Das Zukunftsfinanzierungsgesetz oder: Immobilienfonds dürfen Infrastruktur

Teil 2: Die Steuerperspektive

Am 12.04.2023 wurde der Gesetzesentwurf über das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) veröffentlicht. Ziel des Gesetzes ist, privates Kapital für die Finanzierung zukunftssicherer Investitionen zu mobilisieren. Erreicht werden soll dies unter anderem durch aufsichtsrechtliche Anpassungen für Immobilienfonds. Wenngleich gewisse Investitionen zukünftig aufsichtsrechtlich erlaubt sein sollen, stellt sich die Frage nach der steuerlichen Durchführbarkeit. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick darüber verschaffen, ob Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie Infrastrukturprojekte zukünftig auch aus steuerlicher Sicht geeignete Targets für Immobilien-Fonds sein können.

Aktuelle Rechtslage

Investmentfonds

Die Einnahmen, die ein Investmentfonds aus dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen oder E-Ladesäulen generiert, sollten sich als Einnahmen aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung qualifizieren und unterliegen der Körperschaftssteuer. Nach derzeitiger Rechtslage werden diese Einnahmen unter der Beachtung der sog. Bagatell-Grenze von 5 % des § 15 Abs. 3 Investmentsteuergesetz (InvStG) nicht mit der Gewerbesteuer belastet. Stammen mehr als 5 % der Einnahmen eines Investmentfonds aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung, kommt die Gewerbesteuerbefreiung aus § 15 Abs. 2 InvStG nicht mehr zur Anwendung. In der Folge wird der Investmentfonds voll steuerpflichtig (körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig). Hieraus folgt, dass die Erträge bereits auf Ebene des Fonds der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer unterliegen.

Spezialinvestmentfonds

Grundsätzlich müssen auch Spezialinvestmentfonds diese Bagatell-Grenze von 5 % beachten. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde diese jedoch für Einkünfte aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auf 10 % angehoben, wenn die Voraussetzungen des § 26 Nr. 7a S. 2 InvStG erfüllt sind. Hiervon umfasst sind insbesondere Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen.

Das Überschreiten dieser Bagatell-Grenze hat für Spezialinvestmentfonds deutlich gravierendere Folgen. Ein Spezialinvestmentfonds ist ein Investmentfonds, der zusätzlich die Anlagebestimmungen des § 26 InvStG erfüllt. Diese Anlagebestimmungen müssen dabei unmittelbar wie auch mittelbar erfüllt sein. Das bedeutet, dass die Anforderungen des § 26 InvStG in der gesamten Investitionsstruktur des Spezialinvestmentfonds eingehalten werden müssen und zwar unabhängig von der Qualifikation der Zielfonds nach dem InvStG.

Überschreitet der Spezialinvestmentfonds diese Bagatell-Grenze, droht ein Statusverlust als Spezialinvestmentfonds. Liegen die Voraussetzungen eines Investmentfonds weiterhin vor, gilt der bisherige Spezial-Investmentfonds als neu aufgelegter Investmentfonds, § 52 Abs. 1 InvStG. Die Anteile des bisherigen Spezial-Investmentfonds gelten als veräußert und gehen für die Anleger nach § 52 Abs. 2 InvStG mit einer Gewinnrealisierung einher.

Zukünftige Rechtslage

Durch das ZuFinG sollen weiträumige Änderungen umgesetzt werden. In steuerlicher Hinsicht gilt dies jedoch nur für die Einkommens- und Umsatzsteuer. Für die Besteuerung von Investmentfonds ist jedoch das InvStG maßgeblich. Im veröffentlichten Entwurf sind keine Änderungen des InvStG vorgesehen.

Nach dem aktuellen Stand des Entwurfs bleibt es aus steuerlicher Sicht bei der derzeitigen Rechtslage.

Wünschenswerte Änderungen und Fazit

Es zeigt sich, dass zwar aufsichtsrechtlich für Immobilienfonds die Möglichkeit geschaffen werden soll, in ESG-relevante Themen zu investieren. Aus steuerlicher Sicht drohen jedoch auch weiterhin negative Konsequenzen bis hin zum Statusverlust, selbst bei Überschreiten der Bagatell-Grenze durch Zielinvestmentfonds.

