Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen oder: Wo kommen eigentlich die Daten zur Beurteilung der ESG-Kriterien in Finanzprodukten her?

Nachdem wir uns in den letzten Wochen ausgetauscht haben über den neuen regulatorischen Rahmen der kommenden ESG-Transparenzanforderungen, wollen wir diese Woche einen Blick darauf werfen, wo die Daten zur Beurteilung der ESG-Kriterien in Finanzprodukten eigentlich herkommen. Und auch dazu hat sich die EU etwas gedacht und bis Juni 2020 eine Konsultation veröffentlicht zur Änderung der Richtlinie 2014/95/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (NFRD). Es gibt also eine Richtlinie, die normalen Wirtschaftsunternehmen vorschreibt, welche Informationen ein solches Unternehmen veröffentlichen muss.

Wer ist von der Richtlinie betroffen?

Die Richtlinie adressiert alle gelisteten Unternehmen und alle großen Banken und Versicherungen, die als eine sog. Large public interest entity (PIE) qualifizieren. Das sind also große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, die als Unternehmen von öffentlichem Interesse sind. In der Konsultation wurde diskutiert, ob die Mitarbeiterschwelle auf 250 gesenkt werden sollte.

Um welche nichtfinanziellen Informationen geht es?

Im Kern geht es um relevante, verlässliche und vergleichbare Informationen, die eine informierte Investitionsentscheidung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und damit der Finanzinstrumente, die das Unternehmen emittiert (hat), ermöglichen. Schon heute müssen große Unternehmen in ihren Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung aufnehmen, die diejenigen Angaben enthält, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen. Diese Informationen beinhalten

  1. eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells des Unternehmens;
  2. eine Beschreibung der von dem Unternehmen in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte, einschließlich der angewandten Due-Diligence-Prozesse;
  3. die Ergebnisse dieser Konzepte;
  4. die wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit diesen Belangen, die mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens verknüpft sind und die wahrscheinlich negative Auswirkungen auf diese Bereiche haben werden, sowie der Handhabung dieser Risiken durch das Unternehmen;
  5. die wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind.

Verfolgt das Unternehmen in Bezug auf einen oder mehrere dieser Belange kein Konzept, enthält die nichtfinanzielle Erklärung eine klare und begründete Erläuterung, warum dies der Fall ist.

Die Europäische Kommission hat im Juni 2019 bereits Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen veröffentlicht, die 30 Seiten lang sind und sich vor allem mit der klimabezogenen Berichterstattung befasst. Die Leitlinien sind rechtlich nicht verbindlich, geben aber die Richtung vor, welche Informationen von den Unternehmen zu veröffentlichen sind. Für potentielle Investoren ist es wichtig zu verstehen, wie sich nach Auffassung des Unternehmens der Klimawandel auf sein Geschäftsmodell und seine Geschäftsstrategie auswirkt und wie seine Tätigkeiten das Klima auf kurze, mittlere und lange Sicht beeinflussen können. Für eine adäquate Berichterstattung über Klimabelange müssen Unternehmen eine längerfristige Perspektive zugrunde legen, als sie dies normalerweise in der Finanzberichterstattung tun.

Die letzte Konsultation zur Änderung der NFRD legt nahe, dass die Informationsdichte noch zunehmen wird und sich Unternehmen mehr denn je an diesen Informationen messen lassen müssen.

Kleinere Wirtschaftsunternehmen

Für kleinere Wirtschaftsunternehmen gilt künftig, wer sich am Kapitalmarkt Geld beschaffen will und dafür Finanzprodukte ausgibt – in welcher Form auch immer –, wird sich an den ESG-Kriterien messen lassen müssen. Das bedeutet eben auch, dass entsprechende Informationen zur Beurteilung der ESG-Kriterien von allen Unternehmen offengelegt werden müssen. Die Taxonomieverordnung ist damit eben nicht mehr nur für den Finanzmarkt und seine Akteure relevant, sondern für alle Unternehmen, die sich auf den Finanzmarkt begeben.

Konsultation zur neuen BAIT veröffentlicht

Am 26. Oktober 2020 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Entwurf einer Neufassung des Rundschreibens 10/2017 (BA) – Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT (BAIT) zur Konsultation veröffentlicht. Stellungnahmen zur Konsultation können bis Ende November bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank abgegeben werden.

Der Entwurf der neuen BAIT setzt aktuelle Vorgaben der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) um.  Konkret werden die Leitlinien der EBA zu ICT Risk (Guidelines on Information and Communication Technology and Security Risk Management ICT Guidelines) umgesetzt. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Neuerungen der BAIT aufgrund der Umsetzung der ICT Guidelines im Überblick vor.

Kurz erklärt: die BAIT und ihr Zusammenspiel mit der MaRisk

In der europäischen Bankenrichtlinie (CRD IV) sind allgemeine Regelungen zur Unternehmensführung und Organisationsstruktur von Instituten festlegt. Diese Regelungen werden in Deutschland insbesondere durch § 25a des Kreditwesengesetz (KWG) umgesetzt. Die MaRisk konkretisiert die Anforderungen des KWG an die Ausgestaltung des Riskmanagements und gibt somit einen qualitativen Rahmen für die praktische Umsetzung der genannten Regelungen vor. Auch die MaRisk wurde jüngst überarbeitet und an aktuelle europäische Vorgaben angepasst; darüber haben wir bereits hier berichtet. Die BAIT ergänzen und konkretisieren die Vorgaben der MaRisk und geben einen praxisnahen Rahmen für die technisch-organisatorische Ausstattung der Institute, insbesondere für das Management der IT-Ressourcen und das IT-Risikomanagement vor. Durch die Umsetzung der ICT Guidelines wurden die BAIT um zwei neue Kapital zu der operativen Informationssicherheit und zum IT-Notfallmanagement ergänzt, deren wesentlichen Inhalt wir nachfolgend näher betrachten.

Operative Informationssicherheit

Institute müssen für IT-Risiken angemessene Überwachungs- und Steuerungsprozesse einrichten, die insbesondere die Festlegung von IT-Risikokriterien, die Identifikation von IT-Risiken, die Festlegung des Schutzbedarfs, daraus abgeleitete Schutzmaßnahmen für den IT-Betrieb sowie die Festlegung entsprechender Maßnahmen zur Risikobehandlung und -minderung umfassen. Damit soll der operative Geschäftsbetrieb jederzeit sicher und reibungslos aufrecht erhalten werden können. Nach der BAIT müssen Institute deshalb

  • operative Informationssicherheitsmaßnahmen und Prozesse implementieren; diese müssen z.B. ein Schwachstellenmanagement und die Verschlüsselung von Daten berücksichtigen,
  • Regeln zur Identifizierung sicherheitsrelevanter Ereignisse definieren, z.B. die Erkennung vermehrter nicht autorisierter Zugriffsversuche,
  • sicherheitsrelevante Ereignisse zeitnah analysieren und auf diese angemessen reagieren; dazu kann die Einrichtung einer ständig besetzten zentralen Stelle, z.B. in Form eines Security Operation Centers, erforderlich sein,
  • IT-Sicherheitssysteme regelmäßig überprüfen, wobei sich Turnus, Art und Umfang der Überprüfung am Schutzbedarf und der möglichen Angriffsflächen des IT-Systems orientieren müssen.

