Entwurf der neuen FinVermV bringt Verschärfungen und Erleichterungen mit sich

Am 7. November 2018 hatdas Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den lang erwarteten Referentenentwurf   für die Verordnung zurÄnderung der Finanzanlagenvermittlungsordnung (FinVermV) veröffentlicht. Hintergrund ist die Anpassung derFinVermV an die Vorgaben der Zweiten Finanzmarktrichtlinie (MiFIDII). 
Wir hatten bereits hier darüber berichtet. Die neue FinVermV wird regeln, welche Vorschriften derMiFID II auch für gewerbliche Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis nach§ 34f GewO gelten. Zu dem Referentenentwurf konnte bis zum 22. November 2018Stellung genommen werden. Es wird erwartet, dass die neue FinVermV ohneÜbergangsfrist zum Jahresbeginn 2019 in Kraft treten wird.

Nach dem Willen der Bundesregierung sollten Finanzanlagenvermittler künftig zumindest in Teilen eine den Regulierungen für Banken und Finanzdienstleister nach dem WpHG entsprechende Regulierung erfahren. Doch wie weit diese entsprechende Regulierung konkret gehen soll, war bis zur Veröffentlichung des Referentenentwurfs nicht klar. Zu Anfang die schlechte Nachricht – auf Finanzanlagenvermittler kommen Verschärfungen zu.

Zukünftig müssen Finanzanlagenvermittler dieInhalte von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation aufzeichnen (Taping), sobald sie Vermittlung vonoder Beratung zu Finanzanlagen erbringen. Der Anlagevermittler muss zudem sicherstellen,dass auch mitwirkende Beschäftigte diese Pflicht einhalten. Dies dient derStärkung des Anlegerschutzes, der Verbesserung der Marktüberwachung und schafftRechtssicherheit für beide Seiten, Finanzanlagenvermittler und Anleger. DieRegelung orientiert sich am WpHG, vgl. zu den Anforderungen hier Nicht erfasst sind Gespräche, die nicht Beratung oder Vermittlung voneinzelnen oder mehreren konkreten Finanzanlagen zum Inhalt haben.Anbahnungsgespräche, Terminabsprachen und Kommunikation, die sich aufVersicherungsprodukte oder Darlehen bezieht, sind also nicht aufzuzeichnen. DieAbgrenzung ist jedoch schwierig, wenn sich ein Gespräch in eine andere als diegeplante Richtung entwickelt. Das Taping wird erhebliche Ressourcen inzeitlicher, technischer und personeller Hinsicht erfordern.

Ähnlich stellt es bezüglich der Vermeidung,Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten dar.Der Anlagevermittler muss angemessene Maßnahmen treffen, umInteressenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Lassen sichInteressenkonflikte seitens des Anlagevermittlers im Vorfeld nicht vermeiden, müssen sie derart geregelt werden, dasssie keine Nachteile für den Anleger auslösen. Das betrifft insbesondere Interessenkonflikte,die durch Zuwendungen, ähnliche Anreize oder die Vergütungsstrukturhervorgerufen werden können. Bestehen trotz angemessener Maßnahmen weiterhin Interessenkonflikte, so sinddiese dem Anleger gegenüber rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts offen zulegen. Die Art und Weise der Vergütungsstruktur und/oder Bewertung derMitarbeiter darf nicht mit der Mitarbeiterpflicht kollidieren, in bestmöglichenKundeninteresse zu handeln. Die konkrete Ausgestaltung darf auf keinen Falldazu führen, dass die Anlagenempfehlung nicht durch die Bedürfnisse desAnlegers, sondern durch die Vergütungsinteressen der Mitarbeiter bestimmt wird.Die Annahme und Gewährung von Zuwendungen darf sich nicht nachteilig auf dieQualität der Vermittlung und Beratung auswirken. Der Anlagevermittler muss außerdemstets im bestmöglichen Interesse des Anlegers ehrlich, redlich und professionellhandeln.

