EZB goes ESG – Ein Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken

Teil 1

Nach unserer Sommerpause melden wir uns mit einem der derzeit aktuellsten Themen zurück: die Nachhaltigkeit in der Finanzbranche. Ende Mai hat die Europäische Zentralbank (EZB) einen Leitfaden veröffentlicht, in dem sie darlegt, wie Klima- und Umweltrisiken gemäß dem derzeitigen Aufsichtsrahmen gesteuert und mehr Transparenz durch eine verbesserte Offenlegung von Informationen zu Klima- und Umweltrisiken erreicht werden kann. Die EZB hat den Leitfaden in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden entworfen. Im Rahmen der öffentlichen Konsultation können bis Ende September Stellungnahmen abgegeben werden.

In einem zweiteiligen Beitrag gehen wir der Frage nach, ob der Leitfaden rechtlich verbindlich werden wird, für wen er gilt und welche inhaltlichen Schwerpunkte er setzt.

Der EZB Leitfaden im regulatorischen Gefüge

Der Leitfaden ist rechtlich nicht bindend für die Institute. Vielmehr soll er die Grundlage für einen aufsichtlichen Dialog darstellen. Die EZB beabsichtigt, ihren in dem Leitfaden formulierten aufsichtlichen Ansatz zur Steuerung und Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken im Laufe der Zeit weiterzuentwickeln und dabei regulatorische Entwicklungen einfließen zu lassen. Wie immer allerdings, wenn eine europäische Aufsichtsbehörde formaljuristisch nicht bindende Verlautbarungen, Erwartungen oder ähnliches veröffentlicht, sind die Institute in der Regeln dennoch gut beraten, die darin formulierten regulatorischen Anforderungen wahrzunehmen und umzusetzen. Das gilt allein schon im Interesse eines guten Verhältnisses mit der Aufsichtsbehörde.

Für welche Institute gilt der Leitfaden?

Die EZB erwartet, dass bedeutende Institute (SI) den Leitfaden nutzen. Beginnend mit dem Jahresende 2020 sind diese von der EZB deshalb aufgefordert, sie über jegliche Abweichungen ihrer Vorgehensweise von der in dem Leitfaden beschriebenen aufsichtlichen Erwartungen in Kenntnis zu setzen.

Im Hinblick auf weniger bedeutende Institute (LSI) empfiehlt die EZB den nationalen Aufsichtsbehörden, die Kernpunkte des Leitfaden ebenfalls anzuwenden; dabei ist allerdings dem jeweiligen Geschäftsmodell der Institute Rechnung zu tragen. Insoweit ist davon auszugehen, dass auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die inhaltlichen Kernpunkte in ihre Aufsichtspraxis übernehmen wird. Abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell werden deshalb wohl vor allem kleinere Institute, entsprechend dem Proportionalitätsgrundsatz, geringere Erwartungen an das interne Set-up zur Überwachung der Klima- und Umweltrisiken erfüllen müssen.

Welche Erwartungen hat die EZB?

Ihre Erwartungen an die Institute in Bezug auf deren Umgang mit Klima- und Umweltrisiken formuliert die EZB in den vier Kernbereichen (i) Geschäftsmodell und Geschäftsstrategie, (ii) Governance und Risikoappetit, (iii) Risikomanagement und (iv) Offenlegung.

Dieser Teil 1 der Beitragsreihe wird die  Erwartungen der EZB in Bezug auf das Geschäftsmodell, die Geschäftsstrategie sowie bzgl. Governance und Risikoappetit in den Blick nehmen. Teil 2 wird sich dann im Anschluss mit den Anforderungen bzgl. des Risikomanagements und der Offenlegung beschäftigen.

Anforderungen an das Geschäftsmodell und die Geschäftsstrategie  

  • Verständnis der Auswirkungen von Klima- und Umweltrisiken auf das Geschäftsmodell

Die EZB erwartet, dass Institute derzeitige und künftige Auswirkungen von Klima- und Umweltrisiken auf das jeweilige Geschäftsmodell ermitteln, verstehen und überwachen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Geschäftsmodell auch in Zukunft trag- und widerstandsfähig ist. Konkret erwartet die EZB u.a., dass Klima- und Umweltrisiken z.B. auf Ebene geographischer Gebiete und angebotener Produkte und Dienstleistungen ermittelt und dokumentiert werden.

  • Einbeziehung von Klima- und Umweltrisiken in die Geschäftsstrategie

Die Institute müssen festzulegen, welche Klimarisiken kurz-, mittel- und langfristig wesentlich für ihre Geschäftsstrategie sind. Dazu können sie z.B. Szenarioanalysen entwickeln, die die Widerstandsfähigkeit ihres Geschäftsmodells testen. Bei der Umsetzung der Geschäftsstrategie sollten Key Performance Indicators (KPIs) verwendet und diese auf die einzelnen Geschäftsfelder und Portfolios anwendet werden, um Klima- und Umweltrisiken Rechnung zu tragen.

Bspw. können Institute KPIs wie den CO2-Fußabdruck ihrer Vermögenswerte oder die Anzahl der Immobilien, deren Energieetikett sich dank der Finanzierung des Instituts verbessert hat verwenden und diese dann auf die verschiedenen Geschäftsbereiche wie z.B. Privatkundengeschäft und Corporate Banking anwenden. Durch Vergleich der Kennzahlen im Zeitverlauf kann der Fortschritt gemessen und überprüft werden.

Anforderungen an Governance und Risikoappetit

  • Überwachung von Klima- und Umweltrisiken durch das Leitungsorgan

Das Leitungsorgan des Instituts ist im Rahmen seiner Gesamtverantwortung auch für die Überwachung von Klima- und Umweltrisiken verantwortlich. Das Leitungsorgan sollte dafür Sorge tragen, dass Klima- und Umweltrisiken nicht nur in die allgemeine Geschäftsstrategie, sondern auch in das Risikomanagementrahmenwerk mit einbezogen werden. Dafür muss es Rollen und Zuständigkeiten im Hinblick auf Klimarisiken innerhalb des Instituts, z.B. im Rahmen von bestehenden oder neu einzurichtenden Ausschüssen, klar verteilen.

  • Aufnahme von Klima- und Umweltrisiken in das Rahmenwerk für den Risikoappetit

Die Risikostrategie und der Risikoappetit von Instituten sollte alle bestehenden wesentliche Risiken berücksichtigen und Risikolimits festlegen. Das schließt Klima- und Umweltrisiken mit ein. Insbesondere sollten Institute mittel- und langfristige Klimarisiken aufnehmen und ihnen zwecks Risikoüberwachung entsprechende Kennzahlen zuweisen, die den langfristigen Charakter des Klimawandels berücksichtigen. Dadurch werden Institute in die Lage versetzt, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und Risiken besser zu steuern.

  • Zuständigkeiten für die Steuerung von Klima- und Umweltrisiken innerhalb der drei Verteidigungslinien

Innerhalb der drei Verteidigungslinien eines Instituts (Interne Kontrolle/Operatives Management – Compliance und Risikomanagement – Interne Revision) sind Aufgaben und Zuständigkeiten bzgl. Klima- und Umweltrisiken zu verteilen. Im Rahmen der ersten Verteidigungslinie erwartet die EZB bspw., dass alle für die Kreditwürdigkeit eines Kunden relevanten Klima- und Umweltrisiken ermittelt, bewertet und überwacht werden. Im Rahmen des Risikomanagementsystems als Teil der zweiten Verteidigungslinie sind Klima- und Umweltrisiken als Bestimmungsfaktoren bestehender Risikoarten aufzunehmen. Diese Systeme sind im Rahmen der dritten Verteidigungslinie regelmäßig im Hinblick darauf zu überprüfen, inwieweit das Institut für die Steuerung von Klima- und Umweltrisiken gerüstet ist.