IT-Notfallmanagement

Allgemeine Anforderungen an das Notfallmanagement von Instituten finden sich in der MaRisk (AT 7.3.). Die Vorgaben der BAIT konkretisieren diese und formulieren spezielle Vorgaben für das IT-Notfallmanagement. In diesem Zusammenhang müssen Institute

  • auf Basis der Ziele des allgemeinen Notfallmanagements auch die Ziele und Rahmenbedingungen des IT-Notfallmanagements festlegen,
  • IT-Notfallpläne erstellen, die Wiederanlauf-, Notbetriebs-, und Wiederherstellungspläne sowie zu berücksichtigende Abhängigkeiten z.B. von externen IT-Dienstleistern, berücksichtigen,
  • ihre IT-Notfallpläne durch mindestens jährliche IT-Notfalltests überprüfen; zu diesem Zweck ist ein IT-Testkonzept zu entwickeln,
  • nachweisen können, dass bei Ausfall eines Rechenzentrums die zeitkritischen Aktivitäten und Prozesse von einem anderen Rechenzentrum für eine angemessene Zeit erbracht werden können.

Ausblick ZAIT und Fazit

Die BAIT soll zukünftig zudem um ein Kapitel „Kundenbeziehungen mit Zahlungsdienstnutzern“ ergänzt werden, das sich eigens an Institute richten wird, die Zahlungsdienste im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erbringen. Die Inhalte dieses Kapitels werden im Rahmen der Konsultation des Rundschreibens „Zahlungsdiensteaufsichtliche Anforderungen an die IT“ (ZAIT) konsultiert und anschließend in die finale Fassung der BAIT einfließen.

Mit der nun zur Konsultation gestellten BAIT Novelle finden die europäische Vorgaben der ICT Guidelines nun auch endlich Einzug in die nationalen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zum (IT-) Risikomanagement. Institute erhalten damit wertvolle Guidance zur praktischen Umsetzung der europäischen Vorgaben und der Erwartungshaltung der BaFin. Erfahrungsgemäß ergeben sich im Rahmen der Konsultation kaum wesentliche Änderungen, sodass Institute sich bereits jetzt auf die neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen einstellen können.

Konsultation zur MaRisk Novelle veröffentlicht

Am 26. Oktober 2020 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Entwurf einer Neufassung des Rundschreibens 09/2017 (BA) – Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) zur Konsultation veröffentlicht. Stellungnahmen zur Konsultation können bis Anfang Dezember bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank abgegeben werden.

Der Entwurf der neuen MaRisk setzt aktuelle europäische Vorgaben der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) um.  Konkret werden die Leitlinien der EBA zu notleidenden und gestundeten Risikopositionen (Guidelines on management of non-performing and forborne exposuresNPL Guidelines), zu Auslagerungen (Guidelines on outsourcing arrangements Outsourcing Guidelines) und zu ICT Risk (Guidelines on Information and Communication Technology and Security Risk Management ICT Guidelines) umgesetzt. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Änderungen und Ergänzungen der MaRisk aufgrund der Umsetzung der NPL, der Outsourcing sowie der ICT Guidelines im Überblick vor.

Kurz erklärt: die MaRisk

In der europäischen Bankenrichtlinie (CRD IV) sind allgemeine Regelungen zur Unternehmensführung und Organisationsstruktur von Instituten festlegt. Diese Regelungen werden in Deutschland insbesondere durch § 25a des Kreditwesengesetz (KWG) umgesetzt. Die MaRisk konkretisiert die Anforderungen des KWG an die Ausgestaltung des Riskmanagements und gibt somit einen qualitativen Rahmen für die praktische Umsetzung der genannten Regelungen vor.

Umsetzung der NPL Guidelines

Die NPL Guidelines geben vor, wie notleidende und gestundete Risikopositionen von Instituten im Rahmen des Riskmanagements zu berücksichtigen sind. Institute sollten über einen angemessenen Rahmen zur Identifizierung, Messung, Verwaltung, Überwachung und Reduzierung von notleidenden Risikopositionen verfügen. Je mehr notleidende Risikopositionen ein Institut hat, desto strengere Anforderungen sind grundsätzlich zu erfüllen.

Deshalb ist zu unterscheiden: Einige Vorgaben gelten nur für solche Institute, die eine Quote notleidender Kredite von 5% oder mehr aufweisen (sog. High-NPL-Institute). High-NPL-Institute müssen

  • eine Strategie für notleidende Risikopositionen einführen, um letztlich einen Abbau der notleidenden Risikopositionen vornehmen zu können (AT 4.2 MaRisk),
  • besondere Anforderungen an die Risikocontrolling-Funktion erfüllen, indem z.B. NPE-bezogene Risiken (non-performing-exposures) überwacht und Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen berücksichtigt werden (AT 4.4 MaRisk).
  • Problemkredite sind anhand festgelegter Kriterien an eine Abwicklungs-. bzw. Sanierungseinheit des Instituts zu übergeben; nunmehr sind spezialisierte Abwicklungseinheiten (sog. NPE-Workout Units) einzurichten; (BTO 1.2 MaRisk),
  • in den Risikoberichten der Risikocontrolling-Funktion ist eine gesonderte Darstellung von notleidenden und gestundeten Risikopositionen aufnehmen (BT 3.2 MaRisk).

Zudem setzt die MaRisk Vorgaben der NPL Guidelines um, die nicht nur auf High-NPL-Institute, sondern auf alle Institute anwendbar sind. Neu sind dabei umfassende Vorgaben zur sog. Forbearance. Erfasst sind jede Art von Zugeständnissen, die zugunsten von Kreditnehmern aufgrund sich abzeichnender oder bereits eingetretener finanzieller Schwierigkeiten gemacht werden. Als anschauliches Beispiel dient die Stundung von Tilgungsraten. Ziel solcher Maßnahmen ist es, dass Risikopositionen nicht notleidend werden, sondern zurückgezahlt werden können.