Daher ist auch unseres Erachtens dringend angezeigt, die Änderungen des Aufsichtsrechts im Investmentsteuerrecht zu spiegeln. Auch ist unseres Erachtens notwendig, die Erzeugung und Abgabe regenerativen Stroms im Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REITG) ausdrücklich als zulässig zu normieren. Zudem ist der Statusverlust als Spezialinvestmentfonds bei der Investition in Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie Infrastrukturprojekte auszuschließen und die Bagatellgrenze, auf beispielsweise 30 %, anzuheben.

Indes scheint es fraglich, ob dieser doch umfassende Änderungsbedarf im Investmentsteuerrecht angesichts des straffen Zeitplans noch umzusetzen ist, da das Gesetzgebungsverfahren noch 2023 abgeschlossen werden soll.

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz oder: Immobilienfonds dürfen Infrastruktur

Mitte April 2023 wurde der Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) veröffentlicht. Mit dem ZuFinG soll die Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen sichergestellt, also Kapital in z.B. Anlagen zur Gewinnung von erneuerbarer Energie gelenkt werden. Einen Beitrag dazu soll der kapitalträchtige Fondsmarkt leisten. In diesem Blog schauen wir uns an, wie Fonds bisher schon in Infrastrukturprojekte investieren dürfen und welchen Neuerungen das ZuFinG bringen wird.

1. Wie können Fonds bisher schon in Infrastruktur-Projekte investieren?

Nach der derzeitigen Rechtslage können bestimmte Fonds Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften erwerben. Infrastruktur-Projektgesellschaften sind Gesellschaften, die dem Gemeinwesen dienende Einrichtungen, Anlagen oder Bauwerke errichten, sanieren, betreiben oder bewirtschaften. Derzeit können Fonds also nur indirekt in Infrastrukturprojekte investieren, ein Direkterwerb ist nicht möglich.

2. Was wird zukünftig möglich sein?

Neuerungen gibt es nach dem ZuFinG für (i) Immobilien-Sondervermögen, (ii) Infrastruktur-Sondervermögen und (ii) Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen. Schauen wir uns das im Einzelnen genauer an.

a) Immobilien-Sondervermögen: Neuer Anlagegegenstand und Erweiterung Bewirtschaftungsgegenstände

Zukünftig dürfen offene Publikumsfonds in Form von Immobilien-Sondervermögen (§§ 230 ff KAGB)unbebaute Grundstücke erwerben, die für die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlagen bestimmt und geeignet sind. Eine Bebauung des Grundstücks mit einem Gebäude ist nicht notwendig. Damit wird es möglich, in Erneuerbare-Energien-Anlagen auch dann zu investieren, wenn kein unmittelbarer baulicher Zusammenhang mit einem Gebäude besteht (sog. Freiflächenanlagen). Erworben werden können zukünftig also explizit Grundstücke, auf denen sich nur Freiflächenanlagen befinden bzw. befinden sollen.

Um den Charakter des Immobilienfonds zu wahren, muss aber weiterhin ein gewisser Grundstücksbezug des Fondsinvestments erhalten bleiben. Anlagen, die sich auf Grundstücken ohne Bezug zum Immobilienfonds befinden, dürfen daher nicht erworben werden.  Zudem soll der Erwerb von Erneuerbare-Energie-Anlagen auch nicht zum Hauptzweck des Immobilienfonds werden. Angemessen ist eine Beimischung, sodass eine Anlagegrenze von 15% des Wertes des Fonds vorgesehen ist.

Was ist mit Aufdachanlagen und E-Ladestationen?

