenkundig kein geldwäscherechtliches Risiko besteht.

Die Verwaltungspraxis der BaFin sollte aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei einer Vollmachtslösung nie erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft erbracht werden kann. Umgehungen des erlaubnispflichtigen Finanztransfergeschäfts über die Vollmachtslösung beugt die BaFin vor, indem sie weiterhin prüft, ob wirtschaftlich ein Bezahlverfahren etabliert wird. Ist das der Fall, wird, trotz Vollmachtslösung, Finanztransfergeschäft erbracht; es besteht weiterhin ein Aufsichtsbedürfnis.

… und eine Klarstellung zum Umfang der Inkasso-Ausnahme

Schließlich ist es sehr zu begrüßen, dass die BaFin wieder ausführlicher ihr Verständnis der sog. Inkasso-Ausnahme in ihr Merkblatt aufnimmt. Die Inkassotätigkeit ist im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) definiert als die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Dafür ist eine Registrierung unter dem RDG erforderlich. Weil ein Forderungseinzug je nach konkreter Ausgestaltung der Tätigkeit grundsätzlich auch ein Zahlungsdienst im Sinne des ZAG darstellen kann, bestand hier schon immer das Erfordernis einer Einzelfallprüfung, ob die konkrete Tätigkeit (auch) eine ZAG-Erlaubnis erfordert.

Bereits in ihrem ZAG-Merkblatt unter der PSD1 hatte die BaFin ausgeführt, dass nur bestimmte Inkassotätigkeiten kein Finanztransfergeschäft darstellen sollen. Das galt insbesondere für die Beitreibung von Forderungen in Form von Mahn- und Vollstreckungsaktivitäten sowie der gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen. Implizit galt damit auch schon unter der PSD1, dass nur die Beitreibung zahlungsgestörter Forderungen (nur für diese ist z.B. ein Mahn- und Vollstreckungsverfahren überhaupt notwendig) kein Finanztransfergeschäft darstellt. Im bisherigen Merkblatt zum ZAG unter der PSD2 war dann auch nur noch ein kurzer Hinweis enthalten, dass nur die Eintreibung nicht bezahlter, also zahlungsgestörter Forderungen kein Zahlungsdienst darstellt. Diese Verkürzung hat leider teilweise zu dem Missverständnis geführt, dass bei sämtlichen, wie auch immer gestalteten Tätigkeiten der Forderungseintreibung (Inkasso) kein Zahlungsdienst und insbesondere kein Finanztransfergeschäft vorliegen kann und eine ZAG-Erlaubnis von vornherein ausscheidet.

Nun stellt die BaFin wieder ausdrücklich klar, dass nur Inkassotätigkeiten bzgl. zahlungsgestörter Forderungen, also Mahn- und Vollstreckungsaktivitäten sowie die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen, keinen Zahlungsdienst darstellen. Bei Geschäftstätigkeiten, die umfangreicher in die Forderungsabwicklung eingebunden sind, sich etwa um die Abwicklung schlicht rechtzeitig bezahlter Forderungen kümmern, ist weiterhin zu prüfen, ob im Einzelfall eine ZAG-Erlaubnis erforderlich ist.

Fazit

AIS und Finanztransfergeschäft sind Zahlungsdienste, die häufiger mal unbemerkt in Geschäftsmodellen von Dienstleistern „versteckt liegen“, die sich selbst gar nicht als Zahlungsdienstleister verstehen, deren Serviceleistung aber z.B. einen Kontozugriff oder die Abwicklung von Zahlungen beinhaltet.  Die BaFin zeigt mit ihren Aktualisierungen nun deutlich den Rahmen für erlaubnispflichtige AIS und erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft auf und trägt damit zu mehr Rechtsverständnis und -klarheit bei der aufsichtsrechtlichen Einordnung von Geschäftsmodellen bei.

Neue FAQ zur Taxonomie-Verordnung

Ende 2022 hat die EU-Kommission den Entwurf eines FAQ-Dokuments zu den technischen Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung veröffentlicht. Wir werfen einen genaueren Blick darauf und schauen uns an, warum die Einordnung einer Tätigkeit als nachhaltig unter der Taxonomie-Verordnung für Immobilienunternehmen, Finanzmarktteilnehmer und Anleger gleichermaßen wichtig ist.