  • Aufnahme von Risikodaten in die interne Berichterstattung

Die interne Berichterstattung der Institute sollte aggregierte Risikodaten melden, die Auskunft darüber geben, inwieweit das Institut Klima- und Umweltrisiken ausgesetzt ist. Das ist erforderlich, um der Führungsebene eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen und eine wirksame Überwachung sowie Verringerung von Klima- und Umweltrisiken zu erreichen.

Ausblick auf Teil 2

Welche regulatorischen Anforderungen die EZB hinsichtlich der  Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken im Rahmen des Risikomanagements und der Offenlegung von Klimarisikodaten an die Institute stellt, werden wir in Teil 2 der Beitragsreihe näher beleuchten. Stay tuned!

AIFMD II: Freie Fahrt statt Hindernislauf beim grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU

Seit dem 1. August 2019 gilt die Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der OGAW-Richtlinie und der AIFM-Richtlinie (AIFMD II). Sie ist bis zum 2. August 2021 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen und dient dem Abbau von Hindernissen im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU. Flankiert werden die Regelungen der AIFMD II von der Verordnung (EU) 2019/1156 zur Erleichterung des grenzüberschreitendes Vertriebs von Fonds (VO 2019/1156). Diese gilt überwiegend bereits ab dem 1. August 2019, zum Teil, insbesondere die unmittelbar mit der AIFMD II korrespondierenden Regelungen, ab 2. August 2021. Als unmittelbar geltendes Recht bedarf sie keines nationalen Umsetzungsgesetzes.

In einer mehrteiligen Beitragsreihe wollen wir die Regelungen der AIFMD II und der VO 2019/1156 sowie deren Auswirkungen auf das deutsche Investmentrecht und die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) näher betrachten. Nachdem sich Teil 1 mit den grundsätzlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb sowie Erleichterungen und Vereinheitlichungen der Vertriebsvorgaben beschäftigt hat, konzentriert sich dieser zweite Teilauf den Widerruf von Vertriebsanzeigen, das Pre-Marketing und der zentralen ESMA-Datenbank zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb.

EU-weit einheitliches Verfahren zum Widerruf von Vertriebsanzeigen

Zum Einstieg eine kleine Wiederholung aus Teil 1: Damit ein Fonds in der EU vertrieben werden kann, muss er den europäischen Anforderungen entsprechen und seinen Sitz in der EU haben. Er benötigt eine entsprechende Zulassung in seinem Herkunftsmitgliedstaat (Produktpass). In jedem Mitgliedsstaat, in dem er vertrieben werden soll, ist zudem der dortigen zuständigen Aufsichtsbehörde der Vertrieb anzuzeigen (Vertriebsanzeige).

Hat die KVG kein Interesse mehr daran, einen EU-OGAW oder –AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat zu vertreiben, kann sie den Vertrieb bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates widerrufen. Hierzu regelt die AIFMD II für OGAW und AIF nunmehr ein einheitliches Verfahren.

Ein Widerruf des Vertriebs ist unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  • Pauschalangebot zum Rückkauf gegenüber den Anlegern für Anteile, die diese im Rahmen der bisherigen Vertriebstätigkeit erworben haben;
  • Bekanntmachung des Widerrufs und
  • Beendigung von Vertriebstätigkeit und sämtlichen Vertriebsvereinbarungen z.B. mit Vermittlern.

Das Verfahren des Vertriebswiderrufs entspricht in seinen Grundzügen der jetzigen Rechtslage. Die Widerrufsanzeige ist mit den oben genannten Informationen an die Aufsichtsbehörde seiner Herkunftsmitgliedstaates zu richten. Diese prüfen die Vollständigkeit der Widerrufsanzeige innerhalb einer Prüfungsfrist; nach erfolgreicher Prüfung leitet die Behörde die vollständige Widerrufsanzeige an die Behörden des Mitgliedstaats weiter, in dem der Vertrieb eingestellt werden soll. Gleichzeitig informiert sie entsprechend die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).

Aufbau einer zentralen ESMA Datenbanken zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb

Nach den Regelungen der VO 2019/1156 soll die ESMA spätestens Anfang 2022 eine zentrale Datenbank für den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb zur Verfügung stellen. Darin soll jeder OGAW und jeder AIF, der grenzüberschreitend vertrieben wird, sowie jedes Vertriebsland aufgeführt werden. Die Datenbank wird  regelmäßig aktualisiert werden. Wird die ESMA von einer nationalen Aufsichtsbehörde über den Widerruf einer Vertriebsanzeige informiert, passt sie die Datenbank entsprechend an.

Vor diesem Hintergrund werden die nationalen Aufsichtsbehörden entsprechend verpflichtet, der ESMA alle für die Datenbank erforderlichen Informationen vierteljährlich über ein elektronisches Portal zur Verfügung zu stellen.

Die zentrale Datenbank zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb soll durch die Veröffentlichung von nationalen Regelungen zu den Gebühren, die von der jeweiligen Aufsichtsbehörde gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die ihre Fonds grenzüberschreitend vertreibt, erhoben werden, ergänzt werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden müssen der ESMA dazu entsprechende Links übermitteln, die von der ESMA spätestens Anfang 2022 auf ihrer Homepage veröffentlicht werden.

Pre-Marketing von AIF

Auch das sog. Pre-Marketing wird von der AIFMD II einheitlich geregelt. Wie in Teil 1 der Beitragsreihe bereits erläutert, benötigen KVGen bzw. die von ihnen beauftragten zum Vertrieb (Marketing) ihrer Fonds eine entsprechende Erlaubnis. Hat die KVG oder der Vermittler einmal in einem EU-Land eine entsprechend Erlaubnis erhalten, kann von ihr auch in anderen EU-Ländern im Wege des sog. EU-Passporting Gebrauch gemacht werden.

Wenn ein Fondsmanager (ohne EU-Pass) aber einen Markt in einem anderen EU-Mitgliedstaat erst einmal testen und herausfinden möchte, ob Interesse an seinen Produkten besteht, sind Pre-Marketing Tätigkeiten ein geeignetes Mittel. Problematisch daran ist, dass der Begriff nicht in allen Mitgliedstaaten gleich streng definiert und reguliert ist. In einigen Mitgliedsstaaten (etwa in Luxemburg) sind Pre-Marketingtätigkeiten noch nicht vom eigentlichen Vertrieb erfasst und daher – je nach Ausgestaltung – möglich, ohne dass bereits eine Erlaubnis erforderlich ist. Andere EU-Mitgliedstaaten (wie Deutschland) sind wesentlich strenger und fassen u.U. unter Vertrieb auch Pre-Marketing-Tätigkeiten. Durch die AIFMD II wird das Pre-Marketing nunmehr durch eine Definition und eine Negativliste einheitlich geregelt. Wenn die Pre-Marketing Tätigkeit die genannten Merkmale nicht enthält, liegt keine regulierte Tätigkeit vor, d.h. eine Erlaubnis ist nicht erforderlich. Die Regelungen der AIFMD II ändern die deutsche Verwaltungspraxis der BaFin nicht. Danach wird beim Vertrieb von Fonds u.a. dann keine Erlaubnispflicht ausgelöst, wenn der Investmentfonds noch nicht aufgelegt ist, d.h. noch kein Investor den Fonds gezeichnet hat, und die Unterlagen noch nicht angebotsreif sind. Weitere Einzelheiten zum Pre-Marketing haben wir bereits in einem früheren Blogbeitrag veröffentlicht.

