Update: Fit and Proper Anforderungen an Geschäftsleiter

Anfang Juli haben die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – „ESMA“) und die Europäische Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority – „EBA“) ihre überarbeiteten Joint Guidelines zu den Geeignetheitsanforderungen and Geschäftsleiter veröffentlicht. Wir geben dazu ein kurzes Update.

Was ist der Hintergrund?

Geschäftsleiter regulierter Institute müssen fachlich geeignet und zuverlässig sein und ihrer Tätigkeit ausreichend Zeit widmen. Die fachliche Eignung setzt voraus, dass die Geschäftsleiter in ausreichendem Maß theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie Leitungserfahrung haben. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat zuletzt bereits die fachliche Eignung sowohl des einzelnen Geschäftsleiters als auch insbesondere die kollektive fachliche Eignung der Geschäftsführung als solcher in den aufsichtlichen Fokus gerückt. Darüber haben wir bereits hier berichtet.

Was beinhalten die überarbeiteten Joint Guidelines?

Zwei Punkte sind besonders interessant. Zum einen die erforderlichen Kenntnisse von Geschäftsleitern zur Verhinderung von Geldwäsche und zum anderen die geschlechterausgewogene Besetzung von Geschäftsleiterpositionen.

Kenntnisse zur Verhinderung von Geldwäsche

Die Joint Guidelines stellen klar, dass Kenntnisse im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung Bestandteil der fachlichen Eignung von Geschäftsleitern sind. Ausreichende fachliche Eignung und Kenntnisse der Geschäftsleiterin, die für die Umsetzung und Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften verantwortlich ist, schließt ausdrücklich die Identifizierung, das Management und die Minderung von Geldwäscherisiken und des Risikos der Terrorismusfinanzierung mit ein. Kenntnisse im Bereich der Geldwäsche sind auch für die kollektive fachliche Eignung der Geschäftsführung erforderlich. Diese können etwa durch entsprechende Schulungen sichergestellt werden. Diejenige Geschäftsleiterin aber, die die Umsetzung geldwäscherechtlicher Anforderungen verantwortet, bedarf hier vertiefter Kenntnisse.

Geschlechterausgewogene Besetzung

Zudem stellen die Joint Guidelines klar, dass Institute zum einen eine Policy aufgesetzt und implementieren haben sollten, die Diversität in der Geschäftsführung fördert, um eine möglichst große Vielfalt in deren Besetzung zu erreichen. Zum anderen sollten Institute auch ganz konkret eine angemessene Vertretung aller Geschlechter im Leitungsorgan anstreben und sicherstellen, dass bei der Auswahl der Mitglieder des Leitungsorgans das Prinzip der Chancengleichheit beachtet wird. Hierbei handelt es sich aber (noch) nicht um zwingende Regelungen, sondern um „Sollvorschriften“.

Allerdings hat die EZB passend dazu in einem jüngst veröffentlichten Leitartikel ausdrücklich betont, dass sie zukünftig genau prüfen wird, welche Fortschritte Banken beim Thema Diversität machen. Dabei werden auch Informationen darüber eingeholt werden, ob interne Diversitätsziele festgelegt wurden und ob diese Ziele erreicht wurden. Wenn diese internen Ziele verfehlt wurden, wird die EZB Maßnahmen zur Beseitigung von Ungleichgewichten in der Besetzung der Geschäftsleitung empfehlen. Außerdem werden die Banken zukünftig auf etwaige Mängel im Rahmen des jährlichen aufsichtlichen Bewertungs- und Überprüfungsprozesses hingewiesen werden. Die EZB betont, dass bei Nichteinhaltung interner Diversitätsziele verpflichtende Regelungen möglich sind.

Was bleibt mitzunehmen?