Schon nach der bisherigen Rechtslage durften Aufdachanlagen oder sonstige Anlagen, die in einem gewissen baulichen Zusammenhang mit einem Gebäude stehen (z.B. E-Ladestationen), (wohl) als Bewirtschaftungsgegenstand von dem Fonds für sein Gebäude erworben werden; aber nur dann, wenn die von der Anlage produzierte Energie für das Gebäude benötigt oder von dessen Mietern abgenommen wurde. Mit dem ZuFinG wird nun klargestellt, dass Aufdachanlagen und E-Ladestationen auch dann als Bewirtschaftungsgegenstand vom Fonds erworben werden dürfen, wenn sie mehr Energie produzieren, als für das Gebäude benötigt wird oder von dessen Mietern nicht abgenommen wird.

Die Klarstellung erweitert damit den Begriff des Bewirtschaftungsgegenstandes. Auch wenn Aufdachanlagen, die mehr Energie produzieren, als vom Fonds-Gebäude oder dessen Mietern benötigt wird, und E-Ladestationen in einem strengen technischen Sinne nicht für das Gebäude erforderlich sind, dürfen sie nunmehr erworben werden. Diese Klarstellung ist zu begrüßen, denn nur so kann den geänderten Marktansprüchen an die technische Gebäudeausstattung entsprochen werden und der Immobilienfonds damit wettbewerbsfähig bleiben.

Was ist mit dem Betrieb von Freiflächenanlagen, Aufdachanlagen und E-Ladestationen?

Klargestellt wird schließlich auch, dass Freiflächenanlagen, Aufdachanlagen und E-Ladestationen vom Immobilienfonds betrieben werden dürfen, ohne dass der Fonds dadurch seinen vermögensverwaltenden Charakter verliert und sich zu einem operativ tätigen Unternehmen wandelt. Der Betrieb schließt dabei ausdrücklich auch den Verkauf von Strom mit ein.

b) Infrastruktur-Sondervermögen und Spezial-AIF: Erweiterung Anlagekatalog

Zukünftig dürfen offene Publikumsfonds in Form von Infrastruktur-Sondervermögen (§§ 260a ff KAGB) und offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB) direkt in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren. Bisher war nur der indirekte Erwerb über Infrastruktur-Projektgesellschaften möglich. Anders als bei Immobilienfonds ist bei Infrastrukturfonds ein Bezug der Erneuerbaren-Energien-Anlage zu einem Fondsgrundstück nicht erforderlich.

3. Zeitplan und Fazit

Geplant ist, dass das Gesetzgebungsverfahren zum ZuFinG Ende 2023 abschlossen ist. Mit wesentlichen Änderungen der Entwurfsfassung des ZuFinG ist derzeit nicht zu rechnen. Die geplanten Änderungen eröffnen gerade Immobilienfonds neue Anlageoptionen und tragen den aktuellen Ansprüchen an die technische Ausstattung eines Gebäudes Rechnung. Das beträchtliche Potential des Fondsmarktes, einen finanziellen Beitrag zur Energiewende zu leisten, wird mit dem ZuFinG weiter ausgeschöpft.

Bedeutung der Reverse Solicitation im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb – Kommt ein neues Reporting?

Ende letzten Jahres hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) Daten dazu veröffentlicht, in welchem Umfang über die sog. Reverse Solicitation in Fondsprodukte investiert wird. In diesem Beitrag wollen wir einen Blick darauf werfen, wie sich die sog. Reverse Solicitation vom klassischen Vertrieb unterscheidet und welche Daten es zu Reverse Solicitation gibt.

Fonds sind nichts Anderes als gebündeltes Kapital von Anlegern. Damit diese Gelder investieren können, müssen sie erst einmal von der Anlagemöglichkeit wissen und Zugriff auf die Fonds haben. Das geschieht, indem die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ihre Produkte auf dem Markt anbietet, diese also vertreibt. Der Vertrieb ist aufsichtsrechtlich reguliert und als das Anbieten und Platzieren von Fondsanteilen oder –aktien definiert. Damit ein Fondsprodukt auf dem deutschen Markt vertrieben werden darf, muss die KVG bestimmte regulatorische Anforderungen erfüllen, z.B. dem Anleger bestimmte Informationen und Dokumente über ihr Produkt zur Verfügung stellen.