Ausblick auf Teil 3                               

Der dritte und letzte Teil der Beitragsreihe wird die Regelungen der AIFMD II zu Werbung im Rahmen des grenzüberschreitenden Fondsvertriebs näher beleuchten sowie ein allgemeines Fazit zur AIFMD II und den Erleichterungen beim grenzüberschreitenden Fondsvertrieb ziehen

BaFin rückt die fachliche Eignung von Geschäftsleitern in den Fokus

Die BaFin konsultiert gerade ein überarbeitetes Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB. Geschäftsleiter müssen ihre fachliche und persönliche Eignung nachweisen, bevor sie ein Kreditinstitut, einen Finanzdienstleistungsinstitut, ein Zahlungsinstitut oder eine Kapitalverwaltungsgesellschaft führen dürfen. Die BaFin hat die Qualifikationen eines designierten Geschäftsleiters immer schon überprüft, doch von nun an scheint sie noch genauer hinzusehen.

Einiges bleibt beim Alten, auch wenn es im Merkblatt neu ist

Grundsätzlich gilt nach wie vor, wer einmal Geschäftsleiter eines regulierten Unternehmens war, hat es nicht schwer, diese Tätigkeit auch bei einem anderen regulierten Unternehmen fortzusetzen. Neben der fachlichen Eignung der einzelnen Geschäftsleiter, die theoretische und praktische Kenntnisse sowie Leitungserfahrung umfasst, wird künftig ein besonderes Augenmerk auch auf die fachliche Eignung der Geschäftsleitung in ihrer Gesamtheit gelegt. Denn die Institute sollen sicherstellen, dass neben der individuellen fachlichen Eignung jedes einzelnen Geschäftsleiters die Geschäftsleitung auch in ihrer Gesamtheit alle notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen mitbringt, um ihrer Gesamtverantwortung für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und den damit eihergehenden Anforderungen jederzeit gerecht zu werden. Zur Evaluierung der Gesamtqualifikation der Geschäftsleitung hat die BaFin ihrer Konsultation eine entsprechende Muster-Matrix beigefügt, die recht umfangreich die Überlegungen der Institute dokumentieren soll.

Auch das ist in der Verwaltungspraxis der BaFin kein ganz neuer Ansatz. Es war auch bisher möglich, dass in einem Institut, das z.B. auf digitale Lösungen spezialisiert ist, ein Geschäftsleiter besondere Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich der IT mitbringt, dafür aber noch nicht ganz so viel Erfahrung im Risikomanagement hat, wenn insgesamt in der Geschäftsleitung alle Verantwortungsbereiche abgedeckt sind. Die Tatsache, dass es dieses Prinzip jetzt in ein Merkblatt geschafft hat, zeigt, dass die BaFin bei Ernennung eines neuen Geschäftsleiters nicht mehr nur den einzelnen Geschäftsleiter überprüft, sondern sich auch erklären lassen wird, wie der neue Geschäftsleiter in die bereits bestehende Führungsriege passt.

Die BaFin geht weiterhin davon aus, dass neue Geschäftsleiter nach Amtseinführung geschult werden, um allen Anforderungen, die mit der Geschäftsleitung einhergehen, gerecht werden zu können. Insbesondere sollen alle neuen Geschäftsleiter Verständnis für die Struktur, das Geschäftsmodell, das Risikoprofil und die Governance-Regelungen des Instituts sowie ihre eigene Rolle in der Geschäftsleitung entwickeln. Dies soll durch Fort- und Weiterbildungen unterstützt werden. Das ist in der Praxis auch heute schon üblich. Auch forderte die BaFin auch in der Vergangenheit Institute auf, neue Geschäftsleiter entsprechend nach ihrer Ernennung zu schulen.

Es bleibt dabei, dass unbeschadet der aufsichtlichen Beurteilung die primäre Verantwortung für die Erst- und Folgebewertungen der individuellen Eignung und der Eignung in der Gesamtheit der Geschäftsleitung bei den Instituten verbleibt. Die BaFin überprüft dies regelmäßig anhand der Berichterstattung des Jahresabschlussprüfers. Die Institute sind verpflichtet, der BaFin und ggf. der Deutschen Bundesbank auf Anforderung weitere Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die es der Aufsicht erlauben, die Qualifikation der Geschäftsleiter zu beurteilen.

Neue Anforderungen

Daneben gibt es nun für Institute neue ToDos. Teil der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation eines Institutes ist künftig, dass es (a) Eignungsrichtlinien, (b) Diversitätsrichtlinien für Geschäftsleiter, Verwaltungs- und Aufsichtsratsmitglieder und Mitarbeiter, (c) Einführungs- und Schulungsrichtlinien und (d) Richtlinien spezifisch für den Umgang mit Interessenskonflikten für Geschäftsleiter, Verwaltungs- und Aufsichtsratsmitglieder und Mitarbeiter geben soll.

Die Eignungsrichtlinien sollen Richtlinien und Prozesse zur Bewertung der individuellen Eignung und der Eignung in der Gesamtheit der Geschäftsleitung aufstellen. Diese Richtlinien sollen an den gesamten Governance-Rahmen des Instituts, die Unternehmenskultur und die Risikobereitschaft des Instituts angepasst sein. Auch Inhaber von Schlüsselpositionen (etwa der Leiter der internen Revision oder der CFO, sofern dieser nicht Geschäftsleiter ist) sollen hier berücksichtigt werden.

Anknüpfend an die Eignungsrichtlinien müssen sich Institute künftig Gedanken über Fort- und Weiterbildung machen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sollten, soweit möglich, vor Beginn der Tätigkeit über die Kultur, Werte, das Verhalten und die Strategie des Instituts und seiner Geschäftsleitung bzw. seines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans informiert zu sein. Dafür müssen angemessene personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Richtlinien und Verfahren zur Einführung und Schulung von Mitgliedern der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sollen nach Ansicht der BaFin mindestens die folgenden Inhalte umfassen:

  • jeweils Einführungs- und Schulungsziele getrennt für Geschäftsleitung und Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan; diese Ziele sollten für konkrete Positionen gemäß ihren bestimmten Verantwortlichkeiten und Beteiligung an Ausschüssen spezifiziert werden,
  • die Verantwortlichkeit für die Entwicklung eines ausführlichen Schulungsprogramms,
  • die für die Einführung und Schulung vom Institut zur Verfügung gestellten Finanz- und Personalressourcen unter Berücksichtigung der Anzahl und Kosten von Einführungs- und Schulungssitzungen, sowie dazugehörenden Verwaltungsaufgaben,
  • einen klar festgelegten Vorgang, nach dem jedes Mitglied des Leitungsorgans eine Einführung oder Schulung anfordern kann.

Darüber hinaus sollte das Institut einen Prozess zur Bestimmung der Bereiche einrichten, in denen Schulungen erforderlich sind. Das wird für die einzelnen Institute einiges an Planung und Umsetzungsaufwand erfordern.

Die BaFin verspricht sich davon qualifizierte Geschäftsleiter, die für aktuelle und künftige Aufgaben gut gerüstet sind.

AIFMD II: Freie Fahrt statt Hindernislauf beim grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU

Seit dem 1. August 2019 gilt die Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der OGAW-Richtlinie und der AIFM-Richtlinie (AIFMD II). Sie ist bis zum 2. August 2021 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen und dient dem Abbau von Hindernissen im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb in der EU. Flankiert werden die Regelungen der AIFMD II von der Verordnung (EU) 2019/1156 zur Erleichterung des grenzüberschreitendes Vertriebs von Fonds (VO 2019/1156). Diese gilt überwiegend bereits ab dem 1. August 2019, zum Teil, insbesondere die unmittelbar mit der AIFMD II korrespondierenden Regelungen, ab 02. August 2021. Als unmittelbar geltendes Recht bedarf sie keines nationalen Umsetzungsgesetzes.