Das Thema Geldwäsche scheint ein aufsichtlicher Dauerbrenner zu werden. Institute sollten sicherstellen, dass ihre Geschäftsleiter hier über ausreichend Kenntnisse und Erfahrung verfügen. Darüber hinaus ist das Thema Geschlechterausgewogenheit nun auch endgültig auf höchster regulatorischer Ebene angekommen. Institute sollten mit gutem Beispiel vorangehen und eine ausgewogene Besetzung ihrer Geschäftsleitung nicht nur anstreben, sondern auch tatsächlich umsetzen.

Risikoreduzierungsgesetz: Die Umsetzung des EU-Bankenpakets

Zum Jahreswechsel wurden zahlreiche neue regulatorische Vorhaben veröffentlicht. Diese Woche starten wir mit der Vorstellung des sog. Risikoreduzierungsgesetzes, das (größtenteils) bereits Ende 2020 in Kraft getreten ist.

Das Risikoreduzierungsgesetz dient der Umsetzung des sog. EU-Bankenpakets und umfasst Änderungen der Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation – nunmehr CRR II), der Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive – nunmehr CRD V), der Abwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive – nunmehr BRRD II) und des einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism Regulation – nunmehr SRMR II). Die Anpassungen der EU-Verordnungen finden unmittelbar in den Mitgliedstaaten Anwendung; im Falle der angepassten EU-Richtlinien (CRD V und BRRD II) bedarf es hingegen einer Umsetzung in nationales Recht. Diese erfolgt für Deutschland mit dem Risikoreduzierungsgesetz (RiG).

Vorgesehen sind vor allem Anpassungen des Kreditwesengesetzes (KWG) und des Gesetzes zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (SAG). Dieser Beitrag konzentriert sich im Folgenden auf die Vorstellung ausgewählter Änderungen und Neuerungen im KWG.

Wesentliche Änderungen im KWG

  • Zulassungspflicht von Finanzholdinggesellschaften

Finanzholdinggesellschaften sind Finanzinstitute, dessen Tochterunternehmen ausschließlich bzw. hauptsächlich selbst Institute oder Finanzinstitute sind. Eine Finanzholdinggesellschaft kann also z.B. das Mutterunternehmen einer Bankengruppe sein. Die Anwendung aufsichtsrechtlicher Anforderungen beschränkt sich in einem solchen Fall nicht nur auf die Einzelebene der Tochterunternehmen, sondern erfolgt auf konsolidierter Ebene. Zukünftig sieht das KWG für Finanzholdinggesellschaften, die an der Spitze einer Gruppe stehen und für die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten auf Gruppenebene verantwortlich sind, eine Zulassungspflicht vor. Die Finanzholdinggesellschaft selbst wird damit verpflichtet, die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen auf Gruppenebene sicherzustellen, nur dann wird die Zulassung erteilt. Das ist sachgerecht, da es für die von der Holdinggesellschaft kontrollierten (Tochter-)Institute in der Regel eher schwierig ist, die Einhaltung von aufsichtlichen Anforderungen innerhalb der ganzen Gruppe sicherzustellen. Die neuen Regelungen im KWG legen im Detail fest, welche Informationen und Unterlagen im Rahmen des Zulassungsverfahrens einzureichen sind sowie die konkreten Voraussetzungen, die für die Erteilung der Zulassung zu erfüllen sind. Die Zulassungspflicht gilt grundsätzlich ab Inkrafttreten des RiG, also bereit ab Ende 2020. Für bereits am 27. Juni 2019 bestehende Finanzholding-Gesellschaften gilt allerdings insoweit eine Übergangsregelung als eine Zulassung erst bis Ende Juni 2021 beantragt werden muss. Dies stellt aber lediglich eine Verfahrenserleichterung dar; während des Übergangszeitraums stehen der Aufsicht alle aufsichtsrechtlichen Befugnisse zu, die auch gegenüber zugelassenen Finanzholdinggesellschaften bestehen.

