Update: Die neue FinVermV ist da!

Nach langem Hin und Her ist es nun soweit: Die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) wurde am 21. Oktober 2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit verkündet. Die neue FinVermV vom 09. Oktober 2019 ist hier ab Seite 1443 abrufbar.

Der Verkündung im Bundesgesetzblatt ging der überarbeitete Entwurf der FinVermV des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom Juli und die Zustimmung des Bundesrats vom 20. September voraus. Näheres dazu finden Sie in unserem früheren Blogbeitrag.

Inhalt der neuen FinVermV

Inhaltlich bleibt es dabei, dass die FinVermV einige Veränderungen für die Finanzanlagenvermittler mit sich bringt. So müssen diese zukünftig angemessene Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenskonflikten treffen und, lassen sich diese trotz dieser Maßnahmen nicht vermeiden, diese offenlegen. Zudem müssen die Finanzanlagenvermittler den Anlegern zahlreiche Informationen über z.B. die Risiken und Kosten des Finanzproduktes bereitstellen. Eine eigene Zielmarktbestimmung muss aber nicht erstellt werden; dafür können die Vermittler auf die Informationen zurückgreifen, die ihnen von den Konzepteuren oder Emittenten des Finanzproduktes zur Verfügung gestellt werden.

Zudem müssen Finanzanlagenvermittler Privatanlegern zukünftig eine Geeignetheitserklärung zur Verfügung stellen, anhand derer der Anleger erkennen kann, dass Anlageberatung und Produkt seinen Anlagezielen entsprechen. Nicht neu ist auch, dass auch die 34f-Vermittler zukünftig zum sog. Taping verpflichtet sein werden, also telefonische Vermittlungs- und Beratungsgespräche aufzeichnen müssen.

Gute Nachrichten gibt es hingegen bzgl. Provisionen. Diese dürfen weiterhin angenommen werden, ohne dass ihre Qualitätsverbesserung für z.B. die Beratungsleistung von dem Vermittler nachgewiesen werden muss.

Ab wann gilt die neue FinVermV?

Die neue FinVermV wird am 01. August 2020 in Kraft treten. Damit kommt dem Markt eine 10monatige Übergangsfrist zugute.

Fazit

Die neue FinVermV wird einige Veränderungen mit sich bringen. Großes Aufatmen dürfte es im Markt aber aufgrund der weiterhin bestehenden Möglichkeit geben, Provisionen annehmen zu dürfen, ohne deren Qualitätsverbesserung nachweisen zu müssen. Auch die Übergangsfrist kommt den Marktteilnehmern zugute.

Faire Anlageberatung – wann sind Provisionen zulässig?

In Deutschland wird Anlageberatung für den Kunden hauptsächlich kostenlos erbracht. Indirekt erhalten in dieser Konstellation Wertpapierdienstleistungsunternehmen jedoch von Anbietern oder Emittenten der in der Beratung angebotenen Finanzinstrumente eine zumindest teilweise Vergütung durch Zuwendungen. Es liegt auf der Hand, dass die Annahme solcher Vergütungen Interessenskonflikte auslösen kann. Um sicherzustellen, dass jeder Kunde dennoch bestmöglich in seinem Interesse beraten wird, ist Anfang des Jahres eine strengere gesetzliche Regelung in Kraft getreten, die die Annahme von Zuwendungen im Vergleich zur alten Rechtslage weiter einschränkt.

So wurden zum 3. Januar 2018 die bisherigen Regelungen durch die MiFID II und eine darauf basierende Delegierte Richtlinie im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und in der neuen Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) verschärft.

Der Begriff der Zuwendung umfasst monetäre Leistungen wie Provisionen, Gebühren und sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Hierzu zählen beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen, die Überlassung von IT-Hard- oder Software und die Durchführung von Schulungen.

Für die Anlageberatung sind Annahme und Gewährung von Zuwendungen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Dritten grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist möglich, wenn die Zuwendung transparent erfolgt und auf die Qualitätsverbesserung gegenüber dem Kunden ausgelegt ist.