In einer mehrteiligen Beitragsreihe wollen wir die Regelungen der AIFMD II sowie der VO 2019/1156 sowie deren Auswirkungen auf das deutsche Investmentrecht und die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) näher betrachten. Zum Auftakt beleuchten wir in diesem Teil 1, wie der grenzüberschreitende Fondsvertrieb aus aufsichtsrechtlicher Sicht in der EU überhaupt funktioniert und welche Hindernisse im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb zukünftig abgebaut werden.

Überblick: Grenzüberschreitender Fondsvertrieb in der EU

Vereinfacht dargestellt, wird ein Fonds von einer Verwaltungsgesellschaft (KVG), die dafür die entsprechende Erlaubnis hat, aufgelegt, verwaltet und im Vertrieb den Anlegern angeboten. Aufsichtsrechtlich gibt es hier also gleich drei Anknüpfungspunkte: (i) die Verwaltungstätigkeit der KVG, (ii) die Zulassung des Fonds selbst sowie (iii) die Vertriebstätigkeit.

Für die originäre Verwaltungstätigkeit benötigt die KVG in dem EU Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, eine Erlaubnis; in Deutschland z.B. müsste die KVG eine BaFin Erlaubnis einholen. Einmal in einem EU-Mitgliedsstaat eine Erlaubnis erlangt, kann die KVG in jedem anderen  EU-Mitgliedstaat ebenfalls die von der Erlaubnis abgedeckten Tätigkeiten erbringen, ohne jeweils eine neue Erlaubnis beantragen zu müssen (sog. Europäischer Pass).  

Gleiches gilt für den jeweiligen Fonds. Er muss, um in der EU zum Vertrieb zugelassen zu sein, den europäischen Anforderungen entsprechen und seinen Sitz in der EU haben. Auch er benötigt also eine Zulassung in einem Mitgliedstaat der EU, um dann auch im Rahmen des Europäischen Passes in anderen Mitgliedstaaten der EU vertrieben werden zu können (sog. Produktpass). Hat der Fonds in einem EU-Mitgliedstaat eine Zulassung erhalten, ist ein jedem Mitgliedstaat, indem sein Vertrieb erfolgen soll, ein Notifikationsverfahren bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaates durchzuführen (sog. Vertriebsanzeige).

Erbringt die KVG die Vertriebstätigkeit selbst, ist dies bereits im Umfang ihrer eigenen Erlaubnis berücksichtigt. Nutzt sie hingegen ein Vertriebsnetz, muss sichergestellt sein, dass die jeweiligen Vertriebsgesellschaften die entsprechende Erlaubnis (in der Regel Anlageberatung- und –vermittlung und ggf. Portfoliomanagement) besitzt. Auch diese kann dann im Wege des Europäischen Passes in anderen Mitgliedstaaten genutzt werden.

Abbau von Hindernissen im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb

Zusätzlich zu diesen grundsätzlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb kommen, je nach Fondsprodukt Mitgliedstaat und Anleger, weitere aufsichtsrechtliche Anforderungen hinzu. Der EU-Gesetzgeber hat sich hier zu zahlreichen Vereinheitlichungen und Ergänzungen entschieden.  

Keine zwingende physische inländische Präsenz

Soll z.B. ein Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) oder ein Alternatives Investmentvermögen (AIF) mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat in Deutschland vertrieben werden, verlangt die BaFin aus Anlegerschutzgründen u.a., dass die KVG ein inländisches Kreditinstitut, über das Zahlungen für die Anleger geleitet und Rücknahme von Anteilen oder Aktien abgewickelt werden, benennt (sog. inländische Zahlstelle).

Dies ist für die KVGen allerdings mit einigem Aufwand verbunden, da z.B. ein entsprechender Kooperationsvertrag mit der inländischen Zahlstelle abzuschließen ist. Für Anleger ist es zudem oft leichter –und in der Praxis auch üblicher- , sich einfach per Mail oder telefonisch mit der jeweiligen KVG direkt in Verbindung zu setzen. Die Folge ist, dass die inländischen Zahlstellen oft eher für administrative Zwecke genutzt werden, wie z.B. die grenzüberschreitende Einziehung behördlicher Gebühren.

Der EU-Gesetzgeber hat sich deshalb zu einer Modernisierung bei gleichbleibendem Anlegerschutz entschlossen. Zukünftig wird beim grenzüberschreitenden Vertrieb von EU-OGAW und –AIF keine physische Präsenz im jeweiligen Vertriebsstaat, wie z.B. einer inländische Zahlstelle, vorgeschrieben. Im Gegenzug sind allerdings Vorgaben zur Information und Kommunikation mit den Anlegern sowie der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde vorgesehen. Aus Anlegerschutzgründen ist deshalb u.a. etwa sicherzustellen, dass die Verarbeitung von Zeichnungs- und Rücknahmeaufträgen europäischen Vorgaben entspricht und den Anlegern Informationen über die Erteilung von Zeichnungs- und Rückgabeaufträgen zur Verfügung gestellt werden. Zudem ist eine Kontaktstelle zur Kommunikation mit der jeweiligen inländischen Aufsichtsbehörde einzurichten. Ob der Fonds diese Anforderungen selbst erfüllt, oder von einem Dritten ausführen lässt, der einer entsprechenden Aufsicht unterliegt, ist zukünftig ihm überlassen. Erforderlich ist jedenfalls, dass die genannten Leistungen den Anlegern in der jeweiligen Amtssprache des Vertriebslandes oder einer anderen dort zugelassenen Sprache und (auch) elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Bisherige gesetzliche Regelungen, die die Benennung eines physischen inländische Präsenz vorschreiben, wie z.B. das deutsche Investmentrecht eine inländische Zahlstelle, sind daher an die neuen EU-Regelungen anzupassen.

Einheitliche Vorgaben für Vertriebsanzeigen und Änderungen von Vertriebsmodalitäten

Soll ein EU-OGAW in Deutschland vertrieben werden, ist dies von der KVG der BaFin entsprechend anzuzeigen (sog. Incoming UCITS notification, nähere Informationen dazu hier. Bzgl. der Vertriebsanzeige sieht die AIFMD II Vereinheitlichungen vor. So muss die Vertriebsanzeige alle Kontaktangaben enthalten, die zur Inrechnungstellung oder der Mitteilung von behördlichen Gebühren erforderlich sind. Ändern sich die im Rahmen der Vertriebsanzeige mitgeteilte Modalitäten der Vermarktung oder der Anteilsklassen, sind diese Änderungen der jeweils zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates und des Aufnahmemitgliedstaates einen Monat vor Umsetzung mitzuteilen. Im Falle eines EU-OGAW, der an deutsche Anleger vertrieben wird, wären solche Änderungen also der BaFin innerhalb der Mindestfrist mitzuteilen. Auch die bisherigen Regelungen des deutschen Investmentrechts gehen zwar davon aus, dass die Änderungen vor ihrer Umsetzung der BaFin mitzuteilen sind, benennen hierfür aber keine konkrete Mindestfrist. Dies wird entsprechend an die neuen EU-rechtliche Vorgabe angepasst werden. 