Schon unter der aktuellen FinVermV besteht für Finanzanlagenvermittlergegenüber dem Anleger eine Informationspflichthinsichtlich Risiken, Kosten und Nebenkosten der Anlage, der neue Referentenentwurfverlangt jedoch einen detaillierteren Kostenausweis. Das beinhaltet für dieFinanzanlagenvermittler die Pflicht zu einer Kostenaufstellung sowohl ex-ante alsauch ex-post. Sie müssen ihren Kunden nunmehr schon vor dem Abschluss des Geschäfts detailliert aufschlüsseln, welcheKosten für das Produkt voraussichtlich fällig werden. Der Anleger soll damit indie Lage versetzt werden, eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können. Nach Abschluss des Geschäfts müssen danndie tatsächlich angefallenen Kosten zusammengestellt werden. Das bedeutet einenerhöhten Verwaltungsaufwand für die Vermittler, der allerdings dadurch etwasabgeschwächt wird, dass sie für die Kostenaufstellung auch die Informationenverwenden können, die ihnen das die Finanzanlage konzipierende Unternehmen, derEmittent oder das depotverwaltende Institut zur Verfügung stellt.

Mit der Regulierung gehen aber auch gute Nachrichten fürFinanzanlagenvermittler einher.

Die Zuwendungsregeln fürAnlagevermittler sind weniger streng ausgefallen als die des WpHG, vgl. hier.Annahme und Gewährung von Zuwendungen dürfen sich nicht nachteilig auf dieQualität der Vermittlung und Beratung auswirken. Allerdings muss nicht jedeZuwendung vollständig in die Qualitätsverbesserung fließen, sodassAnlagevermittler Provisionen behalten dürfen. Auch müssen dieFinanzanlagevermittler im Gegensatz zu Banken und Finanzdienstleistern nach demWpHG keine eigene Zielmarktbestimmungvornehmen. Es reicht aus, wenn sie die Zielmarktbestimmung des Emittenten oderKonzepteurs einholen und verstehen, um so sicherstellen zu können dass sie demAnleger nur passende Finanzanlagen vermitteln. Die bisherige Pflicht zurErstellung eines Beratungsprotokolls entfällt. Stattdessen muss dem Anlegereine Geeignetheitserklärung zurVerfügung gestellt werden, in der die Gründe für die Anlageempfehlungzusammengefasst sind. Zudem ist auch weiterhin keine direkte Beaufsichtigung durch die BaFin vorgesehen.

Was bleibt also festzuhalten? Die neue FinVermV wird durchaus zu Veränderungenfür die Finanzanlagenvermittler führen. Insbesondere das Taping und dieKostenaufstellung ex-ante und ex-post, wird zu einem erhöhten Arbeitsaufwandführen. Positiv dürfte im Markt hingegen vor allem aufgenommen werden, dasskeine eigene Zielmarktbestimmung von den Vermittlern vorzunehmen ist und dieZuwendungsregeln weniger streng als befürchtet ausgefallen sind. BestehendeGeschäftsmodelle müssen daher nicht grundlegend neu gedacht, sondern lediglichinterne Prozesse angepasst werden.

Faire Anlageberatung – wann sind Provisionen zulässig?

In Deutschland wird Anlageberatung für den Kunden hauptsächlich kostenlos erbracht. Indirekt erhalten in dieser Konstellation Wertpapierdienstleistungsunternehmen jedoch von Anbietern oder Emittenten der in der Beratung angebotenen Finanzinstrumente eine zumindest teilweise Vergütung durch Zuwendungen. Es liegt auf der Hand, dass die Annahme solcher Vergütungen Interessenskonflikte auslösen kann. Um sicherzustellen, dass jeder Kunde dennoch bestmöglich in seinem Interesse beraten wird, ist Anfang des Jahres eine strengere gesetzliche Regelung in Kraft getreten, die die Annahme von Zuwendungen im Vergleich zur alten Rechtslage weiter einschränkt.

So wurden zum 3. Januar 2018 die bisherigen Regelungen durch die MiFID II und eine darauf basierende Delegierte Richtlinie im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und in der neuen Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) verschärft.

Der Begriff der Zuwendung umfasst monetäre Leistungen wie Provisionen, Gebühren und sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Hierzu zählen beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen, die Überlassung von IT-Hard- oder Software und die Durchführung von Schulungen.

Für die Anlageberatung sind Annahme und Gewährung von Zuwendungen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Dritten grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist möglich, wenn die Zuwendung transparent erfolgt und auf die Qualitätsverbesserung gegenüber dem Kunden ausgelegt ist.