  • Institute müssen eine Forbearance-Richtlinie entwickeln, die bspw. die Verfahren zur Gewährung von Forbearance-Maßnahmen sowie die Verfahren zur Entscheidungsfindung und eine Beschreibung verfügbarer Forbearance-Maßnahmen enthält (BTO 1.3 MaRisk).
  • Zudem sind Forbearance-Prozesse zu entwickeln, die z.B. Kriterien festzulegen, anhand derer eine Einstufung von Forbearance-Risikopositionen in notleidende Positionen erfolgt (BTO 1.3 MaRisk).

Umsetzung der Outsourcing Guidelines

Die MaRisk Novelle setzt auch die Anforderungen der EBA Outsourcing Guidelines um. Da das bisherige deutsche Auslagerungsrecht (anders als in anderen europäischen Mitgliedstaaten) bereits in weiten Teilen den Vorgaben der EBA Outsourcing Guidelines entspricht, werden vorwiegend Änderungen oder Ergänzungen auf Detailsebene vorgenommen. Gänzlich neue Regelungen gibt es hier wenige. Alle Änderungen und Ergänzungen werden unter AT 9 MaRisk vorgenommen. Wesentliche Neuerungen bzw. Ergänzungen sind:

  • Bei Auslagerungen an Unternehmen mit Sitz in anderen EU-Mitgliedsstaaten ist sicherzustellen, dass eine ggf. erforderliche Erlaubnis zur Erbringung der ausgelagerten Tätigkeit vorliegt. Bei Auslagerung auf ein Drittstaaten-Unternehmen (Brexit!) muss, sofern es sich um eine ausgelagerte Aktivität handelt, die innerhalb des EWR eine Erlaubnis erfordern würde, sichergestellt werden, dass das Auslagerungsunternehmen in dem Drittstaat einer Aufsicht unterliegt und zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden eine entsprechende Kooperationsvereinbarung besteht.
  • Bei wesentlichen Auslagerungen werden zusätzliche konkret erforderliche vertragliche Regelungen, wie z.B. Zugangs- und Kündigungsrechte vorgeschrieben.
  • Es ist ein zentraler Auslagerungsbeauftragter zu benennen; er wird durch ein zentrales Auslagerungsmanagement unterstützt.
  • Es ist ein aktuelles Auslagerungsregister mit Informationen über alle Auslagerungsvereinbarungen vorzuhalten. So soll ein Informationsverlust über ausgelagerte Tätigkeiten im Falle personeller Wechsel verhindert werden.

Umsetzung der ICT Guidelines

Aufgrund der EBA ICT Guidelines werden Anforderungen an das Notfallmanagement (AT 7.3 MaRisk) neu gefasst. Institute müssen grundsätzlich auf Notfallsituationen vorbereitet sein und insbesondere Notfallpläne für zeitkritische Aktivitäten und Prozesse vorhalten. Ein aktuelles und anschauliches Beispiel sind die Auswirkungen der Corona-Krise; die Banken schienen mit Standortschließungen aufgrund von Lockdown-Maßnahmen grundsätzlich gut umgehen und schnell auf Notfallpläne wie z.B. Split-Operations-Maßnahmen zurückgreifen zu können. Im Einzelnen müssen Institute

  • Eine Risikoanalyse zur Identifikation zeitkritischer Aktivitäten und Prozesse sowie hierfür notweniger IT-Systeme durchführen,
  • ein Notfallkonzept erarbeiten, das darstellt, welche Ersatzlösungen im Notfall zeitnah zur Verfügung stehen und wie eine Rückkehr zum Normalbetrieb verlaufen soll.

Fazit

Mit der nun zur Konsultation gestellten MaRisk Novelle finden zahlreiche europäische Vorgaben nun auch endlich Einzug in die nationalen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zum Risikomanagement. Institute erhalten damit wertvolle Guidance zur praktischen Umsetzung der europäischen Vorgaben und der Erwartungshaltung der BaFin. Erfahrungsgemäß ergeben sich im Rahmen der Konsultation kaum wesentliche Änderungen, sodass Institute sich bereits jetzt auf die neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen einstellen können.

Going green – ESAs veröffentlichen Formatvorlagen zur Transparenzverordnung

Die Anforderungen des europäischen Gesetzgebers an die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen durch Finanzmarktteilnehmer werden immer konkreter.

Die Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Transparenzverordnung) gilt ab Anfang 2021 und setzt den rechtlichen Rahmen. Sie regelt insbesondere wie Finanzmarktteilnehmer über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in ihrem eigenen Unternehmen informieren müssen, wie Anleger bei der Bewerbung von Finanzprodukten als nachhaltige Investition vorvertraglich zu informieren und welche Nachhaltigkeitsinformationen in regelmäßigen Berichten von Finanzmarktteilnehmern (z.B. Jahresberichten) zu veröffentlichen sind. Übergeordnetes Ziel des EU-Gesetzgebers ist es, durch mehr Transparenz Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte zu fördern, die (Finanz-)Wirtschaft dadurch nachhaltiger zu machen und letztlich damit einen Beitrag zur Verhinderung oder Abschwächung des Klimawandels leisten zu können. Ausführlich über die neuen Verpflichtungen aufgrund der Transparenzverordnung haben wir bereits hier berichtet.

Die Veröffentlichung der Nachhaltigkeitsinformationen soll nach dem Willen des EU-Gesetzgebers möglichst einheitlich ausfallen; Finanzmarktteilnehmer sollen sich insoweit auf einem level playing field bewegen. Er hat deshalb die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA), die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ermächtigt, technische Regulierungsstandards (RTS) auszuarbeiten. Diese enthalten Detailregelungen zum erforderlichen Inhalt und zu den Veröffentlichungsmethoden der in der Transparenzverordnung genannten Informationspflichten. Ein erster Entwurf dieser RTS wurde bereits im Frühjahr diesen Jahres veröffentlicht und ist hier abrufbar.

Anschaulich konkretisiert werden diese Vorgaben nun durch die Ende September von der EIOPA, der EBA und der ESMA veröffentlichten Formatvorlagenentwürfen. Diese sollen Finanzmarktteilnehmer zur Erfüllung ihrer Veröffentlichungspflichten im Rahmen der Bewerbung eines Finanzproduktes als ökologisch, sozial oder nachhaltig sowie den Veröffentlichungspflichten in regelmäßigen Berichten wie z.B. Jahresberichten eines Fonds, nutzen können. Im Rahmen der vorvertraglichen Informationen der Anleger müssen Finanzmarktteilnehmer etwa in tabellarischer Form und ausgestaltet als Frage/Antwort Text, darüber informieren

  • welche konkreten Nachhaltigkeitsziele durch das beworbene Finanzprodukt gefördert werden,
  • welche Investmentstrategie verfolgt wird,
  • wie die Assets allokiert werden (bei einem Fondsprodukt müsste hier z.B. dargelegt werden, in welche nachhaltigen Zielassets der Fonds investieren wird),
  • welche Kriterien und Indikatoren verwendet werden, um die Nachhaltigkeit des Finanzproduktes zu bestimmen.