Vertriebsvorgaben gelten dabei nicht nur für deutsche Fonds, die auf dem deutschen Markt angeboten werden sollen. Aufsichtsrechtliche Vertriebsvorgaben gelten auch für EU-Fonds, die in Deutschland angeboten werden sollen. So muss bspw. eine luxemburgische KVG, die einen luxemburgischen Fonds auf dem deutschen Markt anbieten will, diese erfüllen. Gemeinsam ist diesen Vertriebskonstellationen, dass die Initiative von der KVG ausgeht; sie bietet ihre Fondsprodukte zur Zeichnung aktiv auf dem Markt an und möchte deutsche Anleger erreichen.

Allerdings: Viele Investoren, gerade institutionelle, wissen häufig genau, welche Anlagemöglichkeit sie suchen und wie diese ausgestaltet sein soll. Sie warten also nicht, bis ihnen auf dem Markt eine geeignete Investitionsmöglichkeit angeboten wird, sondern fragen diese aktiv selbst an. Hier geht die Investitionsinitiative also von dem Investor, und nicht von der KVG aus. Aufsichtsrechtlich liegt dann kein Vertrieb vor und die Vertriebsvorgaben finden keine Anwendung.

Entsprechendes gilt auch für grenzüberschreitende Konstellationen: Fragt z.B. ein deutscher Anleger ein irisches Fondsprodukt einer irischen KVG an, geht die Investitionsinitiative von ihm aus, einen aktiven Vertrieb der irischen KVG auf dem deutschen Markt gibt es in dieser Konstellation nicht. Der Anleger macht hier von seiner passiven Dienstleistungsfreiheit (sog. Reverse Solicitation) Gebrauch. Die passive Dienstleistungsfreiheit ist Teil der EU-Grundfreiheiten und wird durch die aufsichtsrechtliche Regulierung des Vertriebs nicht berührt. Sie schützt die Freiheit, dass ein Empfänger einer Dienstleistung (hier der deutsche Anleger) aus einem anderen Mitgliedstaat kommt (aus Sicht der irischen KVG also Deutschland) als der Dienstleister (in unserem Beispiel die irische KVG).

Lässt sich Kapital also ganz einfach über die passive Dienstleistungsfreiheit einsammeln und damit die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an den Vertrieb umgehen? Könnten sich KVGen also stets darauf berufen, gar nichts selbst auf den Markt zugegangen zu sein, sondern dass die Initiative stets vom Anleger ausging? Hier ist Vorsicht geboten. Fondsanbieter sollten keine vollständigen Vertriebsmodelle auf die Reverse Solicitation stützen. Der gesetzliche Regelfall ist der Vertrieb, also, dass die KVG ihr Produkt aktiv auf dem Markt platziert. Ist es ausnahmsweise umgekehrt und der Investor kommt aktiv mit einer Investitionsanfrage auf den Anbieter zu, sollte die KVG sich (gegenüber der Aufsicht) absichern und das gut dokumentieren.

Auf Anfrage der EU-Kommission hat die ESMA bei den nationalen Aufsichtsbehörden nun eine Umfrage durchgeführt, in welchem Umfang über die sog. Reverse Solicitation in Fondsprodukte investiert wird. Interessant sind diese Daten für die EU z.B. deshalb, weil sie mit der AIFMD II jüngst ein Regelwerk verabschiedet hat, das den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb erleichtern und vor allem vereinheitlichen soll (dazu haben wir bereits hier, hier und hier ausführlich berichtet). Die nationalen Aufsichtsbehörden verfügen laut ESMA jedoch nur vereinzelt über solche Daten. Laut der italienischen Aufsichtsbehörde Consob stammt ein Viertel des investierten Kapitals aus Reverse Solicitation, wovon wiederum 99% auf professionelle Investoren entfallen. In Zypern stammt laut CySEC 30% des von OGAW-KVGen und 50% des von AIF-KVGen genutzten Kapitals aus Reverse Solicitation. In Spanien hingegen geht man davon aus, dass lediglich ca. 1,3% des Kapital aus Reverse Solicitation stammen. Daten für Deutschland wurden nicht veröffentlicht.