Dogmatik zum Einstieg: Die FAQ als Level 3 Maßnahme

Die Taxonomie-Verordnung regelt EU-weit einheitlich, unter welchen Voraussetzungen eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig gilt. Dazu muss die Wirtschaftstätigkeit einen Beitrag zu einem Umweltziel (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Schutz von Meeresressourcen, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung, Schutz der Biodiversität) leisten und darf keines dieser Ziele erheblich beeinträchtigen. EU-Verordnungen wie die Taxonomie-Verordnung werden als „oberster gesetzgeberischer Rahmen“ als Level 1 Maßnahme bezeichnet.

Zwei der genannten Umweltziele werden mithilfe von technischen Bewertungskriterien in Form einer Delegierten Verordnung (2021/2139) konkretisiert (die Konkretisierung der übrigen vier Ziele wird vom EU-Gesetzgeber noch ausgearbeitet). Delegierte Verordnungen werden, da sie Level 1 Maßnahme konkretisieren, häufig als Level 2 Maßnahmen bezeichnet. Für die Immobilienwirtschaft unterscheidet die Delegierte Verordnung insbesondere zwischen technischen Bewertungskriterien für (i) den Neubau, (ii) die Renovierung bestehender Gebäude und (iii) den Erwerb bzw. Eigentum an Gebäuden. Mit anderen Worten: Sie regelt, welche Bedingungen bei einem Neubau, bei einer Renovierung oder beim Erwerb eines Gebäudes erfüllt sein müssen, damit diese Tätigkeit als nachhaltig qualifiziert. Die Renovierung eines Gebäudes stellt z.B. eine nachhaltige Tätigkeit dar, wenn sie u.a. den Primärenergiebedarf des Gebäudes um 30% verringert.

Der nun von der EU-Kommission veröffentlichte FAQ-Entwurf greift in der Praxis gestellte Fragen zu den technischen Bewertungskriterien auf und beantwortet diese. Diese Guidance wird als Level 3 Maßnahme bezeichnet. Diese hat keinen Gesetzescharakter, ist aber in der Praxis wichtig, da hier häufig erst Detailfragen zur Auslegung und zum Verständnis des eigentlichen Gesetzestextes (Level 1) geklärt werden können.

Top 5 FAQ

Welche Konkretisierungen zu den technischen Bewertungskriterien für die Wirtschaftstätigkeit der Immobilienbranche halten die FAQ bereit? Nachfolgend unsere Top 5:

Allgemein

  • Zum Nachweis der Einhaltung der technischen Bewertungskriterien werden Bewertungssysteme wie das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) von der Delegierten Verordnung zwar nicht erwähnt; sie können aber verwendet werden, soweit sie dazu geeignet sind.

Neubau

  • Die technischen Bewertungskriterien besagen, dass der Bau eines Gebäudes die Umweltziele nicht beeinträchtigt, wenn es u.a. nicht der Gewinnung, der Lagerung, Transport oder Herstellung von fossilen Brennstoffen dient. Das schließt aber nicht aus, dass ein Neubau, in dem geringe Mengen an Brennstoffen gelagert oder transportiert werden müssen, z. B. um das Funktionieren der Energieerzeugungsanlagen zu gewährleisten, Taxonomie-konform sein kann, wenn dieser einem anderen Zweck dient, z.B. Wohngebäude ist.

Renovierung

  • Renovierungen sind Taxonomie-konform, wenn u.a. der Wasserverbrauch für Sanitäranlagen, die im Rahmen der Renovierung installiert werden, bestimmte Verbrauchsmengen nicht überschreiten. Der Nachweis der Einhaltung der Verbrauchsgrenzen kann z.B. durch Produktblätter oder einer Gebäudezertifizierung erfolgen.

Erwerb

  • Für die Frage, wann das Eigentum an einem Gebäude als nachhaltig eingestuft werden kann, kommt es u.a. auf das Datum des Baus an. Maßgeblich ist hier das Datum der Baugenehmigung, nicht etwa das Datum der Fertigstellung oder Übergabe an den Bauherren.
  • Gebäude, die vor 2020 gebaut wurden, sind nachhaltig, wenn sie z.B. zu den oberen 15% des Gebäudebestandes bzgl. des Energiebedarfs gehören. Hierbei handelt es sich um eine dynamische Größe, für die es keinen Bestandsschutz gibt. Ändern sich die Kriterien oder wird den Kriterien nicht mehr entsprochen, muss neu bewertet werden, ob die Kriterien eingehalten werden und ggf. Maßnahmen ergriffen werden, um deren weitere Einhaltung sicherzustellen.