Ausblick auf Teil 2: Noch weniger Hindernisse im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb

Hat die KVG kein Interesse mehr daran, einen EU-OGAW oder –AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat zu vertreiben, kann sie die Vertriebsanzeige bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates widerrufen. Welches einheitliche Verfahren der EU-Gesetzgeber hierzu zukünftig vorsieht, werden wir im zweiten Teil der Beitragsreihe näher beleuchten. Zudem werden wir einen Blick auf das sog. Pre-Marketing von AIF und der Errichtung einer zentralen ESMA-Datenbanken zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb werfen. Stay tuned!

 

Abseits von Corona: Kurzupdate zum Geldwäscherecht

Auch abseits von Corona gibt es aktuelle Entwicklungen. Anfang Mai hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Rundschreiben 02/2020 (GW) zur Konkretisierung der Verordnungen hinsichtlich (i) des Prüf- und Berichtszeitraums sowie (ii) des Prüfungsturnus für die Berichterstattung über die getroffenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (abrufbar hier) veröffentlicht. Wir geben im Folgenden einen kompakten Überblick über die von der BaFin vorgenommenen Konkretisierungen.

  • Überblick: Prüfberichtsverordnungen

Prüfberichte über beaufsichtigte Institute sind für die BaFin von zentraler Bedeutung, um Informationen über die Geschäftslage der Institute zu erhalten. Die Prüfberichtsverordnungen konkretisieren die Anforderungen der Aufsicht an den Gegenstand der Prüfung, den Inhalt der Prüfungsberichte sowie Art und Umfang der Berichterstattung. Rechtstechnisch richten sich die Prüfberichtsverordnungen deshalb zwar an die Wirtschaftsprüfer der Institute, sind aber inhaltlich auch für diese selbst von Relevanz, etwa, um sich über den Erwartungshorizont der Prüfers bewusst zu sein. Im einzelnen gibt es Prüfberichtsverordnungen für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (PrüfbV), für Versicherungsunternehmen (PrüfV), für Zahlungs- und E-Geld-Institute (ZahlPrüfbV) sowie für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAPrüfbV).

  • BaFin Konkretisierungen zum Prüfungs- und Berichtsturnus

Prüfungen sind grundsätzlich in einem jährlichen Turnus durchzuführen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Institute aber eine Erleichterung in Anspruch nehmen und in einem zweijährigen Turnus prüfen lassen. Dies gilt für Kreditinstitute mit einer maximalen Bilanzsumme von 400 Mio. Euro, für Wertpapierhandelsunternehmen, die nicht befugt sind, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen und nicht auf eigenen Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln, sowie Institute, die ausschließlich das Finanzierungsleasing erbringen. Insbesondere im Hinblick auf die Wertpapierhandelsunternehmen stellt die BaFin klar, dass es insoweit auf das formelle Halten der jeweiligen Erlaubnis ankommt und nicht auf die tatsächliche Ausübung der Erlaubnis. Ist das Unternehmen also z.B. nach der jeweiligen Erlaubnis berechtigt, Kundengelder zu halten, macht davon aber keinen Gebraucht, kann es sich nicht auf die Erleichterung eines zweijährigen Prüfungsturnus berufen. Ergänzend stellt die BaFin klar, dass in Fällen, in denen alle Voraussetzungen für die Erleichterung vorliegen, dies entsprechend im Prüfbericht darzulegen ist.

Die Erleichterung hin zu einem zweijährigen Prüfungs- und Berichtsturnus kann von den oben genannten Instituten dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn ihre Risikolage ein kürzeres Prüfintervall erfordert. Hier konkretisiert die BaFin, dass unter einer solchen Risikolage insbesondere die Gefahr zu verstehen ist, dass das Institut für Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung missbraucht wird; diese Gefahr steigt, wenn keine geeigneten Präventionssysteme wie z.B. interne Policies vorgehalten werden. Davon geht die BaFin insbesondere aus, wenn im vorangegangenen Prüfbericht wesentliche Mängel festgestellt wurden. In diesem Falle ist auf einen jährlichen Prüfungsturnus zu verkürzen.

  • BaFin Konkretisierung zum Prüfungs-und Berichtszeitraums

Unabhängig davon, ob eine Prüfung und Berichterstattung in einem ein- oder zweijährigen Turnus erfolgt, hat diese den gesamten Zeitraum seit dem Stichtag der letzten Prüfung und Berichterstattung zu umfassen. Die BaFin stellt klar, dass es keine prüfungs- und berichtsfreien Zeiträume gibt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Konkretisierungen der BaFin mehr Rechtssicherheit sowohl für die Wirtschaftsprüfer als auch für die zu prüfenden Institute bedeuten. Insbesondere die Klarstellung, dass die Inanspruchnahme der Erleichterung eines zweijährigen Prüfturnus an den formalen Umfang der gehaltenen Erlaubnis zu knüpfen ist, dürfte für Markteilnehmer hilfreich sein.

 

Mehr Verbraucherschutz bei Wertpapierdienstleistungen: BaFin konsultiert Änderungen der MaComp

Ende April 2020 hat die BaFin neue Abschnitte des Rundschreibens zu den Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp) zur Konsultation gestellt (abrufbar hier). Stellungnahmen sind bis Mitte Juni diesen Jahres möglich. Die MaComp geben den beaufs ichtigten Wertpapierdienstleistungsunternehmen Orientierung bei der praktischen Umsetzung der gesetzlichen Regelungen für den Bereich der Wohlverhaltensregelungen.

Zunächst ist eine Ergänzung im Modul der MaComp zu den Anforderungen an redliche und nicht irreführende Informationen (Modul BT 3) geplant. Weiter wird das Modul zur Geeignetheitserklärung (Modul BT 6) um Aussagen zum Inhalt der Geeignetheitserklärung ergänzt. Im Folgenden stellen wir die aktuellen Änderungen und Ergänzungen vor.

Redliche und nicht irreführende Informationen

Nach den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) müssen alle Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihren Kunden zugänglich machen, redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein. Ein Teilaspekt davon ist, dass Informationen in ausreichendem Umfang und in verständlicher Darstellung dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Detaillierte Vorgaben dazu enthält das Modul BT 3 der MaComp.

Das Modul wird um einen neuen Passus zur angemessenen Kundenaufklärung bei der indikativen Orderwertberechnung im Rahmen der Verwendung von Online-Brokerage-Tools ergänzt. Beseht bei der Verwendung dieser Tools die Möglichkeit, dass der dem Kunden angezeigte indikative bzw. vorläufige Orderwert von späteren tatsächlichen Ausführungspreis erheblich abweicht, ist der Kunde darauf in ausreichender und verständlicher Weise hinzuweisen. Zusätzlich ist der Hinweis auf die Möglichkeit einer Limitierung des Auftrags, die eine Ausführung der Order zu einem erheblich höheren Preis als vom Kunden gewollt, verhindert, sinnvoll. Für beides enthält der neu angefügte Abschnitt der MaComp Formulierungsbeispiele für die Unternehmen.

Geeignetheitserklärung: Anforderungen an den Inhalt

Zudem müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach den Regelungen des WpHG, insbesondere im Rahmen der Anlageberatung, Informationen von ihren Kunden einholen, um prüfen zu können, welche Finanzinstrumente für den jeweiligen Kunden geeignet sind (Geeignetheitsprüfung). Das sind z.B. Informationen über die Vorkenntnisse des Kunden, seinen finanziellen Verhältnissen und seinen Anlagezielen. Vor dem jeweiligen Vertragsabschluss muss das Unternehmen die Geeignetheit des jeweiligen Produktes gegenüber dem Kunden erklären (Geeignetheitserklärung). Die Geeignetheitserklärung muss dabei die konkrete Beratungsleistung nennen und erläutern, wie sie auf die Kundenmerkmale (z.B. Anlageziele) abgestimmt ist.