Nach ihrer Umfrage kommt die ESMA zu dem Schluss, dass valide und permanente Daten über die Frage, wie viel Kapital für Fondsprodukte über den klassischen Vertrieb und über Reverse Solicitation eingesammelt wird, nur durch die Einführung eines neues Reporting gewährleisten werden. Konkrete Vorschläge für ein solches Reporting gibt es derzeit aber noch nicht. Es bleibt daher abzuwarten, ob die EU-Kommission den Vorschlag der ESMA aufgreifen wird, um sich ein genaueres Bild über die Bedeutung der Reverse Solicitation im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb zu machen.

Neue BaFin Richtlinie: Wann darf ein Fonds als nachhaltig bezeichnet werden?

Nachhaltigkeit verkauft sich gut. Das gilt auch für Fondsprodukte. Damit steigt aber auch die Gefahr des sog. Greenwashing. Hierbei werden Fonds dem Anleger als nachhaltig angeboten, ohne dass sie aber tatsächlich eine entsprechende Anlagepolitik verfolgen. Um das zu verhindern, hat die BaFin Anfang August eine Richtlinie zur Konsultation vorgelegt, mit der sie festlegen will, wie Kapitalverwaltungsgesellschaften Fonds künftig ausgestalten müssen, die sie als nachhaltig bezeichnen oder als explizit nachhaltig vertreiben. Sie können dabei zwischen drei Varianten wählen: Mindestinvestitionsquote, nachhaltige Anlagestrategie oder nachhaltiger Index. Die Konsultation läuft bis Anfang September 2021. Da sich aus dem Konsultationsprozess erfahrungsgemäß aber eher weniger Änderungen ergeben, lohnt sich bereits jetzt ein Blick auf die neue Richtlinie.

Für welche Fonds gilt die Richtlinie?

Die Vorgaben der BaFin Richtlinie gelten nur für inländische Publikumsfonds, also Fonds, die auch an Privatanleger vertrieben werden dürfen. Nicht erfasst sind Spezial-Fonds, die vor allem professionellen Anlegern wie z.B. Versicherungen vorbehalten sind. Hier besteht generell ein geringeres Schutzbedürfnis des Anlegers.

Die Richtlinie zielt zum einen auf solche Publikumsfonds ab, die bereits in ihrem Namen einen Nachhaltigkeitsbezug aufweisen, wie zum Beispiel „ESG“, „sustainable“ oder „green“. Sie erfasst zum anderen Publikumsfonds, die als nachhaltig vertrieben werden, indem zum Beispiel in den Verkaufsunterlagen der Fonds als nachhaltig dargestellt wird. Die Nachhaltigkeit muss sich nicht nur in den Verkaufsunterlagen, sondern auch ganz konkret in den Anlagebedingungen des Fondsproduktes widerspiegeln. Dazu gibt die BaFin drei Möglichkeiten vor:

1. Nachhaltig durch eine Mindestinvestitionsquote

Bei einer Mindestinvestitionsquote muss im Rahmen der Anlagegrenzen eine Regelung aufgenommen werden, wonach der Fonds zu mindestens 75 Prozent in nachhaltige Vermögensgegenstände investiert sein muss. Die Anlagebedingungen müssen Angaben dazu enthalten, welche Vermögensgegenstände als nachhaltig angesehen werden. Dazu sind die Vorgaben der EU-Offenlegungsverordnung heranzuziehen. Nachhaltig ist danach z.B. eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die zur Erreichung eines Umweltziels beiträgt (z.B. Reduzierung von Treibhausgasen) und gleichzeitig kein Umweltziel beeinträchtig.

Soweit der Fonds in Finanzinstrumente oder Unternehmensbeteiligungen investieren darf, muss gewährleistet sein, dass die Emittenten der Finanzinstrumente bzw. die Portfolio-Unternehmen (i) einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines Umwelt- oder Sozialziels im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung bzw. EU-Taxonomieverordnung leisten und (ii) diese Umweltziele nicht beeinträchtigen. Bzgl. letzterem stellt die Richtlinie konkrete Vorgaben für den Umsatz der Emittenten bzw. Portfolio-Unternehmen auf. Damit Umweltziele nicht beeinträchtigt sind, dürfen sie ihren Umsatz z.B. zu max. 5% aus der Förderung von Kohle und Erdöl generieren.