Warum sind die Konkretisierungen für die Immobilien-, die Finanzwirtschaft und Anleger gleichermaßen wichtig?

Für Unternehmen der Immobilienwirtschaft ist eine rechtssichere Anwendung der technischen Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung wichtig, um korrekte Angaben darüber machen zu können, ob ihre Tätigkeit, sprich ein Immobilienvorhaben, nachhaltig im Sinne der Taxonomie ist.

Diese Information der Immobilienunternehmen sind wiederum für Finanzmarktteilnehmer wichtig, die über Finanzprodukte Investitionen in Immobilien anbieten, zum Beispiel in Form eines Immobilienfonds.  Zum einen unterliegen sie selbst nachhaltigkeitsbezogenen Transparenzpflichten bzgl. ihrer Finanzprodukte. Diese unterscheiden sich u.a. danach, ob einem Immobilienfonds nachhaltige Immobilien im Sinne der Taxonomie zugrunde liegen, oder nicht. Finanzmarktteilnehmer haben also schon aus eigenen Compliance-Gründen ein Interesse an diesen Informationen. Zum anderen sind diese Informationen vor allem aber für den potentiellen Investor eines Immobilienfonds interessant und werden diesem vom Finanzmarktteilnehmer, der den Immobilienfonds anbietet, auch mitgeteilt. Anlagen in nachhaltige Investments erfreuen sich derzeit großer Nachfrage und Beliebtheit. Die Nachhaltigkeitsinformationen zum Finanzprodukt können die Anlageentscheidung des Investors daher ganz erheblich beeinflussen und ein wichtiges Marketingtool für das Produkt sein.

Fazit

Die technischen Bewertungskriterien und die Level 3 Guidance dazu sind die maßgebliche Grundlage für die Nachhaltigkeitsinformationen, die vom Immobilienunternehmen über den Finanzmarktteilnehmer an den potentiellen Investor eines Immobilienfonds gelangen. Nur wenn die technischen Bewertungskriterien in der Praxis funktionieren, sind die Angaben korrekt und für den Investor für seine Anlageentscheidung hilfreich. Letztlich wird also durch eine saubere und rechtssichere Anwendung der technischen Bewertungskriterien Greenwashing verhindert. Das stärkt das Vertrauen der Anleger und hilft so, Kapital in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu lenken.

Update Nachhaltigkeitsregulierung – Was gibt es Neues?

In der Nachhaltigkeitsregulierung steckt derzeit selbst für das die Schnelllebigkeit gewohnte Finanzaufsichtsrecht viel Dynamik. In der Vergangenheit hatten wir bspw. schon über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die Richtlinie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) für nachhaltige Investmentvermögen und die technischen Regulierungsstandards zur EU-Transparenzverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – „SFDR“) berichtet. Doch was hat sich in der Zwischenzeit getan? Nachfolgend gibt es ein Update über ausgewählte aktuelle Entwicklungen der Nachhaltigkeitsregulierung.

1. Finale RTS zur SFDR

Die durch mehrere „Entwurfsrunden“ gegangenen technischen Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards – „RTS“) liegen mittlerweile als Delegierte Verordnung (EU) 2022/1288 in finaler Fassung vor (abrufbar hier). Die RTS zur SFDR konkretisieren insbesondere die Anforderungen an die Transparenzpflichten in vorvertraglichen Informationen, auf der Internetseite und in Jahresberichten. Die dazu in der Delegierte Verordnung (EU) 2022/1288 enthaltenen Vorlagen gelten ab dem 1. Januar 2023.

2. ESMA Sustainable Finance Timeline

Wer sich einen aktuellen Überblick über den zeitlichen Fahrplan der Nachhaltigkeitsregulierung verschaffen möchte, ist bei der Sustainable Finance Timeline der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – „ESMA“) vom 26. September 2022 gut aufgehoben.