  • Einrichtung eines Intermediate EU Parent Undertaking

Neu eingeführt wird auch die Pflicht zur Einrichtung eines zwischengeschalteten EU-Mutterunternehmens (Intermediate EU Parent Undertaking – IPU). Dies gilt für Drittstaatenbankengruppen, also wenn zwei oder mehr CRR-Institute mit Sitz im EWR das gleiche Mutterunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat haben und der Gesamtwert der Vermögenswerte der Drittstaatengruppe innerhalb des EWR 40 Mrd. Euro übersteigt. Das IPU muss grundsätzlich ein CRR-Kreditinstitut oder eine Finanzholding-Gesellschaft sein, die über eine entsprechende Zulassung verfügt (s.o.); Wertpapierfirmen können nur in bestimmten Fällen als IPU qualifizieren. Mit der Einrichtung eines IPU soll erreicht werden, die Aufsicht über eine Drittstaaten-Bankengruppe, die in der EU tätig ist, zu erleichtern. Die Verpflichtung zur Einrichtung eines IPU gilt grundsätzlich ab Inkrafttreten des RiG, also bereits ab Ende 2020. Für Drittstaaten-Bankengruppen, die bereits am 27. Juni 2019 mit mehr als einem Institut in der EU vertreten waren und deren Vermögenswerte die 40 Mrd. zu diesem Zeitpunkt überschritten haben, gilt allerdings eine Übergangsregelung; sie müssen bis Ende Dezember 2023 über ein IPU verfügen.

  • Anpassung der Organkreditvorschriften

Die sog. Organkreditvorschriften des KWG enthalten Regelungen, wonach Kreditvergaben an bestimmte Personengruppen eines einstimmigen Beschlusses der Geschäftsleiter des Instituts bedürfen. Damit soll Interessenkonflikten bei der Kreditvergabe vorgebeugt werden. Erfasst sind derzeit etwa Kreditvergaben an die Geschäftsleiter selbst, die Mitglieder des Aufsichtsorgans sowie ihre Ehegatten und minderjährigen Kinder. Das RiG schärft hier nach und erweitert den Kreis der Personen, auf die die besonderen Beschlussfassungspflichten anzuwenden sind; nunmehr ist auch die Kreditvergabe an Elternteile und volljährige Kinder von Geschäftsleitern oder Mitgliedern des Verwaltungs- bzw. Aufsichtsrats erfasst. Auch hier sollen Interessenskonflikte bei der Kreditvergabe im „engsten Familienkreis“ vermieden werden.

  • Vergütungsregelungen und einheitliche Definition eines bedeutenden Instituts

Im Bereich der Vergütungsregelungen gibt es hinsichtlich der Risikoträgeridentifikation und der geschlechtsneutralen Vergütung neue Regelungen. Bislang galt diese Verpflichtung zur Risikoträgeridentifikation nur für bedeutende Institute. Nunmehr ist sie von allen CRR-Instituten sowie Instituten, die zwar kein CRR-Institut, aber ein bedeutendes Institut sind, durchzuführen. Die Definition eines bedeutenden Instituts wird durch das RiG ebenfalls nunmehr einheitlich im Rahmen der Begriffsbestimmungen geregelt. Hintergrund der Identifizierungspflicht von Risikoträgern ist, dass die Vergütungssysteme, die auf sie angewendet werden, besonderen Anforderungen unterliegen, die im Detail in der Institutsvergütungsverordnung geregelt sind. Zudem wird das Prinzip der geschlechtsneutralen Vergütung ausdrücklich für die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans eines Instituts aufgenommen. Eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts ist unzulässig.