Entsprechendes gilt auch für Immobilien-Fonds. Auch hier ist durch klare Vorgaben und Ausschlusskriterien in den Anlagebedingungen zu gewährleisten, dass alle Immobilien etwa in Bezug auf die Bewirtschaftung und die Sanierung (i) einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines Umwelt- oder Sozialziels im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung bzw. der EU-Taxonomieverordnung leisten und (ii) diese Umweltziele nicht beeinträchtigen.

2. Nachhaltig durch die Anlagestrategie

Wenn keine feste Mindestinvestitionsquote geregelt werden soll, können die Anlagebedingungen vorsehen, dass bei mindestens 75 Prozent des Fonds die Nachhaltigkeitsgesichtspunkte bei der Auswahl der Vermögensgegenstände von entscheidender Bedeutung sind oder dass bei der Verwaltung des gesamten Fonds eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt wird.  Die besondere Rolle der Nachhaltigkeitsgesichtspunkte ist dann in der Anlagestrategie näher darzustellen. Es ist sicherzustellen, dass keines der in der EU-Offenlegungsverordnung oder EU-Taxonomieverordnung genannten Umwelt- bzw. Sozialziele beeinträchtigt werden, indem etwa entsprechende Ausschlüsse in der Anlagestrategie vorgesehen werden.

3. Nachbildung eines nachhaltigen Index

Nachhaltigkeitsziele können auch im Rahmen einer passiven Anlagestrategie durch die Nachbildung eines nachhaltigen Index erreicht werden. Die Anlagebedingungen müssen dann nähere Ausführungen darf zum Nachhaltigkeitscharakter dieses Index enthalten. Durch die Zusammensetzung des Index darf keines der in der EU-Offenlegungsverordnung oder EU-Taxonomieverordnung genannten Umwelt- bzw. Sozialziele beeinträchtigt werden; auch hier können dazu entsprechende Ausschlüsse vorgesehen werden.

Verhältnis zur EU-Offenlegungsverordnung

Die EU-Offenlegungsverordnung wird durch die BaFin Richtlinie nicht berührt. Erstere verpflichtet Finanzmarktteilnehmer „lediglich“ zu Transparenzpflichten über Nachhaltigkeitsaspekte. Über die Bezeichnung eines Fonds als nachhaltig und die Ausgestaltung von Anlagebedingungen enthält sie hingegen keine Aussage. Sie dient aber als Auslegungs- und Definitionshilfe dazu, was unter dem Begriff Nachhaltigkeit zu verstehen ist.

Fazit

Die Aufsicht bemüht sich sichtlich, Rechtsklarheit und –sicherheit beim Thema Nachhaltigkeit zu schaffen. Es gibt immer mehr Guidance, sowohl auf EU als auch auf nationaler Ebene. Gerade weil nachhaltige Produkte bei den Anlegern gut ankommen, ist das zu begrüßen. Damit kann Greenwashing effektiver verhindert werden und der Anleger kann sicher sein, dass dort, wo Nachhaltigkeit draufsteht, auch Nachhaltigkeit drin ist.

Teilgesellschaftsvermögen und Swing Pricing: Fondsstandort Deutschland wird gestärkt

Am 27. März 2020 wurde, inmitten der Corona-Krise relativ unbeachtet, das Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien verabschiedet (abrufbar hier) ; am 28. März 2020 trat es in weiten Teilen bereits in Kraft. Hinter dem eher technischen Gesetzesnamen verbergen sich praxisrelevante Änderungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB): Teilgesellschaftsvermögen sind künftig für alle Fonds möglich und das sog. Swing Pricing ist künftig ebenfalls erlaubt. Zudem gibt es Änderungen bei der Rückgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen. Die aktuellen Änderungen des KAGB stellen wir im Folgenden vor.