Qualitätsverbesserung

Wann eine Zuwendung auf eine Qualitätsverbesserung der dem Kunden gegenüber erbrachten Dienstleistung ausgelegt ist, wird in der WpDVerOV konkretisiert. Danach wird die Qualität der Anlageberatung etwa erhöht, wenn noch eine zusätzliche oder höherwertige Dienstleistung gegenüber dem Kunden erbracht wird. Zusätzlich kann beispielsweise eine mindestens jährlich stattfindende Überprüfung der fortlaufenden Geeignetheit der Finanzinstrumente, in die der Kunde investiert hat, stattfinden. Denkbar sind auch eine fortlaufende Beratung des Kunden über die optimale Strukturierung seines Vermögens oder die Übermittlung periodischer Berichte über Wertentwicklung, Kosten und Gebühren der Finanzinstrumente. Wenn dann die Zusatzleistung durch Zuwendungen „gefördert“ wird, wäre das rechtlich zulässig. Höherwertiger wird die Anlageberatung beispielsweise auch, wenn eine Beratung auf Basis einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente von Anbietern, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen, möglich ist.

Die Qualität wird jedenfalls nicht verbessert, wenn die Zuwendung dazu führt, dass die Dienstleistung in voreingenommener Weise oder nicht im besten Kundeninteresse erbracht wird.

Transparenz

Die Zuwendung darf nur dann angenommen werden, wenn dem Kunden vor Erbringung der Dienstleistung Art und Umfang/Höhe der Zuwendung offengelegt werden. Falls sich die Höhe der Zuwendung zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmen lässt, so sind ersatzweise Art und Weise der Berechnung anzugeben, außerdem ist der Kunde über den genauen Betrag nachträglich zu informieren. Zudem ist die Zuwendung in der Kosteninformation als Teil der Dienstleistungskosten auszuweisen.

Ausnahmeregelungen für die unabhängige Honorar-Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung

Abgesehen von der provisionsbasierten (und für den Kunden kostenlosen) Anlageberatung kann der Kunde jedoch auch eine unabhängige Honorar-Anlageberatung oder eine Finanzportfolioverwaltung in Anspruch nehmen.

In Deutschland ist die unabhängige Honorar-Anlageberatung immer noch die Ausnahme. Diese wird ausschließlich durch den Kunden bezahlt. Der Berater darf keinerlei Zuwendungen von Unternehmen, deren Produkte vermittelt werden, annehmen. Dazu zählen auch geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen wie Informationsmaterial oder die Teilnahme an kostenlosen Schulungen. Falls ein Finanzinstrument ohne Zuwendung nicht erhältlich ist, so muss die Zuwendung so schnell wie möglich und ungemindert an den Kunden ausgezahlt werden. Dadurch wird eine Beeinflussung durch Zuwendungen vermieden. Das Register der Unternehmen, die eine unabhängige Honorar-Anlageberatung anbieten, findet sich auf der Webseite der BaFin.

Durch digitale und dadurch vergleichsweise günstige Vermögensverwaltungsangebote wird auch die Finanzportfolioverwaltung für kleinere Kundenvermögen interessant. Hier wird dem Vermögensverwalter vom Kunden ein Mandat erteilt, sodass der Vermögensverwalter die einzelnen Anlageentscheidungen selbst treffen darf. Der Entscheidungsspielraum wird vertraglich durch Anlagerichtlinien oder ‑strategien präzisiert. Der Vermögensverwalter unterrichtet den Kunden regelmäßig über die Wertentwicklung seines Vermögens und die vorgenommenen Portfolioumschichtungen. Im Gegenzug zahlt der Kunde ein Entgelt. Vermögensverwalter dürfen von Dritten ausschließlich geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen annehmen, sofern diese qualitätsverbessernd verwendet und dem Kunden gegenüber offengelegt werden. Alle darüber hinaus gehenden Zuwendungen müssen so schnell wie möglich an den Kunden weitergegeben oder ausgezahlt werden. So besteht für den Vermögensverwalter kein Anlass, sich durch Zuwendungen in seiner Anlageentscheidung beeinflussen zu lassen.

Für welche Beratungsoption sich Anleger auch entscheiden, die verschärften Regelungen sorgen dafür, dass Interessenkonflikte verringert sowie Qualität und Transparenz verbessert werden. Ob Anleger in Deutschland statt zur vermeintlich kostenlosen Provisionsanlageberatung in Zukunft vermehrt zur kostenpflichtigen unabhängigen Honorar-Anlageberatung tendieren werden, bleibt abzuwarten. Die BaFin hat gerade in der August-Ausgabe des BaFin-Journals eine Übersicht  ihrer aktuellen Verwaltungspraxis zu Zuwendungen mit Tipps für Verbraucher veröffentlicht.