  • Corporate Governance

Im Bereich Corporate Governance enthält das RiG vor allem Regelungen zur Eignung von Geschäftsleitern und Organmitgliedern. Die Verantwortung zur anfänglichen und fortbestehenden Eignung von Organmitgliedern für ihre jeweilige Position liegt bei dem Institut. Liegen Tatsachen vor, die erhebliche Auswirkungen auf die ursprüngliche Beurteilung der Zuverlässigkeit und Eignung haben, wird nunmehr klargestellt, dass diese unverzüglich von den Instituten anzuzeigen sind. Zudem ist das Ergebnis der Beurteilung der Eignungsanforderungen durch das anzeigende Institut mitzuteilen. Ferner wird geregelt, dass die Geschäftsleiter in ihrer Gesamtheit über ein angemessen breites Spektrum von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen müssen, die zum Verständnis der Tätigkeiten des Instituts einschließlich seiner Hauptrisiken notwendig sind. Jedes einzelne Mitglied der Geschäftsleitung muss aber nach wie vor die zur Erfüllung seiner jeweiligen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen. Weitere Informationen hierzu sind im überarbeiteten Merkblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu den Geschäftsleitern und den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen enthalten, die bereits entsprechend Ende Dezember 2020 angepasst wurden.

Übergangsvorschriften für Wertpapierfirmen

Wertpapierfirmen werden ab Mitte 2021 grundsätzlich nicht mehr den KWG-Regelungen, sondern einem eigenen Regelungsregime unterliegen; darüber haben wir bereits hier ausführlich berichtet. Die Änderungen, die aufgrund des RiG im KWG erforderlich werden, gelten deshalb in dem Übergangszeitraum nach Inkrafttreten des RiG (Ende 2020) und vor dem Inkrafttreten des neuen Aufsichtsregimes (Juni 2021) nicht für Wertpapierfirmen. Für sie gelten weiterhin die Vorschriften des KWG in der vor Inkrafttreten des RiG gültigen Fassung. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die Verpflichtung der Einrichtung eines IPU.

Ausblick

Mit der Umsetzung des EU-Bankenpakets ist ein weiterer wichtiger Regulierungsabschnitt zur Reduzierung der Risiken im Bankensektor abgearbeitet. Aber nach der Regulierung ist vor der Regulierung und die EU-Kommission arbeitet bereits an den Entwürfen der CRR III und CRD VI, mit denen die Umsetzung des finalen Basel III-Pakets von 2017 erfolgen soll. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise wurde dessen Umsetzung um ein Jahr auf Januar 2023 verschoben.

Der Entwurf des neuen WpFG ist da! – Teil 2

Ende Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des neuen Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WpFG) veröffentlicht. Mit dem WpFG werden die Regelungen der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) in nationales Recht umgesetzt. Flankiert wird das WpFG von den Detailregelungen der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR), die als europäische Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Anwendung findet.

Im vorherigen Teil 1 haben wir beleuchtet, wie das WpFG die Struktur des bestehenden Aufsichtsregime verändern wird und welche Anforderungen an das Anfangskapital und die sonstigen Eigenmittel für Wertpapierfirmen zukünftig gelten. In diesem Teil 2 werden wir nun die besonderen aufsichtsrechtlichen Anforderungen des WpFG an Wertpapierfirmen (sog. Solvenzaufsicht) sowie die diesbezüglichen besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin näher betrachten.