Teilgesellschaftsvermögen

Künftig sollen alle Fonds Teilgesellschaftsvermögen auflegen können. Dies war bisher nur offenen Fonds gestattet; nun besteht diese Möglichkeit auch für geschlossene Fonds. So können unter einem Dach verschiedene Anlagestrategien verfolgt werden, die rechtlich und haftungsrechtlich aber von einander strikt getrennt sind. Das spart Kosten, weil man nun einen Fonds auflegen kann, wo man vorher zwei bzw. verschiedenen Anteilsklassen brauchte. Dieser bisherige Unterschied etwa zu Luxemburg wurde in der Branche schon lange bemängelt; mit den aktuellen Änderungen des KAGB zieht der Fondsstandort Deutschland gleich. Mit der Einführung werde der Gestaltungsspielraum bei der Auflage von Fondsvehikeln erweitert und Nachteile gegenüber anderen Fondsstandorten beseitigt, so begründet der Gesetzgeber selbst die Gesetzesänderung.

Swing Pricing

Swing Pricing ist eine international übliche Methode, die Transaktionskosten verursachergerecht verteilt, wenn ein Anleger Anteilsrücknahmen verlangt oder Anteile erwerben möchte. Wenn ein Anleger Anteile an einem Fonds zurückgibt, müssen in der Regel Anlagegegenstände (z.B. Aktien bei einem Aktienfonds) verkauft werden. Dabei fallen Kosten an (Depotkosten, Handelskosten, etc.). Es soll künftig möglich sein, diese Kosten dem Anleger aufzuerlegen, der seine Anteile zurückgibt. Dasselbe gilt, wenn Anteile erworben werden. Dann hat der Fonds mehr Geld, das angelegt wird. Das verursacht wieder Transaktionskosten, die der neue Anleger tragen kann. Die neue Regelung gibt nur die Möglichkeit vor, Swing Pricing ist nicht verpflichtend. Ob ein Fonds das umsetzen möchte, wird in den Anlagebedingungen des Fonds geregelt, so dass jeder Anleger vor Zeichnung der Anteile weiß, woran er ist. Ausnahme für das Swing Pricing sind Immobilienfonds, denn aufgrund der hohen Transaktionskosten, wenn eine Immobilie verkauft oder erworben wird, ist das Swing Pricing in diesem Bereich nicht praxisgerecht.

Rückgabe von Anteilen: Rückgabefristen und Redemption Gates

Änderungen gibt es auch im Bereich der Rückgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen. Zum einen wurde die Möglichkeit, eine Anteilsrückgabe nur unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist zu erlauben, erweitert. Bei Immobilienfonds ist die Vereinbarung von Kündigungsfristen schon üblich. Zukünftig soll dies z.B. auch für Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapiere (OGAW) möglich sein. Die Ankündigungsfrist darf allerdings höchstens einen Monat betragen.

Zudem ist nunmehr eine kurzfristige Aussetzung oder Beschränkung der Anteilrücknahme möglich (sog. Redemption Gates). Die Beschränkung darf höchstens 15 Arbeitstage andauern. Die Rückgabe von Anteilen kann beschränkt werden, wenn die Rückgabeverlangen der Anleger einen zuvor festgelegten Schwellenwert erreichen, ab dem die Rückgabeverlangen aufgrund der Liquiditätssituation der Vermögensgegenstände des Fonds nicht mehr im Interesse der Gesamtheit der Anleger ausgeführt werden können. Redemption Gates sind daher, wie Rückgabefristen auch, ein Instrument der Liquiditätssteuerung. Ob ein sog. Redemption Gate greift, die Ausgestaltung der Schwelle und die Beschränkungen dürfen individuell für den Fonds geregelt werden. Redemption Gates sind für OGAW, Gemischten Investmentvermögen und Spezialfonds möglich.

Fazit

Durch die Änderungen des KAGB zieht der Fondsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb, vor allem auch mit Luxemburg, gleich. Marktteilnehmern wird mehr Flexibilität ermöglicht. Insbesondere die Erweiterung der Möglichkeit, Teilgesellschaftsvermögen zu bilden, ist positiv zu bewerten. Ein kleiner Lichtblick in der Coronazeit.