Das neue Modul zum BT 6 der MaComp enthält detaillierte Vorgaben zu dem Inhalt dieser Geeignetheitserklärung. Wichtig ist, dass sie eine Begründung enthält, warum das Unternehmen die Geeignetheit des in Rede stehenden Finanzproduktes annimmt – also inwiefern die Anlageempfehlung auf die jeweiligen Kundenmerkmale abgestimmt wurde. Dies erfordert einen qualitativen Abgleich der Eigenschaften des Finanzinstruments mit den Kundenmerkmalen. Das Unternehmen muss also z.B. prüfen, ob und dass die vom Kunden gewünschte Anlagedauer mit der (Rest)Laufzeit des Produktes im Einklang steht und diese Übereinstimmung dem Kunden gegenüber erklären. Eine pauschale Behauptung, dass die Empfehlung den Merkmalen des Kunden entsprechen, ohne wertende Komponente, kann dagegen in keinem Fall ausreichend sein. Die MaComp enthält zahlreiche (positive wie negative)  Formulierungsbeispiele für diverse Kundenmerkmale (Anlagedauer, Risikobereitschaft, Kenntnisse und Erfahrungen, finanzielle Verhältnisse und Anlagezweck), die die Unternehmen zur Darlegung ihrer Prüfung in der Geeignetheitserklärung verwenden können.

Wertpapierdienstleister müssen zudem ihre Verkaufsempfehlung an ihren Kunden dokumentieren. Diese muss alle Kundenmerkmale enthalten, aufgrund derer das entsprechende Finanzinstrument dem Kunden zum Kauf empfohlen wurde. Auch hierfür enthält die MaComp nunmehr positive und negative Formulierungsbeispiele.

Fazit

Sowohl redliche, nicht irreführende Kundeninformationen als auch eine korrekte und vollständige Geeignetheitserklärung sind wesentliche Elemente des Verbraucherschutzes im Rahmen von Wertpapierdienstleistungen im Allgemeinen und der Anlageberatung im Speziellen. Durch die aktuellen Ergänzungen der MaComp stärkt die BaFin abermals den Verbraucher- und Kundenschutz. Für den Markt dürften die Ergänzungen insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen Formulierungsbeispiele hilfreich sein.

Teilgesellschaftsvermögen und Swing Pricing: Fondsstandort Deutschland wird gestärkt

Am 27. März 2020 wurde, inmitten der Corona-Krise relativ unbeachtet, das Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien verabschiedet (abrufbar hier) ; am 28. März 2020 trat es in weiten Teilen bereits in Kraft. Hinter dem eher technischen Gesetzesnamen verbergen sich praxisrelevante Änderungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB): Teilgesellschaftsvermögen sind künftig für alle Fonds möglich und das sog. Swing Pricing ist künftig ebenfalls erlaubt. Zudem gibt es Änderungen bei der Rückgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen. Die aktuellen Änderungen des KAGB stellen wir im Folgenden vor.

Teilgesellschaftsvermögen

Künftig sollen alle Fonds Teilgesellschaftsvermögen auflegen können. Dies war bisher nur offenen Fonds gestattet; nun besteht diese Möglichkeit auch für geschlossene Fonds. So können unter einem Dach verschiedene Anlagestrategien verfolgt werden, die rechtlich und haftungsrechtlich aber von einander strikt getrennt sind. Das spart Kosten, weil man nun einen Fonds auflegen kann, wo man vorher zwei bzw. verschiedenen Anteilsklassen brauchte. Dieser bisherige Unterschied etwa zu Luxemburg wurde in der Branche schon lange bemängelt; mit den aktuellen Änderungen des KAGB zieht der Fondsstandort Deutschland gleich. Mit der Einführung werde der Gestaltungsspielraum bei der Auflage von Fondsvehikeln erweitert und Nachteile gegenüber anderen Fondsstandorten beseitigt, so begründet der Gesetzgeber selbst die Gesetzesänderung.

Swing Pricing

Swing Pricing ist eine international übliche Methode, die Transaktionskosten verursachergerecht verteilt, wenn ein Anleger Anteilsrücknahmen verlangt oder Anteile erwerben möchte. Wenn ein Anleger Anteile an einem Fonds zurückgibt, müssen in der Regel Anlagegegenstände (z.B. Aktien bei einem Aktienfonds) verkauft werden. Dabei fallen Kosten an (Depotkosten, Handelskosten, etc.). Es soll künftig möglich sein, diese Kosten dem Anleger aufzuerlegen, der seine Anteile zurückgibt. Dasselbe gilt, wenn Anteile erworben werden. Dann hat der Fonds mehr Geld, das angelegt wird. Das verursacht wieder Transaktionskosten, die der neue Anleger tragen kann. Die neue Regelung gibt nur die Möglichkeit vor, Swing Pricing ist nicht verpflichtend. Ob ein Fonds das umsetzen möchte, wird in den Anlagebedingungen des Fonds geregelt, so dass jeder Anleger vor Zeichnung der Anteile weiß, woran er ist. Ausnahme für das Swing Pricing sind Immobilienfonds, denn aufgrund der hohen Transaktionskosten, wenn eine Immobilie verkauft oder erworben wird, ist das Swing Pricing in diesem Bereich nicht praxisgerecht.

Rückgabe von Anteilen: Rückgabefristen und Redemption Gates

Änderungen gibt es auch im Bereich der Rückgabe bzw. Rücknahme von Fondsanteilen. Zum einen wurde die Möglichkeit, eine Anteilsrückgabe nur unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist zu erlauben, erweitert. Bei Immobilienfonds ist die Vereinbarung von Kündigungsfristen schon üblich. Zukünftig soll dies z.B. auch für Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapiere (OGAW) möglich sein. Die Ankündigungsfrist darf allerdings höchstens einen Monat betragen.

Zudem ist nunmehr eine kurzfristige Aussetzung oder Beschränkung der Anteilrücknahme möglich (sog. Redemption Gates). Die Beschränkung darf höchstens 15 Arbeitstage andauern. Die Rückgabe von Anteilen kann beschränkt werden, wenn die Rückgabeverlangen der Anleger einen zuvor festgelegten Schwellenwert erreichen, ab dem die Rückgabeverlangen aufgrund der Liquiditätssituation der Vermögensgegenstände des Fonds nicht mehr im Interesse der Gesamtheit der Anleger ausgeführt werden können. Redemption Gates sind daher, wie Rückgabefristen auch, ein Instrument der Liquiditätssteuerung. Ob ein sog. Redemption Gate greift, die Ausgestaltung der Schwelle und die Beschränkungen dürfen individuell für den Fonds geregelt werden. Redemption Gates sind für OGAW, Gemischten Investmentvermögen und Spezialfonds möglich.

Fazit

Durch die Änderungen des KAGB zieht der Fondsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb, vor allem auch mit Luxemburg, gleich. Marktteilnehmern wird mehr Flexibilität ermöglicht. Insbesondere die Erweiterung der Möglichkeit, Teilgesellschaftsvermögen zu bilden, ist positiv zu bewerten. Ein kleiner Lichtblick in der Coronazeit.