Anforderungen und Aufsichtsbefugnisse zur Solvenz von Wertpapierfirmen

  • Risikotragfähigkeit
    Wertpapierfirmen müssen laufend ihre Risikotragfähigkeit sicherstellen. Das bedeutet, dass sie stets genug Eigenmittel vorhalten müssen, um ihre spezifischen Risiken abzusichern. Um dies überprüfen zu können, müssen sie entsprechende interne Verfahren implementieren, die die bestehenden Risiken und die vorhandenen Eigenmittel stetig abgleichen.
  • Governance
    Das WpFG stellt konkrete Anforderungen an die interne Unternehmensführung von Wertpapierfirmen. Sie müssen klare Organisationsstrukturen und Berichtslinien, ein Risikomanagement und interne Kontrollmechanismen sowie geschlechtsneutrale Vergütungssysteme vorhalten. Eine entsprechende interne Unternehmensstruktur ist der Grundstein für aufsichtsrechtliche Compliance von Wertpapierfirmen.
  • Risikosteuerung
    Die Risikosteuerung ist Teil des Risikomanagements. Wertpapierfirmen müssen Strategien und Verfahren zur Risikosteuerung einrichten, mittels derer eine Identifikation, Beurteilung und Steuerung der Risiken einer Wertpapierfirma gewährleistet wird. Nur wenn die Wertpapierfirma ihre Risiken kennt und steuern kann, kann sie entsprechend agieren, Risiken begrenzen und schlussendlich im Rahmen der Risikotragfähigkeit sicherstellen, dass ausreichend Eigenmittel vorgehalten werden.
  • Vergütungsregelungen
    Das WpFG stellt Anforderungen an das interne Vergütungssystem von Wertpapierfirmen. So muss es bspw. ein angemessenes und transparentes Vergütungssystem für Geschäftsleiter und sonstige leitende Angestellte, wie z.B. dem Leiter der Compliance Funktion, verfügen. Zudem muss ein angemessenes Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung vorhanden sein.
  • Geschäftsleiter und Aufsichtsorgan im Rahmen des Risikomanagements
    Geschäftsleiter von Wertpapierfirmen tragen die Gesamtverantwortung für die Risikostrategie und den Umgang mit Risiken. Das Aufsichtsorgan der Wertpapierfirma (je nach gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung z.B. der Aufsichtsrat) überwacht die Risikostrategie, die internen Verfahren zum Umgang mit diesen Risiken sowie die Vergütungssystem. Bestimmte „große“ Mittlere Wertpapierfirmen müssen zudem auf Ebene des Aufsichtsorgans einen Risikoausschuss und einen Vergütungskontrollausschuss einrichten. Die Ausschüsse unterstützen das Aufsichtsorgan in seinen jeweiligen Überwachungsfunktionen.
  • Besondere Aufsichtsbefugnisse der BaFin
    Zur Sicherstellung der Solvenz von Wertpapierfirmen werden der BaFin im WpFG besondere Aufsichtsbefugnisse verliehen. Insbesondere kann sie anordnen, dass Wertpapierfirmen zusätzliche Eigenmittel vorhalten, die über die Mindesteigenmittelanforderungen des WpFG hinausgehen. Auch die Zusammensetzung der zusätzlichen Eigenmittel ordnet die BaFin an. Diese Anordnungsbefugnis soll letztlich die Risikotragfähigkeit der Wertpapierfirmen sicherstellen.

Das neue WpFG: Fazit

Durch die Einführung des WpFG wird ein separates Aufsichtsregime für Wertpapierfirmen geschaffen. Damit wird anerkannt, dass der Tätigkeit von Wertpapierfirmen ein anderes Risikoprofil innewohnt als denen klassischer Banken. Das spiegelt sich insbesondere in den neuen Anforderungen an das Anfangskapital und die sonstigen Eigenmittelanforderungen wieder. Zukünftig werden Wertpapierfirmen somit passgenauer als bislang reguliert.

BaFin rückt die fachliche Eignung von Geschäftsleitern in den Fokus

Die BaFin konsultiert gerade ein überarbeitetes Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB. Geschäftsleiter müssen ihre fachliche und persönliche Eignung nachweisen, bevor sie ein Kreditinstitut, einen Finanzdienstleistungsinstitut, ein Zahlungsinstitut oder eine Kapitalverwaltungsgesellschaft führen dürfen. Die BaFin hat die Qualifikationen eines designierten Geschäftsleiters immer schon überprüft, doch von nun an scheint sie noch genauer hinzusehen.

Einiges bleibt beim Alten, auch wenn es im Merkblatt neu ist

Grundsätzlich gilt nach wie vor, wer einmal Geschäftsleiter eines regulierten Unternehmens war, hat es nicht schwer, diese Tätigkeit auch bei einem anderen regulierten Unternehmen fortzusetzen. Neben der fachlichen Eignung der einzelnen Geschäftsleiter, die theoretische und praktische Kenntnisse sowie Leitungserfahrung umfasst, wird künftig ein besonderes Augenmerk auch auf die fachliche Eignung der Geschäftsleitung in ihrer Gesamtheit gelegt. Denn die Institute sollen sicherstellen, dass neben der individuellen fachlichen Eignung jedes einzelnen Geschäftsleiters die Geschäftsleitung auch in ihrer Gesamtheit alle notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen mitbringt, um ihrer Gesamtverantwortung für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und den damit eihergehenden Anforderungen jederzeit gerecht zu werden. Zur Evaluierung der Gesamtqualifikation der Geschäftsleitung hat die BaFin ihrer Konsultation eine entsprechende Muster-Matrix beigefügt, die recht umfangreich die Überlegungen der Institute dokumentieren soll.