Qualitätsverbesserung

Wann eine Zuwendung auf eine Qualitätsverbesserung der dem Kunden gegenüber erbrachten Dienstleistung ausgelegt ist, wird in der WpDVerOV konkretisiert. Danach wird die Qualität der Anlageberatung etwa erhöht, wenn noch eine zusätzliche oder höherwertige Dienstleistung gegenüber dem Kunden erbracht wird. Zusätzlich kann beispielsweise eine mindestens jährlich stattfindende Überprüfung der fortlaufenden Geeignetheit der Finanzinstrumente, in die der Kunde investiert hat, stattfinden. Denkbar sind auch eine fortlaufende Beratung des Kunden über die optimale Strukturierung seines Vermögens oder die Übermittlung periodischer Berichte über Wertentwicklung, Kosten und Gebühren der Finanzinstrumente. Wenn dann die Zusatzleistung durch Zuwendungen „gefördert“ wird, wäre das rechtlich zulässig. Höherwertiger wird die Anlageberatung beispielsweise auch, wenn eine Beratung auf Basis einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente von Anbietern, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen, möglich ist.

Die Qualität wird jedenfalls nicht verbessert, wenn die Zuwendung dazu führt, dass die Dienstleistung in voreingenommener Weise oder nicht im besten Kundeninteresse erbracht wird.

Transparenz

Die Zuwendung darf nur dann angenommen werden, wenn dem Kunden vor Erbringung der Dienstleistung Art und Umfang/Höhe der Zuwendung offengelegt werden. Falls sich die Höhe der Zuwendung zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmen lässt, so sind ersatzweise Art und Weise der Berechnung anzugeben, außerdem ist der Kunde über den genauen Betrag nachträglich zu informieren. Zudem ist die Zuwendung in der Kosteninformation als Teil der Dienstleistungskosten auszuweisen.

Ausnahmeregelungen für die unabhängige Honorar-Anlageberatung und die Finanzportfolioverwaltung

Abgesehen von der provisionsbasierten (und für den Kunden kostenlosen) Anlageberatung kann der Kunde jedoch auch eine unabhängige Honorar-Anlageberatung oder eine Finanzportfolioverwaltung in Anspruch nehmen.

In Deutschland ist die unabhängige Honorar-Anlageberatung immer noch die Ausnahme. Diese wird ausschließlich durch den Kunden bezahlt. Der Berater darf keinerlei Zuwendungen von Unternehmen, deren Produkte vermittelt werden, annehmen. Dazu zählen auch geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen wie Informationsmaterial oder die Teilnahme an kostenlosen Schulungen. Falls ein Finanzinstrument ohne Zuwendung nicht erhältlich ist, so muss die Zuwendung so schnell wie möglich und ungemindert an den Kunden ausgezahlt werden. Dadurch wird eine Beeinflussung durch Zuwendungen vermieden. Das Register der Unternehmen, die eine unabhängige Honorar-Anlageberatung anbieten, findet sich auf der Webseite der BaFin.

Durch digitale und dadurch vergleichsweise günstige Vermögensverwaltungsangebote wird auch die Finanzportfolioverwaltung für kleinere Kundenvermögen interessant. Hier wird dem Vermögensverwalter vom Kunden ein Mandat erteilt, sodass der Vermögensverwalter die einzelnen Anlageentscheidungen selbst treffen darf. Der Entscheidungsspielraum wird vertraglich durch Anlagerichtlinien oder ‑strategien präzisiert. Der Vermögensverwalter unterrichtet den Kunden regelmäßig über die Wertentwicklung seines Vermögens und die vorgenommenen Portfolioumschichtungen. Im Gegenzug zahlt der Kunde ein Entgelt. Vermögensverwalter dürfen von Dritten ausschließlich geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen annehmen, sofern diese qualitätsverbessernd verwendet und dem Kunden gegenüber offengelegt werden. Alle darüber hinaus gehenden Zuwendungen müssen so schnell wie möglich an den Kunden weitergegeben oder ausgezahlt werden. So besteht für den Vermögensverwalter kein Anlass, sich durch Zuwendungen in seiner Anlageentscheidung beeinflussen zu lassen.

Für welche Beratungsoption sich Anleger auch entscheiden, die verschärften Regelungen sorgen dafür, dass Interessenkonflikte verringert sowie Qualität und Transparenz verbessert werden. Ob Anleger in Deutschland statt zur vermeintlich kostenlosen Provisionsanlageberatung in Zukunft vermehrt zur kostenpflichtigen unabhängigen Honorar-Anlageberatung tendieren werden, bleibt abzuwarten. Die BaFin hat gerade in der August-Ausgabe des BaFin-Journals eine Übersicht  ihrer aktuellen Verwaltungspraxis zu Zuwendungen mit Tipps für Verbraucher veröffentlicht.