Alle Entwürfe der Formatvorlagen sind hier abrufbar. Stakeholder können zudem bis Mitte Oktober hier ihr Feedback zu den Entwürfen abgeben.

Es ist zudem vorgesehen, die Templates in bereits existierende Offenlegungspflichten von z.B. Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIFM) und Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zu integrieren. Vorvertragliche Informationen über die Nachhaltigkeit eines Fondsproduktes könnten also etwa in die wesentlichen Anlegerinformationen integriert oder als Anlage beigefügt werden.  

Es zeigt sich: es tut sich tatsächlich was beim Thema Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft und die Anforderungen an die Marktteilnehmer werden durch den europäischen Gesetzgeber immer konkreter und detaillierter ausformuliert.

Der Entwurf des neuen WpFG ist da! – Teil 2

Ende Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des neuen Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WpFG) veröffentlicht. Mit dem WpFG werden die Regelungen der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) in nationales Recht umgesetzt. Flankiert wird das WpFG von den Detailregelungen der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR), die als europäische Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Anwendung findet.

Im vorherigen Teil 1 haben wir beleuchtet, wie das WpFG die Struktur des bestehenden Aufsichtsregime verändern wird und welche Anforderungen an das Anfangskapital und die sonstigen Eigenmittel für Wertpapierfirmen zukünftig gelten. In diesem Teil 2 werden wir nun die besonderen aufsichtsrechtlichen Anforderungen des WpFG an Wertpapierfirmen (sog. Solvenzaufsicht) sowie die diesbezüglichen besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin näher betrachten.

Anforderungen und Aufsichtsbefugnisse zur Solvenz von Wertpapierfirmen

  • Risikotragfähigkeit
    Wertpapierfirmen müssen laufend ihre Risikotragfähigkeit sicherstellen. Das bedeutet, dass sie stets genug Eigenmittel vorhalten müssen, um ihre spezifischen Risiken abzusichern. Um dies überprüfen zu können, müssen sie entsprechende interne Verfahren implementieren, die die bestehenden Risiken und die vorhandenen Eigenmittel stetig abgleichen.
  • Governance
    Das WpFG stellt konkrete Anforderungen an die interne Unternehmensführung von Wertpapierfirmen. Sie müssen klare Organisationsstrukturen und Berichtslinien, ein Risikomanagement und interne Kontrollmechanismen sowie geschlechtsneutrale Vergütungssysteme vorhalten. Eine entsprechende interne Unternehmensstruktur ist der Grundstein für aufsichtsrechtliche Compliance von Wertpapierfirmen.
  • Risikosteuerung
    Die Risikosteuerung ist Teil des Risikomanagements. Wertpapierfirmen müssen Strategien und Verfahren zur Risikosteuerung einrichten, mittels derer eine Identifikation, Beurteilung und Steuerung der Risiken einer Wertpapierfirma gewährleistet wird. Nur wenn die Wertpapierfirma ihre Risiken kennt und steuern kann, kann sie entsprechend agieren, Risiken begrenzen und schlussendlich im Rahmen der Risikotragfähigkeit sicherstellen, dass ausreichend Eigenmittel vorgehalten werden.
  • Vergütungsregelungen
    Das WpFG stellt Anforderungen an das interne Vergütungssystem von Wertpapierfirmen. So muss es bspw. ein angemessenes und transparentes Vergütungssystem für Geschäftsleiter und sonstige leitende Angestellte, wie z.B. dem Leiter der Compliance Funktion, verfügen. Zudem muss ein angemessenes Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung vorhanden sein.
  • Geschäftsleiter und Aufsichtsorgan im Rahmen des Risikomanagements
    Geschäftsleiter von Wertpapierfirmen tragen die Gesamtverantwortung für die Risikostrategie und den Umgang mit Risiken. Das Aufsichtsorgan der Wertpapierfirma (je nach gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung z.B. der Aufsichtsrat) überwacht die Risikostrategie, die internen Verfahren zum Umgang mit diesen Risiken sowie die Vergütungssystem. Bestimmte „große“ Mittlere Wertpapierfirmen müssen zudem auf Ebene des Aufsichtsorgans einen Risikoausschuss und einen Vergütungskontrollausschuss einrichten. Die Ausschüsse unterstützen das Aufsichtsorgan in seinen jeweiligen Überwachungsfunktionen.
  • Besondere Aufsichtsbefugnisse der BaFin
    Zur Sicherstellung der Solvenz von Wertpapierfirmen werden der BaFin im WpFG besondere Aufsichtsbefugnisse verliehen. Insbesondere kann sie anordnen, dass Wertpapierfirmen zusätzliche Eigenmittel vorhalten, die über die Mindesteigenmittelanforderungen des WpFG hinausgehen. Auch die Zusammensetzung der zusätzlichen Eigenmittel ordnet die BaFin an. Diese Anordnungsbefugnis soll letztlich die Risikotragfähigkeit der Wertpapierfirmen sicherstellen.

Das neue WpFG: Fazit

Durch die Einführung des WpFG wird ein separates Aufsichtsregime für Wertpapierfirmen geschaffen. Damit wird anerkannt, dass der Tätigkeit von Wertpapierfirmen ein anderes Risikoprofil innewohnt als denen klassischer Banken. Das spiegelt sich insbesondere in den neuen Anforderungen an das Anfangskapital und die sonstigen Eigenmittelanforderungen wieder. Zukünftig werden Wertpapierfirmen somit passgenauer als bislang reguliert.

Was muss ein grünes Finanzprodukt können? – Praktische Auswirkungen der Taxonomieverordnung

Der grüne Finanzmarkt ist kein neuer Trend. Denn schon jetzt muss jeder Anleger in Europa im Rahmen einer Anlageberatung gefragt werden, ob er mit der geplanten Investition das Anlageziel Nachhaltigkeit verfolgt. Auch die BaFin verlangt schon länger, dass etwa Umweltrisiken im Risikomanagement der Banken und Versicherungen abzubilden sind. Dennoch ist die Regulierungsdichte im Bereich der nachhaltigen Investitionen inzwischen so hoch wie nie – und es ist noch nicht alles auf dem Tisch.

Wir haben bereits hier über den Regelungsgehalt der Taxonomie-Verordnung berichtet, die insoweit ein zweiter Baustein neben der Transparenzverordnung ist und weitere Offenlegungspflichten für Finanzmarktteilnehmer enthält.