Corona-Krise: Flexibilität im aufsichtsrechtlichen Melde- und Berichtswesen

Im Stunden- und Tagesrhythmus veröffentlichen Aufsichtsbehörden derzeit Maßnahmen und Vorschläge, wie Finanzinstitute und sonstige Marktteilnehmer in Zeiten der Corona-Krise von aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen, die personelle und technische Ressourcen binden und dann im momentan wichtigen operativen Geschäft fehlen, entlastet werden können. So sollen sich bspw. Banken voll auf die Vergabe von dringend von der Realwirtschaft sowie Privatleuten benötigten Kredite konzentrieren und hierfür auf möglichst viele verfügbaren Ressourcen zugreifen können. Erleichterungen wurden deshalb nun für aufsichtsrechtliche Melde- und Prüfungspflichten beschlossen. Die Aufseher bewegen sich dabei in dem Spannungsfeld, den Instituten möglichst viel Flexibilität einzuräumen, gleichzeitig aber ihnen und der (Markt-)Öffentlichkeit Zugang zu wichtigen Informationen offen zu halten, die zur Beurteilung der Stabilität des Finanzsystems benötigt werden. Dessen Überwachung ist in Krisenzeiten essentiell wichtig. Denn je länger die erforderlichen Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Krise bestehen, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich weitere Verluste in der Realwirtschaft in einer zunehmender Instabilität des Finanzsystems niederschlagen, wodurch seine Funktionsweise gerade dann beeinträchtigt werden könnte, wenn seine Rolle als Kreditgeber von größter Bedeutung ist (mehr Informationen dazu in einer Stellungnahme es Verwaltungsrats des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB)).

Um diese widerstreitenden Interessen zum Ausgleich zu bringen, wurden von den europäischen Aufsichtsbehörden drei wesentliche Empfehlungen an die nationalen Aufsichtsbehörden abgegeben, die diese in ihrer nationalen Aufsichtspraxis umsetzen sollten:

  • Erleichterungen bei Berichtspflichten für Fondsmanager: Fondsmanager sind verpflichtet, je nach verwaltetem Fonds, (geprüfte) Jahres- und Halbjahresberichte zu erstellen. Aufsichtsrechtlich sind für ihre Fertigstellung und Vorlage bestimmte Fristen vorgesehen. Aufgrund der Corona-Krise kann es bei der Erstellung und ggf. Prüfung der Berichte jedoch zu Verzögerungen kommen. Nationale Aufsichtsbehörden sollten laut Europäischer Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Fondsmanagern deshalb ein bis zwei Monate mehr Zeit für die Erstellung der Berichte gewähren und währenddessen keine aufsichtsrechtlichen Sanktionen aufgrund verspäteter Berichte ergreifen. Voraussetzung soll aber sein, dass die nationalen Aufsichtsbehörden sowie die Anleger vorab über die voraussichtliche Verzögerung informiert werden.

  • Flexibilität bei externen Prüfungen nach der Benchmark-Verordnung: Die Benchmark-Verordnung (BMR) schreibt Administratoren („Herausgeber“ eines Index) und Kontributoren (Marktteilnehmer, die dem Administrator Daten zur Verfügung stellen) verschiedentlich vor, externe Prüfungen durchzuführen. Bspw. ist die Compliance des Administrators mit der von ihm erarbeiteten und festgelegten Methode zur Erstellung des Index von einem externen Prüfer zu überprüfen. Verspätete externe Prüfungen sollten laut ESMA derzeit nicht zu aufsichtsrechtlichen Sanktionen der nationalen Aufsichtsbehörden führen. Voraussetzung ist aber auch hier, dass diese entsprechend über die Verzögerung informiert werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bereits veröffentlicht , diese Einschätzung zu teilen.

  • Aufsichtsrechtliches Reporting der Banken: Hier ist generelle Flexibilität gefragt.
    Grundsätzlichen sollten Banken laut der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA) für aufsichtsrechtliche Meldungen, die zwischen März und Ende Mai diesen Jahres fällig sind, einen Monat mehr Zeit bekommen; von aufsichtsrechtlichen Sanktionen ist entsprechend abzusehen.

Fazit

Durch die Maßnahmen soll ein Ausgleich zwischen der Entlastung der Institute und der Zugänglichkeit von erforderlichen regulatorischen Daten zur Bewertung der Finanzstabilität geschaffen werden. Hierfür empfehlen europäische Aufsichtsbehörden den nationalen Behörden einen Mittelweg: Meldungen- und Berichte wo immer möglich ja, aber weniger strenge Fristenvorgaben. Es ist zu erwarten, dass die BaFin sich den von der EBA und ESMA vorgeschlagenen Handhabungen zum aufsichtsrechtlichen Melde- und Berichtswesen anschließen wird.

BaFin konsultiert Änderungen des Rundschreibens zu den Aufgaben und Pflichten der Verwahrstelle

Mitte März 2020 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihr überarbeitetes Rundschreiben zu den Aufgaben und Pflichten der Verwahrstelle nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) zur Konsultation gestellt (abrufbar hier). Stellungnahmen sind bis Mittel April 2020 möglich; aufgrund der Corona-Krise erscheint allerdings eine Verlängerung der Konsultationsfrist möglich. Die Überarbeitung des Rundschreibens erfolgt im Rahmen der Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie und anlässlich des Inkrafttretens der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 (OGAW Level-2-VO), die die OGAW-Richtlinie in Bezug auf die Pflichten von Verwahrstellen ergänzt.

Im Folgenden stellen wir die grundsätzliche Funktion von Verwahrstellen zunächst im Überblick dar, bevor wir die wichtigsten Ergänzungen, die das Rundschreiben erfahren soll, zusammenfassen.

Aufgabe von Verwahrstellen: Anlegerschutz

Ein wesentliches Prinzip des Kapitalanlagerechts zum Zwecke des Anlegerschutzes ist die Trennung von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) und Verwahrstellen. Die KVG trifft vor allem die Entscheidung, wie das Fondsvermögen angelegt wird. Die Verwahrstelle nimmt hingegen eine Kontrollfunktion wahr. In erster Linie verwahrt sie die Vermögensgegenstände der von der KVG verwalteten Fonds, was zu einer strikten Trennung der Fondsvermögensgegenstände und der der KVG führt. Die Verwahrung kann von der Verwahrstelle auch auf einen sog. Unterverwahrer ausgelagert werden. Zudem hat sie bspw. die Aufgabe, die Tätigkeit der KVG auf Vereinbarkeit mit dem Kapitalanlagerecht sowie den vertraglichen Grundlagen des jeweiligen Investmentvermögens zu prüfen. Weiterhin sichert die Verwahrstelle den Bestand des Investmentvermögens; bestimmte Rechtsgeschäfte, die das jeweiligen Investmentvermögen betreffen, unterliegen deshalb ihrem Zustimmungsvorbehalt.

Wichtige Ergänzungen durch Überarbeitung des Rundschreibens

Die Änderungen des Rundschreibens betreffen vor allem die Unterverwahrung und die Kontrollfunktion der Verwahrstelle. Wichtige Anpassungen sind u.a.:

  • Im Rahmen der Verwahrung von Vermögensgegenständen sind Aufzeichnungen und Konten von der Verwahrstelle stets korrekt zu führen. Beauftragt die Verwahrstelle einen Unterverwahrer, hat sie einen regelmäßigen Abgleich zwischen ihren Konten und Aufzeichnungen und denen des Unterverwahrers durchzuführen. Die Häufigkeit des Abgleichs hängt von der Handelstätigkeit des Fonds ab; sofern die Handelstätigkeit z.B. täglich stattfindet, ist auch der Abgleich täglich durchzuführen.
  • Auf Ebene des Unterverwahrers ist sicherzustellen, dass Vermögensgegenstände der Verwahrstelle und die der Fonds, deren Vermögensgegenstände der gleiche Unterverwahrer verwahrt, in getrennten, also rechtlich selbstständigen, Depots verwahrt werden; eine rein buchhalterische Trennung ist nicht ausreichend.
  • Bei einer Unterverwahrung muss die Verwahrstelle sicherstellen, dass der Unterverwahrer alle notwenigen Schritte unternimmt, um zu gewährleisten, dass im Fall seiner Insolvenz die von ihm unterverwahrten Vermögensgegenstände des Fonds nicht an seine Gläubiger ausgeschüttet werden.
  • Bei einer Unterverwahrung im Ausland muss die Verwahrstelle sicherstellen, dass der Anlegerschutz auch dort gewährleistet ist. Dies kann über eine sog. Drei-Punkte-Erklärung des Unterverwahrers erreicht werden. Diese beinhaltet, (i) dass der Unterverwahrer die Vermögensgegenstände als dem Kunden der Verwahrstelle (Fonds) gehöhrend verwahrt, (ii) Pfand- und Zurückbehaltungsrechte nur in Bezug auf solche Ansprüche, die in Bezug auf die eingebrachten Vermögensgegenstände entstanden sind, geltend gemacht werden können und (iii) die Verwahrstelle über Pfändungen o.ä. von Dritten unterrichtet wird.
  • Die Haftung der Verwahrstelle gegenüber dem jeweiligen Investmentvermögen für z.B. das Abhandenkommen verwahrter Vermögensgegenstände bleibt grundsätzlich auch im Falle einer Unterverwahrung bestehen. Eine Haftungsübertragung auf den Unterverwahrer ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme besteht nur für Verwahrstellen von Spezial-AIF, deren (institutionelle) Anleger grundsätzlich nicht das gleiche Schutzbedürfnis haben wie etwa Privatanleger.
  • Macht die KVG die Auszahlung ihrer Verwaltungsvergütung geltend, hat die Verwahrstelle die konkrete Berechnung aufgrund der z.B. in den Anlagebedingungen festgelegten Berechnungsgrundlage zu überprüfen. Dafür genügt es nicht, dass die Verwahrstelle die zugrunde gelegte Berechnungsmethode abstrakt überprüft. Vielmehr muss die Verwahrstelle die von der KVG zu entnehmende Vergütung konkret überprüfen; die KVG muss die dafür erforderlichen Informationen, z.B. Berechnungen, zur Verfügung stellen.
  • Wann die KVG für die Zurverfügungstellung von Informationen oder Unterlagen einen Aufwandsersatz verlangen kann, ist im Verwahrstellenvertrag, der zwischen der KVG und der Verwahrstelle geschlossen wird, abschließend festzulegen.

Fazit

Mit den Änderungen und Anpassungen des Rundschreibens wird der Anlegerschutz weiter gestärkt. Insbesondere die Rechtslage im Falle einer Unterverwahrung wird umfassender geregelt. Für Marktteilnehmer führen die Anpassungen daher zu mehr Rechtssicherheit.

Die BaFin erläutert veränderte aufsichtsrechtliche Anforderungen in der Corona-Krise

In einer Pressemitteilung vom 24. März 2020 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Anpassung ihrer Aufsichtspraxis und die der europäischen Behörden in der Corona-Krise erläutert (abrufbar hier). Oberstes Ziel dabei ist, die Banken zu entlasten, damit diese sich auf die operationelle Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs und die Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft konzentrieren können. Generell wird die BaFin dazu die Flexibilität, die das bestehende aufsichtsrechtliche Regelwerk bietet, vollumfänglich nutzen. Wichtige Maßnahmen der Aufsicht sind:  

  • Darlehen, die von Schuldnern in Folge der Corona-Krise nicht mehr bedient werden können, sind von den Banken nicht automatisch als ausgefallen einzustufen. Die European Banking Authority (EBA) hat diesbezüglich Klarstellungen veröffentlich (abrufbar hier). Grundsätzlich sollten Institute von der Möglichkeit der Restrukturierung von Darlehensverträgen Gebrauch machen und den Schuldner damit in die Lage versetzen, seine Kreditverbindlichkeiten langfristig weiterhin zu bedienen.

  • Entsprechendes gilt laut EBA für die Behandlung von Krediten im Rahmen des IFRS9 (International Financial Reporting Standard 9). Ob ein erhöhtes Kreditrisiko vorliegt, bewerten Banken in Bezug auf die gesamte Laufzeit des Produktes. Wird per Gesetz eine Stundung von Darlehen vorgesehen, wie etwa der deutsche Gesetzgeber dies im Zuge der Corona Krise beschlossen hat (hier abrufbar), soll dies nicht automatisch dazu führen, dass die Darlehen mit einem höheren Kreditrisiko angesetzt werden. Vielmehr sollten die Institute individuell prüfen, ob von einer langfristigen Verschlechterung der Rückzahlungsfähigkeit auszugehen ist.

  • Erleichterungen gelten bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei Kreditgewährungen nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Die BaFin stellt klar, dass für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit die Analyse des letzten verfügbaren Jahresabschlusses ausreichend ist, in der Regel derzeit der Jahresabschluss aus 2018, sofern der Jahresabschluss aus 2019 noch nicht vorliegt. Für die Bewertung der Kapitaldienstfähigkeit können die Institute eine ganzjährige Liquiditätsbetrachtung des Kreditnehmers aus der Vergangenheit heranziehen.

  • In einer Allgemeinverfügung hat die BaFin die Herabsetzung der Quote des antizyklischen Kapitalpuffers erlassen. Der antizyklische Kapitalpuffer zielt darauf, die Banken gegenüber systemischen Risiken aus dem Kreditzyklus widerstandsfähiger zu machen. Der Puffer soll bei übermäßigem Kreditwachstum aktiviert werden. In einer systemweiten Stressphase, wie momentan in der Corona-Krise, kann der Puffer sofort herabgesetzt beziehungsweise zur Verlustdeckung in Anspruch genommen werden. Auf diese Weise kann der antizyklische Kapitalpuffer dazu beitragen, dass Banken in Stresszeiten ihr Kreditangebot nicht übermäßig einschränken.

  • Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 27. März ihre Empfehlungen an die Banken zu Dividendenausschüttungen aktualisiert (abrufbar hier). Danach sollen Banken, um ihre Fähigkeit zur Verlustabsorption zu stärken und die Kreditvergabe an private Haushalte, kleine Unternehmen und Unternehmen während der Coronavirus-Pandemie zu unterstützen, für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 mindestens bis zum 1. Oktober 2020 keine Dividenden zahlen. Auch Aktienrückkäufe zur Vergütung der Aktionäre sollen nicht vorgenommen werden. Bereits ausgezahlte Dividenden sollen aber nicht zurückgefordert werden. Die BaFin bekräftigt in einer Pressemitteilung, dass sie Gleiches auch von den Instituten, die ihrer direkten Aufsicht unterstehen, erwartet (BaFin Erklärung hier please hyperlink abrufbar).  
  • Im Rahmen der Wertpapieraufsicht gilt u.a.: Bei den Verhaltens- und Informationspflichten im Wertpapiergeschäft wird die BaFin Verstöße bis auf Weiteres nicht verfolgen, die etwa bei Wertpapierdienstleistungen auftreten, die aus dem Homeoffice erbracht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass etwaige Dokumentations- oder Informationslücken geeignet geschlossen und die Kunden hierüber informiert werden.

Weitere Informationen für Banken, Finanzdienstleister und Kapitalverwaltungsgesellschaften hält die BaFin auf ihrer Internetseite im Rahmen eines FAQ-Tool bereit, das regelmäßig aktualisiert wird. Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Corona-Krise  noch weitere Empfehlungen und Maßnahmen sowohl auf Ebene der EU-Behörden als auch der nationalen Aufsichtsbehörden folgen werden.