Auch das ist in der Verwaltungspraxis der BaFin kein ganz neuer Ansatz. Es war auch bisher möglich, dass in einem Institut, das z.B. auf digitale Lösungen spezialisiert ist, ein Geschäftsleiter besondere Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich der IT mitbringt, dafür aber noch nicht ganz so viel Erfahrung im Risikomanagement hat, wenn insgesamt in der Geschäftsleitung alle Verantwortungsbereiche abgedeckt sind. Die Tatsache, dass es dieses Prinzip jetzt in ein Merkblatt geschafft hat, zeigt, dass die BaFin bei Ernennung eines neuen Geschäftsleiters nicht mehr nur den einzelnen Geschäftsleiter überprüft, sondern sich auch erklären lassen wird, wie der neue Geschäftsleiter in die bereits bestehende Führungsriege passt.

Die BaFin geht weiterhin davon aus, dass neue Geschäftsleiter nach Amtseinführung geschult werden, um allen Anforderungen, die mit der Geschäftsleitung einhergehen, gerecht werden zu können. Insbesondere sollen alle neuen Geschäftsleiter Verständnis für die Struktur, das Geschäftsmodell, das Risikoprofil und die Governance-Regelungen des Instituts sowie ihre eigene Rolle in der Geschäftsleitung entwickeln. Dies soll durch Fort- und Weiterbildungen unterstützt werden. Das ist in der Praxis auch heute schon üblich. Auch forderte die BaFin auch in der Vergangenheit Institute auf, neue Geschäftsleiter entsprechend nach ihrer Ernennung zu schulen.

Es bleibt dabei, dass unbeschadet der aufsichtlichen Beurteilung die primäre Verantwortung für die Erst- und Folgebewertungen der individuellen Eignung und der Eignung in der Gesamtheit der Geschäftsleitung bei den Instituten verbleibt. Die BaFin überprüft dies regelmäßig anhand der Berichterstattung des Jahresabschlussprüfers. Die Institute sind verpflichtet, der BaFin und ggf. der Deutschen Bundesbank auf Anforderung weitere Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die es der Aufsicht erlauben, die Qualifikation der Geschäftsleiter zu beurteilen.

Neue Anforderungen

Daneben gibt es nun für Institute neue ToDos. Teil der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation eines Institutes ist künftig, dass es (a) Eignungsrichtlinien, (b) Diversitätsrichtlinien für Geschäftsleiter, Verwaltungs- und Aufsichtsratsmitglieder und Mitarbeiter, (c) Einführungs- und Schulungsrichtlinien und (d) Richtlinien spezifisch für den Umgang mit Interessenskonflikten für Geschäftsleiter, Verwaltungs- und Aufsichtsratsmitglieder und Mitarbeiter geben soll.

Die Eignungsrichtlinien sollen Richtlinien und Prozesse zur Bewertung der individuellen Eignung und der Eignung in der Gesamtheit der Geschäftsleitung aufstellen. Diese Richtlinien sollen an den gesamten Governance-Rahmen des Instituts, die Unternehmenskultur und die Risikobereitschaft des Instituts angepasst sein. Auch Inhaber von Schlüsselpositionen (etwa der Leiter der internen Revision oder der CFO, sofern dieser nicht Geschäftsleiter ist) sollen hier berücksichtigt werden.