Als Institut, das nachhaltige Finanzprodukte anbieten möchte und/oder ein solches Portfolio aufgrund der Nachfrage von Kleinanlegern, aber auch von institutionellen Anlegern wie Versicherungen ausbauen möchte, stellt sich die Frage, welche praktischen Auswirkungen die neue Verordnung hat, die erst ab 2022, teilweise sogar erst ab 2023 umzusetzen ist. Denn die Taxonomie-Verordnung enthält zur Zeit nur Kriterien zur Bestimmung der ökologischen Nachhaltigkeit einer Wirtschaftstätigkeit und Kriterien für Soziales und Governance noch fehlen. Ist hier bereits Handlungsbedarf für die Institute gegeben? Wir denken: JA.

Interne Prozesse müssen angepasst werden

Sowohl die Taxonomie-Verordnung als auch die Transparenz-Verordnung führen produktbezogene Offenlegungspflichten ein. Diese setzen voraus, dass Finanzprodukte genau auf ihre Nachhaltigkeit hin betrachtet werden müssen. Hier reichen etwa die bereits 2012 eingeführten „Leitlinien für verantwortliches Investieren“ des deutschen Fondsverbands BVI nicht mehr unbedingt aus. Vielmehr müssen die Kriterien der Taxonomie-Verordnung und der noch kommenden Delegierten Verordnung dazu detailliert angewendet werden. Das gilt auch da, wo die Verordnung noch lückenhaft ist oder Spielräume bietet. Jedes Institut muss für sich hier einen Weg finden, den es strategisch gehen möchte, im Einklang mit der Regulierung. Das bedeutet praktisch auch, dass zusätzliche Daten verfügbar gemacht werden müssen, um überhaupt beurteilen zu können, wie genau Kriterien der Nachhaltigkeit in dem jeweiligen Produkt umgesetzt werden. Am Ende soll etwa für ein Portfolio sichtbar werden, wieviel Prozent des investierten Betrags nachhaltig investiert sind. Und auch wenn hier sicher noch Detailfragen ungeklärt sind, ist die Anpassung eines internen Produktprozesses, der die neuen Regulierungsvorgaben umsetzen soll, nicht von heute auf morgen getan. Dazu gehören nicht nur die Due Diligence, das Bewerten des Produkts anhand von Daten, ggf. der Einkauf solcher Daten, sondern auch eine Justierung der Strategie des Instituts. Jedes Institut, egal ob Kreditinstitut oder Finanzdienstleister wie Anlageberater, Portfoliomanager oder Anlagevermittler, wird sich darüber klar werden müssen, wie es künftig ausgerichtet sein möchte. Welche Produkte sollen angeboten und wie beworben werden? Kann ggf. die Kundengruppe erweitert werden? Wo können die erforderlichen Daten pro Produkt erworben oder gefunden werden? Wie geht man damit um, wenn für ein Produkt die erforderliche Datengrundlage fehlt?

Produkte erfordern mehr Transparenz

Die Anpassung interner Prozesse und des Neu-Produkte-Prozesses erfordert also eine neue Transparenz pro Produkt. Die Institute müssen künftig die von ihnen angebotenen Produkte noch besser kennen, verstehen und erklären können. Sofern die Strategie des Instituts und die internen Prozesse durchdacht und angepasst sind, ist eine gute Produkttransparenz möglich.

Kundendokumentation muss angepasst werden

In einem letzten Schritt ist dann die erforderliche Kundendokumentation, die vorvertraglichen Informationen, Werbemaßnahmen und jegliche Kundenansprache entsprechend anzupassen. So ist auch sicherzustellen, dass die Anlageberater, Anlagevermittler, Portfoliomanager die Kunden aufklären und dabei alle neuen rechtlichen Vorgaben berücksichtigen.

Dieser kurze Überblick sollte zeigen, dass die Umsetzung der ESG-Regulierung Zeit erfordert. 2022 scheint nun gar nicht mehr so fern. Zumal in der Zwischenzeit neue Auslegungshilfen durch Delegierte Verordnungen entstehen werden. Und die Taxonomie bleibt nicht bei der Nachhaltigkeit stehen, sondern wird sukzessive auf Soziales und Governance ausgeweitet werden. Die Transparenzverordnung verlangt ohnehin auch in Bezug auf Soziales und Governance Offenlegung, um dem Anleger eine informierte Investitionsentscheidung zu ermöglichen.

Der Entwurf des neuen WpFG ist da!

Ende Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des neuen Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (Wertpapierfirmengesetz – WpFG) veröffentlicht. Mit dem WpFG werden die Regelungen der neuen EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) in nationales Recht umgesetzt. Flankiert wird das WpFG von den Detailregelungen der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR), die also europäische Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedstaat Anwendung findet.

In einem zweiteiligen Beitrag beleuchten wir, welche wesentlichen Aspekte der Entwurf des WpFG beinhaltet. Erfahrungsgemäß werden sich im Gesetzgebungsverfahren keine großen Änderungen mehr ergeben, sodass sich bereits jetzt ein genauerer Blick auf das neue Regelwerk lohnt.

Dieser Teil 1 beschäftigt sich zum Auftakt mit der Frage, wie das bestehende Aufsichtsregime durch das WpFG systematisch geändert wird und welche Kapitalanforderungen zukünftig für Wertpapierfirmen gelten. In Teil 2 werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin näher betrachten.

Altes und neues Aufsichtsregime für Wertpapierfirmen

Die bisherige Aufsicht über Wertpapierfirmen basiert im Wesentlichen auf Aufsichtsstandards, die für Banken entwickelt wurden. Das gilt insbesondere für die Eigenkapitalanforderungen. Wertpapierfirmen unterliegen bis dato den Eigenkapitalanforderungen der EU-Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) und der EU-Kapitaladäquanzverordnung (CRR), die vor allem darauf ausgerichtet sind, die Kreditvergabekapazität von Banken aufrechtzuerhalten. Zwar sind Wertpapierfirmen Finanzdienstleistungsunternehmen. Anders als Banken nehmen sie aber keine Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegen. Daraus ergeben sich ganz andere Risiken, sowohl für den Markt als auch für die Kunden und die Wertpapierfirma selbst. Diesem Umstand tragen die neuen europäischen Regelungen der IFD und der IFR Rechnung und passen das bestehende Aufsichtsregime auf die Besonderheiten der Wertpapierfirmen an. 

In Deutschland finden sich die Regelungen zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen bislang im Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Das KWG regelt vor allem die Zulassung und die interne Geschäftsorganisation von Wertpapierfirmen. Ursprünglich diente das KWG vor allem der Umsetzung der Regelungen der CRD IV. Das WpHG enthält, in Umsetzung der MiFID II, vor allem Wohlverhaltensregelungen für Wertpapierfirmen.