3. BaFin Q&A zur SFDR

Zudem hat die BaFin am 5. September Q&A zur SFDR veröffentlicht. Ausgewählte Fragen und Antworten werden nachfolgen näher vorgestellt.

Die BaFin stellt nochmal ausdrücklich klar, dass Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO nicht nach der SFDR verpflichtet sind. Sie qualifizieren aufgrund der Bereichsausnahme des KWG (§ 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG) nicht als Finanzdienstleistungsinstitut und damit auch nicht als MiFID II-Wertpapierfirma; (nur) an diese richtet sich aber die SFDR.

Zudem wird zunehmend klarer, was genau unter „bewerben“ im Sinne des Art. 8 SFDR zu verstehen ist. Nach Art. 8 SFDR sind für Finanzprodukte, die ökologische oder soziale Merkmale bewerben, bestimmte vorvertragliche Transparenzpflichten zu erfüllen. Die BaFin legt „bewerben“ als „fördern“ aus. Das führt dazu, dass es für die Anwendbarkeit der Transparenzpflichten nach Art. 8 SFDR nicht erforderlich ist, dass für ein Finanzprodukt Werbung betreiben wird, z.B. in Form von Marketingmitteilungen. Umgekehrt wird Art. 8 SFDR nicht schon dadurch „ausgelöst“, dass lediglich angegeben wird, wie Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen einbezogen werden (das ist vielmehr Grundinformation in vorvertraglichen Informationen für sämtliche Finanzprodukte, vgl. Art. 6 SFDR). Vielmehr muss das Finanzprodukt ökologische oder soziale Merkmale zielgerichtet fördern und dies nach außen kommunizieren. Dem Fördern können aktive oder passive Anlagestrategien zugrunde liegen. Ein zielgerichtetes Fördern von ökologischen Merkmalen könnte etwa bei einem Immobilienfonds vorliegen, der bei der Auswahl der Immobilien deren CO2-Fußabdruck berücksichtigt und dies entsprechend in der Fondsdokumentation verschriftlich ist.

4. Siebte MaRisk-Novelle

Bereits am 20.Dezember 2019 hat die BaFin ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. Darin empfiehlt die BaFin eine strategische Befassung mit Nachhaltigkeitsrisiken und eine Anpassung des Risikomanagements. Das Merkblatt enthält jedoch lediglich eine Zusammenstellung von unverbindlichen Verfahrensweisen (Good-Practice).

Mit der Konsultation zu den geplanten Änderungen der Mindestanforderungen an das Risikomanagement („MaRisk“) sollen die Leitplanken des Merkblatts nunmehr in den Regelungstext der MaRisk aufgenommen. Die Anforderungen an die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement werden damit zu prüfungsrelevanten Anforderungen. Im Ergebnis sollen beaufsichtigte Unternehmen auch im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken einen ihrem Geschäftsmodell und Risikoprofil angemessenen Ansatz entwickeln. Dazu sind bisherige Prozesse anzupassen und neue Mess-, Steuerungs- und Risikominderungsinstrumente zu entwickeln. Auch hier gilt aber der Proportionalitätsgrundsatz, sodass bei einem schwächer ausgeprägtem Risikoprofil einfacherer Prozesse ausreichen werden.

Und sonst?

Derzeit arbeitet der europäische Gesetzgeber an der Erweiterung der Taxonomie-Verordnung zur Definition von sozialer Wirtschaftstätigkeit sowie Vorgaben zur guten Unternehmensführung; bisher deckt die Taxonomie-Verordnung nur die ökologische Nachhaltigkeit und damit nur das „E“ aus „ESG“ ab. Die EU Platform for Sustainable Finance hat dazu bereits im Februar diesen Jahres einen Final Report veröffentlicht.

Der Entwurf des BaFin-Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen ist hingegen erstmal wieder zurückgestellt, zu dynamisch schien das derzeitige regulatorische Umfeld für eine finale Regelung. Gleichzeitig wird die BaFin aber ihre Verwaltungspraxis an dort genannten Grundsätzen ausrichten, sodass sich der Markt faktisch an der Richtlinie orientieren wird.

Es ist also Bewegung in der Nachhaltigkeitsregulierung und längst sind noch nicht alle Fragen der Praxis geklärt. Es bleibt daher, wie immer im Aufsichtsrecht, spannend.