Anknüpfend an die Eignungsrichtlinien müssen sich Institute künftig Gedanken über Fort- und Weiterbildung machen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sollten, soweit möglich, vor Beginn der Tätigkeit über die Kultur, Werte, das Verhalten und die Strategie des Instituts und seiner Geschäftsleitung bzw. seines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans informiert zu sein. Dafür müssen angemessene personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Richtlinien und Verfahren zur Einführung und Schulung von Mitgliedern der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sollen nach Ansicht der BaFin mindestens die folgenden Inhalte umfassen:

  • jeweils Einführungs- und Schulungsziele getrennt für Geschäftsleitung und Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan; diese Ziele sollten für konkrete Positionen gemäß ihren bestimmten Verantwortlichkeiten und Beteiligung an Ausschüssen spezifiziert werden,
  • die Verantwortlichkeit für die Entwicklung eines ausführlichen Schulungsprogramms,
  • die für die Einführung und Schulung vom Institut zur Verfügung gestellten Finanz- und Personalressourcen unter Berücksichtigung der Anzahl und Kosten von Einführungs- und Schulungssitzungen, sowie dazugehörenden Verwaltungsaufgaben,
  • einen klar festgelegten Vorgang, nach dem jedes Mitglied des Leitungsorgans eine Einführung oder Schulung anfordern kann.

Darüber hinaus sollte das Institut einen Prozess zur Bestimmung der Bereiche einrichten, in denen Schulungen erforderlich sind. Das wird für die einzelnen Institute einiges an Planung und Umsetzungsaufwand erfordern.

Die BaFin verspricht sich davon qualifizierte Geschäftsleiter, die für aktuelle und künftige Aufgaben gut gerüstet sind.

Was gilt für wen, wenn EBA/ESMA, EZB und BaFin sich zu demselben Thema äußern? – Aufsichtskonvergenz innerhalb der EU am Beispiel der Geschäftsleitereignung

Geschäftsleiter eines regulierten Unternehmens kann nicht jeder werden. Es gibt spezifische aufsichtsrechtliche Vorgaben, die ein Geschäftsleiter erfüllen muss, z.B. muss er über eine ausreichende fachliche Eignung verfügen und insgesamt zuverlässig sein. Was sind nun die Vorgaben an die fachliche Eignung und was bedeutet Zuverlässigkeit genau? Hierzu geben Veröffentlichungen der Aufsichtsbehörden Aufschluss. Zum Thema Geschäftsleitereignung gibt es gleich von verschiedenen Behörden Äußerungen.

Bereits seit Januar 2016 gilt in Deutschland das von der BaFin veröffentliche Merkblatt zu den Geschäftsleitern, das zuletzt im Januar 2017 aktualisiert wurde. Nachdem EBA und ESMA im März 2018 weitere Leitlinien zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhabern von Schlüsselfunktionen und zur internen Governance veröffentlichten, hat die EZB im Mai 2018 den Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit an diese Leitlinien angepasst.

Angesichts der verschiedenen Veröffentlichungen stellt sich die Frage, welche rechtlichen Verbindlichkeiten damit einhergehen und was in der Praxis beachtet werden muss.

Für deutsche Institute gilt zunächst unmittelbar die Verwaltungspraxis der BaFin, die in dem Merkblatt zu den Geschäftsleitern veröffentlicht ist.

Die Aufgabe von EBA und ESMA hingegen ist unter anderem die Sicherstellung stabiler und funktionsfähiger Finanzmärkte. Dazu gehört auch die Förderung der Aufsichtskonvergenz in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Um eine gemeinsame Aufsichtskultur zu schaffen, müssen in der gesamten Union einheitliche Rechtsauslegung und ‑anwendung gewährleistet werden. EBA und ESMA nutzen hauptsächlich Leitlinien sowie Fragen und Antworten (Q&As) und geben so einen einheitlichen Rahmen vor. Die Leitlinien konkretisieren so zunächst europäische Richtlinien oder Verordnungen und sind für die nationalen Aufsichtsbehörden bindend. Sie gelten nicht unmittelbar gegenüber den deutschen Instituten, solange die BaFin sie nicht ausdrücklich in ihre Verwaltungspraxis übernommen hat. Die BaFin übernimmt die Leitlinien der europäischen Aufsichtsbehörden in der Regel, nicht übernommene Leitlinien weist sie auf ihrer Homepage explizit aus.