Die Regelungen zur Zulassung und der internen Geschäftsorganisation werden im Zuge des neuen WpFG nun aus dem KWG herausgenommen, in das Regelwerk des WpFG überführt und angepasst werden. Zukünftig „teilen“ sich Kreditinstitute und Wertpapierfirmen hinsichtlich ihrer Zulassung und ihrer internen Geschäftsorganisation das KWG also nicht mehr. Die MiFID II-Wohlverhaltensregelungen findet auch zukünftig über das WpHG Anwendung.

Wesentliche Inhalte des WpFG in Umsetzung der IFD

Wesentliche Regelungen, die das WpFG in Umsetzung der Regelungen der IFD enthält, sind die Klassifizierung der Wertpapierfirmen nach ihrer Größe und Verflechtung sowie die Kapitalanforderungen.

Klassifizierung von Wertpapierfirmen

Das WpFG kennt drei Klassen von Wertpapierfirmen:

  • Kleine Wertpapierfirma
    Das sind kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen, die insbesondere eine Bilanzsumme von weniger als 100 Mio. Euro haben. Zusätzlich erfüllen sie weitere Voraussetzungen der IFR, die sich z.B. auf das Volumen der assets under management oder gehaltene Kundengelder beziehen.
  • Mittlere Wertpapierfirma
    Mittlere Wertpapierfirmen sind solche, die zwar nicht die Voraussetzungen erfüllen, um als Kleine Wertpapierfirma eingestuft zu werden, die aber eine Bilanzsumme von weniger als 15 Mrd. Euro aufweisen.
  • Große Wertpapierfirma
    Große Wertpapierfirmen haben allein oder in der Gruppe eine Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro oder mehr.

Die Regelungen des neuen WpFG richten sich vor allem an kleine und mittlere Wertpapierfirmen, wobei kleine Wertpapierformen grundsätzliche weniger aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen müssen, als mittlere Wertpapierfirmen. Große Wertpapierfirmen werden vom WpFG grundsätzlich nicht adressiert; aufgrund der mit ihrer Größe verbundenen Risiken werden sie vom europäischen Gesetzgeber wie Banken behandelt und unterfallen daher nicht dem WpFG, sondern weiterhin der Regulierung des KWG (CRD IV/CRR).

Anfangskapital und Eigenmittelanforderungen

Das WpFG regelt zunächst die Anforderungen an das Anfangskapital. Dieses muss eine Wertpapierfirma dauerhaft vorhalten, um eine Erlaubnis erhalten bzw. behalten zu können. Die Höhe des Anfangskapital richtet sich nach der von der Wertpapierfirma ausgeübten Tätigkeit.

So ist z.B. ein Anfangskapital von

  • 750.000 Euro für solche Wertpapierfirmen erforderlich, die Eigenhandel erbringen,
  • 75.000 Euro für solche Wertpapierfirmen, die z.B. Anlageberatung, Anlagevermittlung und Abschlussvermittlung erbringen, ohne dabei Eigentum oder Besitz von Kundengeldern zu erlangen und
  • 150.000 Euro für sonstige Wertpapierfirmen

erforderlich. Die Zusammensetzung des Anfangskapital aus hartem Kernkapital, zusätzlichem Kernkapital und Ergänzungskapital ist im Detail in der IFR geregelt.

Gegenüber den Anfangskapitalvorschriften des KWG wurden die Beträge im WpFG zwar erhöht. Nach den bisherigen Regelungen muss eine Wertpapierfirma, die etwa Anlageberatung und Anlagevermittlung erbringt, ohne dabei Eigentum oder Besitz an Kundengeldern zu erlangen, 50.000 Euro Anfangskapital vorhalten.

Entlastung für die Wertpapierfirmen ist allerdings im Rahmen der (sonstigen) Eigenmittelanforderungen zu finden. Die Zusammensetzung und die Höhe der Eigenmittel sind im Einzelnen in der IFR geregelt. Neu ist vor allem die Berechnungsmethode für die Höhe der vorzuhaltenden Eigenmittel. Während die CRR den Banken eine Eigenkapitalquote gemessen an der Bilanzsumme vorschreibt, orientiert sich die Berechnungsmethode der IFR stärker an den Tätigkeiten der Wertpapierfirma. Insgesamt wird so bei den Gesamtkapitalanforderungen eine Entlastung erreicht. Diese neue Berechnungsmethode ist ein Kernelement der neuen IFD/IFR Regulierung.

Ausblick auf Teil 2

In Teil 2 der Beitragsreiche werden wir die Governance Regelungen des WpFG sowie die besonderen Aufsichtsbefugnisse der BaFin im Rahmen der laufenden Aufsicht über Wertpapierfirmen vorstellen. Stay tuned!

Going green – now! Ein Überblick über die EU-Taxonomie Verordnung

Die Agenda 2030, der EU Green Deal, das Pariser Klimaabkommen, der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums; die EU meint es ernst mit dem Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und die vorangestellte Liste ließe sich erweitern. Vor allem um die sog. Taxonomie Verordnung, die im Juli 2020 in Kraft getreten ist und erstmals EU-weit einheitlich definiert, was unter Nachhaltigkeit eigentlich zu verstehen ist.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Hintergründe, den Inhalt und die Adressaten der Taxonomie Verordnung.

Die Taxonomie Verordnung als Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU

Alle oben aufgezählten Abkommen ist gemein: sie dienen dem großen Ziel, die EU als ersten Wirtschaftsraum bis 2050 nachhaltig und vor allem klimaneutral zu gestalten. Diese Entwicklung besteht aus drei wesentlichen Dimensionen: die ökologische, die soziale und die wirtschaftliche (Environment, Social, Governance – ESG).

Ein wesentlicher Punkt zur Erreichung dieses Ziels ist die Anpassung des Finanzsystems hin zu einem nachhaltigen Finanzwesen. Insbesondere müssen zur Erreichung dieses Ziels Kapitalflüsse von Investoren hin zu nachhaltigen Investitionen und Finanzprodukten gelenkt werden. Das ist ein wesentlicher Baustein, um nachhaltiges Wachstum schaffen und Klimaneutralität erreichen zu können.

Hier kommt die Taxonomie-Verordnung ins Spiel. Denn um dieses Zeil zu erreichen, ist eine EU-weit einheitliche Definition darüber, was Nachhaltigkeit überhaupt bedeutet, nötig. Die Taxonomie-Verordnung liefert nun erstmals eine Definition, was in der EU als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit einzustufen ist. Würde jeder Mitgliedstaat selbst bestimmen, welche Investition als nachhaltig eingestuft wird, würden ganz unterschiedliche Kriterien verwendet werden. Grenzüberschreitende Investitionen würden erschwert, da der Anleger immer vergleichen müsste, was Nachhaltigkeit wo bedeutet. Zum anderen wären aber auch Marktteilnehmer belastet, da sie, wollen sie nachhaltige Finanzprodukte vermarkten, in unterschiedlichen Mitgliedstaaten unterschiedliche Kriterien erfüllen müssten. Ein Flickenteppich wäre die Folge.

Definition einer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit

Wann eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den Regelungen der Taxonomie-Verordnung anhand vier Kriterien:

  • Wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung eines Umweltziels
    Das sind: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme.
  • Keine erhebliche Beeinträchtigung eines Umweltziels,
  • Einhaltung internationaler sozialer und arbeitsrechtlicher Standards 
  • Einhaltung der technischen Standards, die von der Kommission festgelegt werden

Entwicklung technischer Regulierungsstandards

Um die Anforderungen dieser Kriterien zu konkretisieren, wird die EU-Kommission zahlreiche sog. technische Regulierungsstandards (RTS) erlassen, die die Anwendung und Umsetzung der Taxonomie-Verordnung vereinfachten werden. Dazu ein konkretes Beispiel:

Nach obigen Kriterien ist eine Wirtschaftstätigkeit u.a. dann ökologisch nahhaltig, wenn sie dem Klimaschutz dient. Das ist nach der Taxonomie-Verordnung z.B. der Fall, wenn sie durch die Speicherung erneuerbarer Energien wesentlich dazu beiträgt, etwa Treibhausgase zu reduzieren. Um das konkret bestimmen zu können, braucht es technische Bewertungskriterien bzgl. der Treibhausgasreduktion durch Energiespeicherung, die in den RTS konkret ausgearbeitet sein werden.

RTS zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sollen bereits Ende diesen Jahres durch die Kommission vorgelegt werden und Anfang 2022 Anwendung finden. Für die übrigen Umweltziele sind RTS bis Ende 2021 geplant, die dann ab 2023 anwendbar wären.

Bei der Ausarbeitung dieser RTS wird die Kommission von Experten und Sachverständigen unterstützt werden. Erste Entwürfe dieser Expertengruppe zu dem Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel liegen bereits vor und können hier abgerufen werden.

Transparenzpflichten

Neben der Definition einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit enthält die Taxonomie-Verordnung auch Transparenzpflichten. Diese ergänzen die Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor der sog. Transparenzverordnung, worüber wir bereits gebloggt haben.

Für wen gilt die Taxonomie-Verordnung und ab wann?

 

Die Taxonomie-Verordnung gilt für

  • von den Mitgliedsstaaten oder der EU verabschiedete Maßnahmen zur Festlegung von Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten im Zusammenhang mit Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen, die als ökologisch nachhaltig bereitgestellt werden;
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen;
  • Unternehmen, für die die Verpflichtung gilt, eine nichtfinanzielle Erklärung oder eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung zu veröffentlichen.

Die Taxonomie-Verordnung ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. Regelungen zu den Umweltzielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel werden ab 2022 gelten, die Regelungen zu den übrigen Klimazielen nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Schutz der Biodiversität und Ökosysteme ab 2023. Dann gelten auch die jeweiligen, die Verordnung flankierenden RTS.

Fazit

Die Taxonomie-Verordnung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft und einer klimaneutralen EU. Nur mit einer EU-weit einheitlichen Definition, was unter einem nachhaltigen Investment zu verstehen ist, wird das Anlegervertrauen in als nachhaltig beworbene Finanzprodukte gestärkt und der Anleger kann sicher sein, dass er auch Nachhaltigkeit bekommt, wo Nachhaltigkeit drauf steht. Dieses Anlegervertrauen wird letztlich die Hinführung von Kapitalflüsse zu nachhaltigen Investition erreichen, die auf dem Weg zur Klimaneutralität unerlässlich sind.

Going green – but when? Ein Überblick über den Stand der ESG-Regulierung

Bevor wir in den kommenden Wochen genauer hinschauen und berichten, was die ESG-Regulierung für wen genau bringt, geben wir heute einen kurzen Überblick über den Stand der europäischen Gesetzgebung für eine nachhaltigere Finanzwirtschaft.

Um die Ziele des Pariser Klimavertrages zu erreichen, spielt Nachhaltigkeit auch im Finanzmarkt künftig eine große Rolle. Der europäische Gesetzgeber hat mit drei Verordnungen, die in alles EU-Mitgliedstaaten unmittelbar, d.h. ohne Umsetzungsakt gelten, den Anfang gemacht, um den Finanzmarkt in Europe in eine grünere Zukunft zu bewegen.

1.      Transparenz- oder Offenlegungsverordnung

Die Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor vom 27. November 2019 gilt für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater ab 10. März 2021. Lediglich die Transparenzpflichten in Bezug auf regelmäßige Berichte (wie etwa Jahresberichte) gilt für Finanzmarktteilnehmer erst ab 1. Januar 2022. Wir haben dazu bereits hier berichtet.

Ziel der Transparenzverordnung ist es, Informationsasymmetrien in den Beziehungen zwischen Anlegern und Anbietern von Finanzprodukten im Hinblick auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken, die Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen, die Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale sowie im Hinblick auf nachhaltige Investitionen dadurch abzubauen, dass Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu vorvertraglichen Informationen und laufenden Offenlegungen gegenüber Anlegern verpflichtet werden.

2.      Taxonomieverordnung

Die Verordnung (EU) 2020/852 vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen  legt verbindlich fest, wann eine Wirtschaftstätigkeit nachhaltig ist. Sie soll Investoren als Leitlinie dienen, mit welchen Investitionen ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten finanziert werden und Greenwashing verhindern. Diese Verordnung gilt für (i) von den Mitgliedstaaten oder der EU verabschiedete Maßnahmen zur Festlegung von Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten im Zusammenhang mit Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen, die als ökologisch nachhaltig bereitgestellt werden; (ii) Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen; (iii) Unternehmen, für die die Verpflichtung gilt, eine nichtfinanzielle Erklärung oder eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung zu veröffentlichen. Ein Teil der Pflichten ist bis zum 1. Januar 2022, einige Pflichten sind auch erst zum 1. Januar 2023 umzusetzen. Durch die Taxonomieverordnung ergeben sich für Finanzmarktteilnehmer auch weitere Transparenzpflichten. Wir werden uns in einem gesonderten Blogbeitrag ausführlich mit der Taxonomieverordnung auseinandersetzen.

3.      Benchmarkverordnung

Die Verordnung (EU) 2019/2089 vom 27. Nov. 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 hinsichtlich EU-Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, hinsichtlich auf das Übereinkommen von Paris abgestimmter EU-Referenzwerte sowie hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen für Referenzwerte gilt bereits seit Dezember 2019 für die Bereitstellung von Referenzwerten, das Beitragen von Eingabedaten zu einem Referenzwert und die Verwendung eines Referenzwerts in der Union.