Systemkritische Banken in Deutschland werden direkt durch die EZB beaufsichtigt. Die EZB kann die Leitlinien von EBA und ESMA innerhalb des vorgegebenen Rahmens durch eigene Leitfäden konkretisieren. Sie trägt so in einer teilnehmenden Rolle zur Ausführung der Aufgaben der europäischen Aufsichtsbehörden bei. Der Leitfaden der EZB zur Geschäftsleitereignung konkretisiert die Beurteilungspraxis der EZB und ersetzt nicht die Leitlinien. So wie das Merkblatt zu den Geschäftsleitern der BaFin die Verwaltungspraxis der BaFin widerspiegelt, zeigt der Leitfaden der EZB zur Geschäftsleitereignung die Verwaltungspraxis der EZB auf. Damit gilt der Leitfaden für die Institute, die die EZB direkt beaufsichtigt, da diese den Erwartungen der EZB genügen müssen. In der Praxis werden auch die nationalen Aufsichtsbehörden den Leitfaden der EZB nicht ignorieren, sondern versuchen, ihn in ihre Aufsichtspraxis zu integrieren, um eine einheitliche Praxis im eigenen Land sicherzustellen. Es sollte für systemkritische Banken kein wesentlich anderer Maßstab gelten als für den restlichen Finanzmarkt.

Inhaltlich nennt die EZB folgende Beurteilungskriterien für angehende Geschäftsleiter: Erfahrung, Leumund, Unvoreingenommenheit und Interessenskonflikte, Zeitaufwand und kollektive Eignung. Erfahrung erfordert praktische und theoretische Kenntnisse, die Geschäftsleiter für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigen. Die Anforderungen bezüglich der Erfahrung sind umso höher, je komplexer die Aufgaben sind und je größer das Institut ist. Der Leumund ist gegeben, wenn es keine gegenteiligen Hinweise gibt und auch sonst kein Grund zum Zweifeln besteht. Die Unvoreingenommenheit erfordert, dass Geschäftsleiter frei von Interessenkonflikten in der Lage sein müssen, selbst fundierte, objektive und unabhängige Entscheidungen zu treffen. Weiterhin müssen sie in der Lage sein, in quantitativer und qualitativer Hinsicht genug Zeit aufzuwenden, um ihre Leitungsaufgaben zu erfüllen. Zuletzt muss jedes Mitglied zur kollektiven Eignung der Geschäftsleitung beitragen, indem es durch bestimmte Wissensgebiete, Kenntnisse oder Erfahrungen die Geschäftsleitung ergänzt. Alle diese Anforderungen sind der Verwaltungspraxis der BaFin nicht fremd. Die Anforderungen der EZB gehen nicht über die Leitlinien von ESMA und EBA hinaus. In ihrem Newsletter vom 15. August 2018 weist die EZB darauf hin, dass die Maßnahmen der Banken zur Feststellung und laufenden Überprüfung der Eignung ihrer Geschäftsleiter noch verbesserungswürdig sind.

In Deutschland sind Banken durch die BaFin bereits stark reguliert. Die Leitlinien der EBA und ESMA ziehen bezüglich der Geschäftsleitereignung keine Verschärfung der Aufsichtspraxis der BaFin nach sich. Auch für die von der EZB beaufsichtigten deutschen Institute ergibt sich durch den Leitfaden der EZB keine Verschärfung. Eine Grundorientierung an dem Merkblatt der BaFin empfiehlt sich für alle deutschen Institute, denn wenn dieser Standard eingehalten wird, ist jedes Institut gut vorbereitet im Verfahren um die Anerkennung eines neuen Geschäftsleiters.