Die Verordnung zielt im Wesentlichen darauf, Mindeststandards für zwei unterschiedliche Klima-Benchmarks einzuführen, um Greenwashing entgegenzuwirken und über Offenlegungspflichten die Transparenz zu verbessern und Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Außerdem soll es ESG-Offenlegungspflichten für alle Benchmarks geben. Die Verordnung umfasst damit in erster Linie die Einführung der beiden Klimawandel-Referenzwerte: (i) den EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel und (ii) den Paris-abgestimmter EU-Referenzwert.

Es wird neben diesen drei Verordnungen noch eine Reihe an delegierten Verordnungen zur Konkretisierung der Vorgaben geben, über die wir auch berichten werden. Auch die BaFin und die EZB haben sich bereits zu ihren Aufsichtsvorstellungen für einen nachhaltigen Finanzmarkt geäußert (siehe hier). Den Finanzmarktteilnehmern steht ein gutes Stück Umsetzungsarbeit bevor, denn um nachhaltige Finanzprodukte transparent anbieten zu können, müssen auch intern entsprechende Prozesse geschaffen werden.

Finanzanlagenvermittler: Das neue Compliance-Regime ist in Kraft

Im letzten halben Jahr gab es viele Diskussionen darüber, wer denn nun künftig die Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler erhalten soll: wie bisher die regionalen Gewerbeämter bzw. die Industrie- und Handelskammern oder die BaFin. Ein Gesetzt, das die Aufsicht auf die BaFin überträgt, ist noch nicht verabschiedet, zeichnet sich aber ab. Seit 1. August 2020 gilt eine geänderte Finanzanlagevermittler-Verordnung (FinVermV), die die Wohlverhaltenspflichten für Finanzanlagenvermittler dem MiFIDII-Regime annähert. Wir hatten bereits früher dazu berichtet hier.

Die Neuerungen im Überblick

In § 11a FinVermV regelt den Umgang mit Interessenskonflikten. Bislang gab es nur eine Hinweispflicht gegenüber den beratenen Kunden, wenn ein Interessenskonflikt seitens des Vermittlers vorlag. Nun gibt es neue Vorgaben zur Vermeidung, zum Umgang und zur Offenlegung von Interessenskonflikten, die denen des WpHG, das für volllizensierte Anlageberater und Anlagevermittler gilt, angeglichen sind. Interessenskonflikte müssen nun zuerst durch geeignete Maßnahmen vermieden werden. Sollte das im Einzelfall nicht gehen, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, die eine Beeinträchtigung der Anlagerinteressen vermeidet. Und erst wenn die Maßnahmen insgesamt nicht ausreichen, sind die Interessenskonflikte dem Anleger gegenüber offenzulegen. Mit dieser Regelung Hand in Hand geht die allgemeine Verhaltenspflicht des § 11 FinVermV, wonach der Finanzanlagenvermittler verpflichtet ist, seine Tätigkeit mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im bestmöglichen Interesse des Anlegers auszuüben.

Eine weitere Neuregelung betrifft die Vergütung. Bislang gab es für Finanzanlagevermittler keine Vorgaben zur Ausgestaltung der Vergütung. § 11a Abs. 3 FinVermV sieht nun eine solche Regelung vor. Danach müssen Finanzanlagevermittler für die Vergütung ihrer Mitarbeiter Grundsätze und Praktiken festlegen und umsetzten, um sicherzustellen, dass durch die Vergütungspolitik keine Interessenskonflikte der Berater gegenüber den Kunden entstehen oder gefördert werden. Im Ergebnis müssen künftig variable Vergütungskomponenten an qualitativen Kriterien orientiert sein, um Anlegerinteressen Priorität einräumen zu können.

Zuwendungen etwa in Form von Abschluss-, Vertriebs- oder Bestandsprovisionen sind in den Vertriebsketten für Fondsanteile gängige Praxis. § 17 FinVermV verlangt, dass weiterhin Zuwendungen gegenüber den Anlegern offengelegt werden, neu ist, dass ausdrücklich normiert ist, dass Zuwendungen nur dann angenommen werden dürfen, wenn sie nicht nachteilig auf die Qualität der Beratung und Vermittlung auswirken und Kundeninteressen dadurch nicht beeinträchtigt werden.

Die Prüfung, ob eine Anlageempfehlung für den Kunden geeignet ist, erfolgt nun nach § 16 FinVermV mit einem Verweis auf Art. 54 und 55 der MiFID-DelVO. Die Geeignetheitsprüfung ist also nun spezifiziert. So gelten etwa über die Verweise nun auch die ESMA-Guidelines zur Geeignetheitsprüfung nach MiFID II für Finanzanlagenvermittler. Der Finanzanlagenvermittler hat also nun im Rahmen der Anlageberatung vom Anleger alle Informationen (1) über Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers in Bezug auf bestimmte Arten von Finanzanlagen, (2) über die finanziellen Verhältnisse des Anlegers, einschließlich seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, und (3) über seine Anlageziele, einschließlich seiner Risikotoleranz, einzuholen, die erforderlich sind, um dem Anleger eine Finanzanlage empfehlen zu können, die für ihn geeignet ist und insbesondere seiner Risikotoleranz und seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, entspricht. Sofern eine Anlage nicht geeignet ist, darf sie nicht empfohlen werden. Sofern der Vermittler die erforderlichen Informationen nicht erlangt, darf er dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.

Mit der neuen erweiterten Pflicht zur Geeignetheitsprüfung geht einher, dass das bisherige Beratungsprotokoll durch eine Geeignetheitserklärung ersetzt wird (§ 18 FinVermV).

Schließlich trifft aus Beweissicherungsgründen nun nach § 18a FinVermV auch die Finanzanlagenvermittler die Pflicht, Telefongespräche und elektronische Kommunikation aufzuzeichnen, soweit diese sich auf die Vermittlung oder Beratung von Finanzanlagen bezieht. Persönliche Gespräche sind auf einem dauerhaften Datenträger zu dokumentieren. Damit trifft nun auch die Finanzanlagenvermittler, was der Markt seit MiFID II bereits umgesetzt hat.

Ausblick

Die FinVermV soll künftig in das WpHG integriert werden und es soll einen neuen Erlaubnistatbestand für Finanzanlagendienstleister ebenfalls im WpHG geben. Die Regelung in der GewO würde damit entfallen.

Eine hohe Anzahl der Finanzanlagenvermittler verfügen gleichzeitig über eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler. Sollte die Aufsicht der BaFin über die Finanzanlagenvermittler kommen, würde das für die Vermittler mit doppelter Erlaubnis eine doppelte Beaufsichtigung bedeuten, nämlich einerseits für die Tätigkeit als Finanzanlagenvermittler durch die BaFin und andererseits als Versicherungsvermittler weiterhin durch die regionalen Gewerbeämter bzw. Industrie- und Handelskammern.